An der Börse kam die gestrige Zustimmung des E.ON-Aufsichtsrats zu den Vorstands-Plänen am Morgen nicht gut an: Um sechs Prozent rauschten die Papiere des Energieerzeugers in den Keller. Die Furcht vor dem teuren Rückbau der Atommeiler, von denen der Konzern derzeit noch drei aktiv betreibt und acht Prozent seines Stroms produziert, ist groß.
Wir können und wollen nicht auf etwaige politische Entscheidungen warten.
E.ON-Chef Johannes Teyssen
Mit der Entscheidung, die Kernkraftwerke nicht in die neue Gesellschaft Uniper auszulagern, hat das Unternehmen nun reinen Tisch gemacht: „Wir beugen Risiken für die Umsetzung unserer Konzernstrategie vor“, erklärte E.ON-Chef Johannes Teyssen. „Denn wir können und wollen nicht auf etwaige politische Entscheidungen warten, die die Abspaltung von Uniper verzögern könnten.“
Die Abspaltung der Kernkraftwerke vom Hauptkonzern war in Berlin mit einem gewissen Maß an Nervosität beobachtet worden. Von einer „Bad Bank“ der Stromkonzerne war die Rede, und es wurde davor gewarnt, dass der Rückbau der Atommeiler und die Endlagerung der Brennstäbe letztlich doch auf dem Rücken der Steuerzahler ausgetragen werden könnte. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) machte sich jüngst für eine Gesetzesinitiative stark, die die Stromkonzerne noch stärker in die Pflicht nimmt.
Reaktion auf die Energiewende
Der Diskussion hat der weltweit drittgrößte Stromerzeuger nun den Wind aus den Segeln genommen. E.ON-Chef Teyssen hält das angestrebte Gesetz zwar für „voraussichtlich verfassungswidrig“, aber einen jahrelangen Rechtsstreit könne das Unternehmen bei der geplanten Neuausrichtung nicht abwarten, machte er klar. Im Herbst vergangenen Jahres hatte E.ON bekanntlich auf die Energiewende reagiert und beschlossen, Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke in die neue Gesellschaft Uniper auszugliedern. Der Hauptkonzern selbst will sein Hauptaugenmerk ab 2016 auf die Bereiche Ökostrom, Energienetze und den Vertrieb setzen.
E.ON-Kunden sollen keinen Atomstrom erhalten
Die Kernkraft, die aufgrund des politisch beschlossenen Ausstiegs spätestens im Jahr 2022 passé sein wird, erhält bei E.ON nach dem jüngsten Beschluss nun ihren Platz in einer „gesonderten operativen Einheit“ mit dem Namen „PreussenElektra“, teilte das Unternehmen mit. Damit lebe ein früherer Unternehmensname wieder auf, heißt es. PreussenElektra wird demnach nicht in die funktionalen Führungsstrukturen des Konzerns eingebunden, auch werde E.ON „keine Produkte von Preussen Elektra den eigenen Kunden anbieten“, heißt es. „Wir konzentrieren uns auf die neue Energiewelt“, so Teyssen, der aber versichert: „Daneben wird PreussenElektra die drei noch aktiven Kernkraftwerke solide und verantwortungsvoll bis zum Ende der Laufzeit betreiben und unseren Verpflichtungen für Rückbau und Entsorgung uneingeschränkt nachkommen.“
Rund 2.300 Mitarbeiter werden in Folge der Entscheidung nun doch nicht zu Uniper wechseln, teilte E.ON mit. Ab 2016 werde sich der Konzern von Essen aus mit weltweit 43.000 Mitarbeitern wie geplant auf Erneuerbare Energien, Netze und Kundenlösungen konzentrieren. Uniper werden zum 1. Januar die Geschäfte in den Bereichen europäische und internationale Stromerzeugung sowie der globale Energiehandel mit knapp 14.000 Mitarbeitern zugeordnet.
An Dividende wird nicht gerüttelt
Die Neuausrichtung des Konzerns ist bitter nötig: Aufgrund des schwierigen Umfeldes – die Großhandelspreise für Strom sind im Keller, der Ölpreis hat sich beinahe halbiert, und auch die Kohle ist so billig wie lange nicht – rechnet E.ON für das laufende Quartal mit einem „voraussichtlichen Wertberichtigungsbedarf im höheren einstelligen Milliarden-Euro-Bereich“. Die Aktionäre sollen darunter aber nicht leiden: „An unserer Dividende für das laufende Geschäftsjahr ändert sich nichts. Sie wird wie im Vorjahr 50 Cent je Aktie betragen“, erklärte Finanzvorstand Michael Sen.
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