Der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU) befürchtet, dass der Familiennachzug für anerkannte Flüchtlinge wesentlich mehr Zuzug bringt als von offizieller Seite erwartet. „Die Familien sind meist drei- bis siebenköpfig, im Durchschnitt kommen nach unseren Erfahrungen 3,6 Angehörige nach“, sagte Brandl im Münchner Merkur. Von offizieller Seite würden jedoch nur 1,3 Familienangehörige erwartet, so Brandl. Die Prognosen seien „ein Blick in die Glaskugel“. Seiner Auffassung nach werde das Thema aber „politisch heruntergespielt“, kritisiert der Gemeindetagspräsident, der auch Bürgermeister der Stadt Abensberg (Kreis Kelheim/Niederbayern) ist.
Wo sollen wir so schnell eine Wohnung finden? Bei uns ist Wohnraum knapp.
Uwe Brandl (CSU), Gemeindetagspräsident
Bei erwachsenen anerkannten Flüchtlingen dürften die Ehegatten und die minderjährigen ledigen Kinder nachkommen, erklärte Brandl. Seine Erfahrung im Landkreis Kelheim sehe anders aus als die offiziellen Schätzungen vermuten ließen. Er gehe davon aus, dass angesichts der Tatsache, dass viele anerkannte Flüchtlinge keine Wohnung hätten, das Auswärtige Amt mit seinen Vertretungen die Anträge auf Familiennachzug „mit angezogener Handbremse“ bearbeite. Die Verfahren dauerten sehr unterschiedlich lang, daher sei es schwer, genaue Aussagen darüber zu treffen, wie viele Flüchtlinge ihre Familien bereits nachgeholt hätten.
Flüchtlinge müssen für Familiennachzug keinen Wohnraum nachweisen
Insbesondere kritisiert Brandl, dass anerkannte Asylbewerber keine Wohnung nachweisen müssen, ehe sie einen Familiennachzug beantragen können. „Für sie ist diese Vorgabe ausgesetzt. Das verschärft das Problem natürlich, aber der Staat wollte es so“, sagt der Gemeindetagspräsident. Lange Verfahren lägen selten an fehlenden Papieren, mutmaßt Brandl. „Oft nimmt der Stärkste aus der Familie die Strapazen der Flucht in ein sicheres Land mit der Absicht auf sich, die Angehörigen so schnell wie möglich nachzuholen. Den Menschen, die bleiben und warten, ist doch klar, dass sie Papiere haben müssen.“
In der Praxis hätten die Gemeinden oft große Probleme, die Familien unterzubringen, so Brandl. „Hier in Abensberg, wo ich Bürgermeister bin, hat ein anerkannter Flüchtling kürzlich ganz überraschend die Nachricht bekommen, dass seine fünfköpfige Familie kommt. Er wohnt momentan in einer Gemeinschaftsunterkunft mit 150 Plätzen. Wo sollen wir so schnell eine Wohnung finden? Bei uns ist Wohnraum knapp. Und wo Leerstand ist, wird dieser nicht unbedingt zur Verfügung gestellt. Man kann keinen Vermieter zwingen“, erzählt der Gemeindetagspräsident aus der Praxis.
(MM/wog)