Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat am Mittwochabend das mehrjährige Programm des Vorstands für die grundlegende Erneuerung der Eisenbahn in Deutschland gebilligt, Bahnchef Grube und seine Vorstandskollegen gaben tags darauf die Marschrichtung bekannt. In den vergangenen Monaten sei fast jeder Stein in der DB umgedreht worden, hieß es. Das Ergebnis: „Erstens: Wir räumen auf. Zweitens: Wir werden konsequenter – vor allem im Hinblick auf die Zufriedenheit unserer Kunden. Und drittens: Wir greifen an. Mit besserer Pünktlichkeit und Qualität“, sagte Grube.
Erstens: Wir räumen auf. Zweitens: Wir werden konsequenter – vor allem im Hinblick auf die Zufriedenheit unserer Kunden. Und drittens: Wir greifen an. Mit besserer Pünktlichkeit und Qualität
Bahnchef Rüdiger Grube
Kernstück des „größten Konzernumbaus seit der Bahnreform 1994“ ist laut Vorstand das gestartete Programm „Zukunft Bahn“. Die konkrete Stoßrichtung skizzierte Personenverkehrsvorstand Berthold Huber: „Pünktliche Züge, zuverlässige Reiseinformationen sowie stabiler Internet- und Telefonempfang: Das wollen unsere Kunden und das wollen wir auch liefern.“ Die „deutliche Steigerung der Pünktlichkeit“ der Züge will die Bahn demnach mit einer Neustrukturierung ihrer betrieblichen Abläufe bewerkstelligen. Unter anderem sollen mit digitaler Technik und mobilen Einsatzteams die Zahl der technischen Störungen an Fahrzeugen und der Infrastruktur reduziert, Fahrpläne verlässlicher konstruiert und Zeitpuffer anders zugeordnet werden. Digitale Weichendiagnoseverfahren sollen Ausfälle um bis zu 50 Prozent reduzieren, heißt es. Unter anderem soll die Pünktlichkeit zudem mit einem Abschleppdienst für Loks und neuen digitalen Fahrassistenzsystemen für Lokführer gesteigert werden. Bereits 2016 wolle man so im Fernverkehr eine durchschnittliche Pünktlichkeit von 80 Prozent erreichen. Gegenüber 2015 sei dies schon ein erhebliches Plus, betonen die Verantwortlichen.
Größtes mobiles WLAN-Netz Deutschlands
Auch dem Herumirren verunsicherter Fahrgäste auf den Bahnsteigen möchte die DB schnellstmöglich ein Ende setzen: Ab 2016 werde schrittweise eine neue technische Plattform „zur rechtzeitigen und korrekten Information aller Reisenden“ eingeführt, verspricht der Vorstand. Widersprüchliche oder fehlende Angaben zu Gleiswechseln würden dann der Vergangenheit angehören. Kunden könnten sich in Zukunft sowohl über mobile Apps und digitale Informationskanäle als auch über DB-Mitarbeiter in den Zügen verlässlich informieren. Für den Internetempfang soll ein einheitliches WLAN-Portal (WLAN@DB) sorgen. Mit ihm werde schrittweise bis 2020 das größte mobile WLAN-Netz Deutschlands aufgebaut, das alle dafür ausgebauten Fern- und Nahverkehrszüge sowie die Bahnhöfe mit drahtlosem Internet versorgt. Parallel dazu will die DB ab 2016 auch neue Empfangstechnik in ICE-Züge einbauen, die Telefon- und Internetnutzung verbessere, heißt es.
Mehr Komfort in den Bahnhöfen und neue Stationen
Damit nicht genug: Nicht nur an Bord der Züge soll der Komfort steigen, sondern auch in den Bahnhöfen. Die Zuverlässigkeit von Aufzügen und Fahrtreppen in Ballungsgebieten werde verbessert, Wartebereiche in großen Bahnhöfen modernisiert. Zudem renoviert die Bahn 31 unterirdische S-Bahn-Stationen, zwei Millionen Pendler profitieren. Weitere zwei Millionen Menschen in unterschiedlichen Regionen sollen durch den Neubau von 350 Stationen bis 2025 zudem einen direkten Bahnanschluss erhalten.
Stärkung des Gütervekehrs
Auch im Güterverkehr greift der Konzern an: DB Schenker Rail stellt sich laut Bahn mit einem neuen Geschäftsmodell grundlegend neu auf. Das Produktionssystem werde radikal vereinfacht und so weniger störanfällig. Ziel sei es, das zugesagte Leistungsversprechen gegenüber dem Kunden zu 95 Prozent einzulösen.
Bahnchef will 55 Milliarden Euro investieren
Um ihre Ziele zu erreichen, nimmt die Bahn enorm viel Geld in die Hand: Vorstandschef Grube kündigte an, in den kommenden fünf Jahren 55 Milliarden Euro über alle Geschäftsfelder hinweg zu investieren. Der Schwerpunkt liege mit rund 50 Milliarden Euro in Deutschland und dort wiederum mit 40 Milliarden Euro in der Infrastruktur. Rund 20 Milliarden Euro will die DB aus dem eigenen „Cashflow“ begleichen. Für zwei bis drei Jahre seien zudem zusätzliche neue Anleihen nötig, hieß es am Donnerstag. Die Verschuldung der Bahn wird demnach in den nächsten Jahren auf 22 Milliarden Euro anwachsen.
Konzern schreibt 2015 einen Verlust
Medienberichten zufolge schreibt die Bahn in diesem Jahr einen Verlust von rund 1,3 Milliarden Euro. Bereits die Halbjahresbilanz war nicht gerade berauschend. Unter anderem hatten monatelange Streiks der Lokführer und Unwetter ihre Spuren hinterlassen. Allein den wirtschaftlichen Schaden durch die Streiks in den Jahren 2014 und 2015 bezifferte Bahnchef Grube im Juli mit 500 Millionen Euro, „die uns im Ergebnis fehlen“ (der Bayernkurier berichtete).