Wachsende Besuchergruppe: Chinesische Touristen am Marktplatz von Rothenburg ob der Tauber (Foto: Imago/M. Kneffel).
Fremdenverkehr

Schlaf-Rekorde im Hotel

Mit weit mehr als 92 Millionen Gästeübernachtungen steuert der Tourismus in Bayern für 2018 auf eine weitere Höchstmarke zu: Noch mehr in- und ausländische Gäste stürmen im Sommer die Innenstädte - und im Winter die tief verschneiten Berge.

Die Info-Säulen in der Münchner Altstadt sind neu, für die Einheimischen ebenso wie für „Zuagroaste“. Seit Anfang November lotsen 19 weiße Stelen am Marienplatz oder am Odeonsplatz Touristen zu den umliegenden Sehenswürdigkeiten. Mit schwarzen Pfeilen auf weißem Grund funktionieren sie als simple Wegweiser, als Orientierungshilfe mittels eines kleinen Stadtplans. In die Säulen ist jedoch auch ein WLAN-Hotspot eingebaut, an dem per Smartphone Informationen auf Deutsch oder Englisch zum Glockenspiel oder zum Fischbrunnen eingeholt werden können.

Wohin die Säulen tragen

Mit den Säulen sei die Landeshauptstadt endlich „auf der Höhe der Zeit“ angelangt, findet der vormalige Wirtschaftsreferent Josef Schmid. Das System sei das Ergebnis eines „langen Ringens“. Denn die Münchner CSU hatte schon lange auf eine solche Einrichtung gedrängt. Danach gab es schon vor der Jahrtausendwende einen entsprechenden Antrag.

Nun also können sich amerikanische Oktoberfestbesucher oder chinesische Shopping-Reisende von den weißen Säulen zum gewünschten Ziel leiten lassen. Das erspart Einheimischen, die vor allem im Sommer eher mürrisch auf die Besuchermassen reagieren, ein wenig Sprech- und Zeige-Arbeit. Rein statistisch müsste jeder Münchner jährlich rund zehn Touristen erklären, wo es hier zum Hofbräuhaus geht. Mehr als 16 Millionen Gäste haben die Stadt im vergangenen Jahr besucht – ein neuer Rekordwert in einer ganzen Reihe von Höchstmarken im anhaltenden bayerischen Tourismus-Boom.

Neuerliches Rekordjahr 2018

Zu einem „weiteren Rekordjahr“ hat das Statistische Landesamt gerade den Jahrgang 2018 für den gesamten Freistaat erklärt. Bis Ende November zählten die Statistiker insgesamt 92,4 Millionen Übernachtungen, zusammen mit dem (statistisch noch nicht ausgewerteten) Dezember dürfte diese Zahl den letztjährigen Höchstwert von 93,7 Millionen leicht übersteigen. Zwei Drittel dieser Hotel- oder Pensions-Nächte entfallen auf den Sommer, eines auf die Wintersaison. Rund 80 Prozent der Gäste stammt aus Deutschland, denn der Trend zum Urlaub im Inland hält an. Im Segment der restlichen 20 Prozent aus dem Ausland jedoch verschieben sich die Gewichte: US-Amerikaner, Österreicher und Chinesen sind die am schnellsten wachsenden Gruppen, während etwa Briten deutlich weniger nach „Bavaria“ kommen.

Auch im Rekordjahr 2018 besuchten die meisten von ihnen jene bayerischen Destinationen, die ohnehin schon die größte Anziehungskraft besitzen. Ganz zuvorderst die Metropole München, die schon im November den Vorjahres-Gesamtwert von 15,7 Millionen Übernachtungen erreichte. Hinzu kommt noch: das Weihnachtsgeschäft. Auch die anderen großen Besuchermagneten schafften bereits in elf Monaten so viele Übernachtungen wie 2017 noch im ganzen Jahr. Nürnberg mit 3,3 Millionen, die Kurorte Bad Füssing und Bad Kissingen mit 2,2 respektive 1,4 Millionen, der Allgäuer Berg- und Wintersportort Oberstdorf mit 1,9 Millionen, Füssen mit dem nahe gelegenen Kini-Schloss Neuschwanstein 1,2 Millionen.

Tourismus ist ein strategisch wichtiger Wirtschaftsfaktor in Bayern.

Thomas Geppert, Hotelverband DEHOGA

Den Trend zur Polarisierung der Ferienregionen dürfte auch 2018 nicht gedreht haben. Schon im Vorjahr verzeichnete der Tourismusverband Oberbayern bei den Übernachtungen ein Plus von 6 Prozent, während der Verband in Ostbayern nur 1,7 Prozent Zuwachs für den Bayerischen Wald oder das niederbayerische Thermen- und Golf-Land verbuchte.

Trotz einer insgesamt hervorragenden Entwicklung werde Bayern in der öffentlichen Wahrnehmung „nur zu oft auf München, bayerische Schlösser und ein paar wenige Attraktionen wie Rothenburg ob der Tauber beschränkt“, moniert Thomas Geppert, Chef des Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA Bayern. Der Tourismus im Freistaat sei mit einem Umsatz von 31 Milliarden Euro allerdings eine flächendeckende „Leitökonomie“, die mehr Menschen beschäftige als die einheimischen Autohersteller Audi und BMW weltweit. Nämlich 560.000. Angesichts des anhaltenden Wachstums werde es auch für die Gastronomie immer schwieriger, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden.

Besucher von den Exportzielen

Womöglich besteht da eine Wechselwirkung: Aus den Ländern, in welche die Fahrzeugbauer die meisten Pkw verkaufen, kommen auch sehr viele Touristen nach Bayern. Dass man ihnen den Weg zum Hofbräuhaus zeigt, sollte da eine Selbstverständlichkeit sein. Ob mit dem Pfeil oder mit dem Finger.