Solarpark in Mittelfranken. (Bild: Wolfram Göll)
Stromversorgung

Sonne und Gas sind am günstigsten

Wie gut sind Solarkraftwerke mittlerweile für die Grundlast geeignet? Wie ist die Lage auf dem Solarmarkt? Das fragte Wolfram Göll den Geschäftsführer der Belectric GmbH, Bernhard Beck. Belectric sitzt in Unterfranken und ist einer der wichtigsten Produzenten und Entwickler von Solarkraftwerken in Deutschland.

Bayernkurier: Zunächst einmal zum Überblick: Wie stellen Sie sich die Stromversorgung Bayerns in 10 bis 15 Jahren vor?

Bernhard Beck: Bis zum vollständigen Atomausstieg 2022 werden in Bayern 5000 MW Kernkraftwerkskapazität wegfallen. Stromimporte aus dem Norden können diese wirtschaftlich nicht ersetzen. Das Prognos-Institut empfiehlt daher den Ausbau von Freiflächen-Solarkraftwerken, denn diese produzieren bereits heute in Südbayern den günstigsten Strom. Mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen könnte daher in Bayern in wenigen Jahren so günstig Strom produziert werden wie nirgends sonst in der Bundesrepublik. Gaskraftwerke könnten ergänzend die notwendige Kapazität liefern. Eine Energieproduktion aus Sonne und Gas, kombiniert mit Energiespeichern, stellt somit die umweltfreundlichste und dauerhaft günstigste Form der Energieversorgung für den Industriestandort Bayern dar.

Bayernkurier: Wie geht es dem Solarkraftwerksmarkt aktuell?

Beck: Obwohl die technischen Fortschritte enorm und die Stromgestehungskosten von Freiflächen-Solarkraftwerken bundesweit beispiellos gesunken sind, wurden aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen zuletzt nur wenige Anlagen realisiert. Jetzt will die Bundesregierung die Förderung erneuerbarer Energien von der bisherigen Einspeisevergütung auf das Ausschreibungsmodell umstellen. Damit entscheidet der Markt über die Höhe der Förderung. Ob das System erfolgreich sein wird, hängt vom konkreten Ausschreibungsdesign ab. Wenn hier die Stellschrauben richtig gestellt werden, sehen wir eine gute Chance auf eine Wiederbelebung des Marktes. Das Bundeswirtschaftsministerium setzt dabei den richtigen Fokus auf Kosten- und Flächeneffizienz.

Bayernkurier: Freiflächen-Solarkraftwerke werden kritisiert, weil sie viel Fläche verbrauchen. Wird das Ausschreibungsverfahren diesen Konflikt neu aufleben lassen?

Beck: Nein, denn das Ministerium begrenzt den Ausbau auf 600 MW pro Jahr. Das beschränkt die Flächeninanspruchnahme von vornherein auf 750 bis 1000 Hektar, was lediglich 0,0035 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland entspricht. Eine Konkurrenzsituation zur Landwirtschaft besteht hier nachweislich nicht. Bei einer Ausschreibung gewinnt nur derjenige eine Förderberechtigung, der mit niedrigsten Kosten kalkuliert und ein günstiges Gebot abgibt. Dadurch werden vor allem günstige Brachflächen und Wiesen für Solarkraftwerke genutzt, keine hochwertigen Äcker. Die Pachtpreise für gute Böden bleiben also niedrig. Entscheidend ist, dass über die Flächenrestriktionen gesprochen wird, die den Markt vor zwei Jahren abgewürgt haben. Bei freier Flächenwahl sind nicht nur die Kosten, sondern insbesondere der Flächenbedarf insgesamt über 50 Prozent geringer als bei Beibehaltung der aktuellen Beschränkungen. Denn auf einer freien Fläche kann jeder Quadratmeter optimal genutzt werden. Zusätzlich plant das Ministerium, den Mindestabstand zwischen zwei Solarkraftwerken auf vier Kilometer zu erhöhen. Eine für das Landschaftsbild unschöne Bündelung von Anlagen findet damit nicht mehr statt.

Bayenkurier: Sind die wetterabhängigen erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind eher Teil der Lösung der Energiewende – oder eher Teil des Problems? Sonnen- und Windstrom gelten ja als besonders teuer. Und wie es schon – leicht abgewandelt – im Kirchenlied heißt: Der Wind weht wann er will…

Beck: …und die Sonne scheint jeden Tag! Allerdings dürfen wir Freiflächen-Solarkraftwerke mit einer Leistung von zehn bis 20 MW nicht mit einer Aufdachanlage auf einem Einfamilienhaus gleichsetzen. Die Kraftwerke sind heute sehr flexibel. Wir können sie aktiv steuern, ihre Leistung vorhersagen sowie die Netzspannung regeln. Außerdem kommunizieren die Anlagen mit dem Netzbetreiber und können je nach Bedarf an- und abgefahren werden. Die Zeiten, in denen erneuerbare Energien nur unkontrolliert ins Netz einspeisten, sind lange vorbei. Solarkraftwerke produzieren vor allem dann Strom, wenn er gebraucht wird, und stabilisieren damit aktiv das Stromnetz. In Verbindung mit einem Speicher können sie in den Regelenergiemarkt eingebunden werden und den Backup-Einsatz konventioneller Kraftwerke erst wirtschaftlich machen. Vor dem Hintergrund fallender Preise für Speicherlösungen sind Einspeiseschwankungen in der Zukunft nicht mehr das große Problem.

Bayernkurier: Welche Energieleitungen sind ihrer Auffassung nach denn nötig? Braucht man überhaupt die großen „Stromautobahnen“?

Beck: Die neuen Stromautobahnen sind aktuell nach unserem Erachten und in dem Umfang nicht nötig. Der Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze ist der entscheidende Kostentreiber der Energiewende. Dezentrale Energiesysteme gerade in Verbindung mit Speicherlösungen können den Netzausbau reduzieren und damit Kosteneffizienz schaffen. Insbesondere in Bayern sollten wir nicht von teuren Stromimporten abhängig werden. Eine sinnvolle Kombination von dezentralen und zentralen Einheiten garantiert für Bayern als Wirtschaftsraum Nummer Eins in Europa eine sichere und bezahlbare Energieversorgung. Dies stärkt den Industriestandort langfristig und sichert somit den Wohlstand der Bürger.