Die Griechen wollen den Euro behalten. Jetzt liegt es an der Regierung, die nötigen Kompromisse einzugehen. Bild: Imago
Wege aus dem Grexit

Schulden bündeln, im Notfall zwangsvollstrecken

Der „Grexit“ kann verhindert werden, wenn die Griechen nur wollen: Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, sieht in einer Bündelung der griechischen Staatsschulden den Ausweg. Aus dem Schuldendrama könnte so noch eine „Erfolgsgeschichte“ werden.

In einem Gastbeitrag für die Zeitung Die Welt zollt der IW-Chef den Griechen durchaus Respekt für ihre bisherigen Anstrengungen: „Niemand wird bestreiten können, dass Griechenland bereits einen langen und schweren Weg zurückgelegt hat.“ Als Beispiele nennt Hüther die Kürzung der Staatsausgaben, Eingriffe in Löhne und Renten sowie die Öffnung des Arbeitsmarktes. Und er weist auf den griechischen Haushaltssaldo hin, der sich von 2010 bis 2014 von -9,4 auf 1,0 Prozent verbessert habe. Hüther: „Die OECD zählt Griechenland zu den reformfreudigsten Staaten.“

Nach so viel der netten Worten legt der Experte dann aber den Finger in die griechische Wunde und zählt die größten Missstände in dem Land auf: „Eine unverändert bestehende Korruption, die einfach hingenommen wird, eine bisher nicht bekämpfte und deshalb weiter beachtliche Steuerhinterziehung, eine die Wettbewerbsfähigkeit belastende Verteuerung der Energiepreise, eine unzureichende Öffnung der Märkte für Waren und Dienstleistungen, ein weiterhin hypertropher Staat.“

Schuldenschnitt nicht notwendig

Einen Schuldenschnitt, wie von Regierungschef Alexis Tsipras propagiert, hält der IW-Experte für nicht notwendig: „Das ist angesichts der tatsächlichen Zinslast weder zwingend, noch löst es die strukturellen Probleme.“ Eine Belastung für die Zahlungsfähigkeit Griechenlands seien aber die zeitnah zu leistenden Tilgungsraten an Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB). Ebenso wie die griechische Regierung schlägt der Instituts-Direktor deshalb vor, dass der Euro-Rettungsfonds ESM die bei der EZB und dem IWF liegenden Staatsanleihen übernehmen könnte. Griechenland hätte dann mehr Zeit, seine Schuld abzustottern. Denn die Kredite ließen sich laut Hüther unter die Vereinbarungen der internationalen Gläubiger mit dem Land aus dem Jahr 2012 stellen – damals wurden die Laufzeiten von 15 auf 30 Jahre verlängert und der Zinssatz für die Hilfskredite gesenkt.

Lücke müsste 2044 nur noch ausgeglichen werden

Die Zins- und Tilgungsbeträge dieses gebündelten Schuldenpakets könnten nach Meinung Hüthers flexibel gestaltet werden: Wenn die Wirtschaft boomt, soll Griechenland demnach mehr zahlen, wenn es nicht so gut läuft weniger: „Eine zum Termin der letzten Tilgung im Jahr 2044 denkbare Lücke zum Soll wäre dann höchstens noch auszugleichen“, meint der IW-Chef.

„Auf Basis eines Konsolidierungspfades“ will es Hüther den Griechen selbst überlassen, zu entscheiden, wo gespart wird und wie die Lasten verteilt werden. Allerdings müsse die Glaubwürdigkeit der Verpflichtungen gesichert werden, indem Griechenland „bei Nichterfüllung vorab in einer völkerrechtlichen Vereinbarung eine Zwangsvollstreckung einzelner Zahlungssäumnisse akzeptiert“, schlägt der Experte vor. Als Beispiel nennt er dabei die Abtretung von Steuerhoheit.

Griechen behalten ihre Würde und Europa seine Glaubwürdigkeit

„Die griechische Regierung hat es dann in der Hand, ihre Würde kann sie sich nur selbst nehmen“, schließt Hüther. Hier könne Tsipras seine Ernsthaftigkeit beweisen, „und Europa würde durch diese Lösung Handlungsfähigkeit beweisen, ohne seine Glaubwürdigkeit zu verlieren“.