Polizei im Einsatz. (Foto: Imago/Ralph Peters)
Düsseldorf

Terroranschlag vereitelt

Die Sicherheitsbehörden haben nach eigenen Angaben einen geplanten Anschlag des Islamischen Staats (IS) in der Düsseldorfer Altstadt vereitelt. Drei Terrorverdächtige aus Syrien wurden in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg festgenommen. Damit ist klar, dass auch Deutschland eindeutig im Visier der Terroristen steht.

Den Auftrag für den Anschlag in Düsseldorf hat die Gruppe laut Bundesanwaltschaft bereits 2014 direkt von der Führungsebene des IS bekommen. Geplant gewesen sei, dass sich zunächst zwei Selbstmordattentäter in der zentralen Heinrich-Heine-Allee in die Luft sprengen. Anschließend hätten weitere Attentäter möglichst viele Passanten mit Gewehren und Sprengsätzen töten sollen, hieß es weiter. Die Heinrich-Heine-Allee liegt im Herzen Düsseldorfs. Durch die gleichnamige U-Bahn-Station laufen alle elf Linien. Wer in die Altstadt will, steigt in der Regel dort aus. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger sprach von Anschlagsplänen im „Mumbai-Style“. In der indischen Metropole Mumbai kam es 2008 an zehn unterschiedlichen Stellen durch mehrere islamistische Terrorzellen innerhalb kurzer Zeit zu 17 Explosionen, Angriffen mit Schnellfeuerwaffen und Handgranaten sowie zu Geiselnahmen. Dabei starben 174 Menschen, weitere 239 wurden verletzt.

An dem geplanten Anschlag in Düsseldorf sollten offenbar noch weitere Attentäter – insgesamt zehn – beteiligt werden, berichtet der „Spiegel„.

Weitere Terroristen in Deutschland unterwegs?

Nach der Festnahme der drei mutmaßlichen IS-Mitglieder wegen Anschlagsplanungen in Düsseldorf gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass weitere potenzielle islamistische Terroristen in Deutschland sind. Zuletzt hatte das BKA die Zahl der sogenannten islamistischen Gefährder auf rund 480 beziffert, die Hälfte davon halte sich derzeit im Ausland auf. In Bayern sind es 44 Personen.

Als Flüchtling getarnt

Am Freitag werden weitere Einzelheiten zu den Verdächtigen erwartet. Offenbar lebten alle drei Terrorverdächtige, die in Deutschland festgenommen wurden, in Flüchtlingsunterkünften. Laut Bundesanwaltschaft sind die Männer 25 (NRW), 27 (Brandenburg) und 31 Jahre alt (Baden-Württemberg). Nach dpa-Informationen wurde der 27 Jahre alte Terrorverdächtige aus Brandenburg in einer Flüchtlingsunterkunft in Bliesdorf bei Wriezen gefasst, einer Kleinstadt im Oderbruch. Dort wurde er nach Angaben des Landkreises Märkisch-Oderland am 11. September 2015 registriert. Er habe einen Asylantrag gestellt, über den noch nicht entschieden sei. Im Landratsamt hieß es, der Mann sei zwischenzeitlich fünf Monate verschwunden gewesen und erst am Mittwoch wieder aufgetaucht. Der 27-Jährige und der in Paris inhaftierte Mann sollen laut Bundesanwaltschaft im Frühjahr 2014 in Syrien den Auftrag für den Anschlag erhalten haben. Sie seien im Mai 2014 in die Türkei und im März und Juli 2015 von dort getrennt über Griechenland weiter nach Deutschland gereist. Den in NRW festgenommenen 25-Jährigen hätten sie spätestens im Januar 2016 davon überzeugt, sich zu beteiligen. Der 31 Jahre alte Verdächtige habe die Sprengstoffwesten herstellen sollen. Er sei schon seit Oktober 2014 in Deutschland, hieß es.

Leider können wir auch bei uns einen großen terroristischen Anschlag nicht ausschließen, denn auch unser Land steht im Fadenkreuz des IS.

Stephan Mayer, MdB

Die Syrer wurden am Donnerstag in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Baden-Württemberg festgenommen, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Ein vierter Mann sitze in Frankreich in Untersuchungshaft, von wo auch der Hinweis zu den Tätern gekommen sein soll. Der vierte Mann habe sich am 1. Februar in Paris den französischen Behörden offenbart, angeblich weil er seiner Tochter nicht als „Terrorist“ in Erinnerung bleiben wollte. Die Bundesanwaltschaft bemühe sich um die Auslieferung des 25-Jährigen. Die Männer sollen den Anschlag im Auftrag der IS-Führungsebene geplant haben. Hinweise, „dass die Beschuldigten bereits mit der Umsetzung ihres Anschlagsplanes konkret begonnen hatten“, lagen nach Angaben der Bundesanwaltschaft nicht vor. Auch einen Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft, die am 10. Juni in Frankreich beginnt, gebe es nicht.

Hohe Gefährdungslage

Der Innenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), sieht angesichts der Bedrohungslage durch den Terrorismus weiteren Handlungsbedarf des Gesetzgebers. In der kommenden Woche werde daher im Bundestag in erster Lesung über einen besseren Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden abgestimmt. „Leider können wir auch bei uns einen großen terroristischen Anschlag nicht ausschließen, denn auch unser Land steht im Fadenkreuz des IS“, sagte Mayer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums in Berlin sagte auf Anfrage lediglich, die Gefährdungslage sei „unverändert“ hoch. Deutschland befinde sich weiterhin „ebenso wie andere europäische Staaten im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus“.

Polizeigewerkschaft warnt vor Generalverdacht

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warnte angesichts der jüngsten Anschlagspläne auf die Düsseldorfer Innenstadt davor, Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen. Es sei ganz offensichtlich die Strategie des Islamischen Staates (IS), Flüchtlinge zu diskreditieren, indem die Terrororganisation eigene Leute als Asylbewerber nach Europa einschleuse, sagte Wendt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Nötig wäre das nicht. Der IS hat viel Geld und könnte andere Wege nutzen.“ Die Terrororganisation tue es trotzdem, um gezielt Flüchtlinge in Misskredit zu bringen und Ängste vor ihnen zu schüren. „Dem muss man entschieden entgegentreten.“ Es wäre furchtbar, den Menschen, die in Deutschland Schutz suchten, pauschal Terrorabsichten zu unterstellen. Wendt sagte, er könne auch die rechtspopulistische AfD nur davor warnen, den aktuellen Fall zu nutzen, um daraus politisch Kapital zu schlagen.

(dpa/avd)