Dort, wo die meisten Baby schreien, fühlt sich das Münchner Unternehmen am wohlsten. So war es für windeln.de nur logisch, dass es seine Fühler stärker nach Frankreich, Spanien und Portugal ausstrecken muss: Speziell Frankreich stelle mit der höchsten Geburtenrate im europäischen Vergleich einen sehr wichtigen Markt für Baby- und Kleinkinderprodukte in Europa dar, begründen die Münchner die nun vollzogene Übernahme von „bebitus“. Der spanische Onlineshop für Baby- und Kleinkinderprodukte, der auch den Markt in Portugal und Frankreich bedient, passt perfekt ins Portfolio der Münchner. Schließlich können die Spanier mit einer ähnlichen Erfolgsgeschichte aufwarten wie ihre künftige bayerische Mutter. „Bebitus hat sich in nur wenigen Jahren als führender Onlineanbieter für die Bedürfnisse von jungen Familien in Spanien etabliert – mit relativ geringem Kapitalbedarf“, sagt windeln.de-Chef Alexander Brand. Vor der Übernahme in Spanien hatte sich windeln.de bereits im Juli den osteuropäischen Mitbewerber „feedo“ einverleibt.
Der Windelversand
Bevor Brand und sein Kompagnon Konstantin Urban vor fünf Jahren windeln.de gründeten, hatten sie mit dem Verkauf von Baby- und Kinderartikeln eigentlich kaum etwas am Hut. Die eigenen Vaterfreuden brachten Brand auf die Idee: „Windeln müssen regelmäßig besorgt werden, aber keiner schleppt gerne die Packungen nach Hause“, sagte er einmal dem Handelsblatt. Und wer Windeln verkauft, ist demnach klar im Vorteil. Brand zufolge werden sie deutlich seltener umgetauscht als andere Artikel, die Retourenqoute liege nur zwischen drei und vier Prozent, berichtet er. „Wer Pampers Größe 3 bestellt, ist sich im Klaren darüber, was er bekommt“, nennt der erfolgreiche Geschäftsmann den Grund.
Wer Pampers Größe 3 bestellt, ist sich im Klaren darüber, was er bekommt.
Alexander Brand
Der Start ins Windelgeschäft fiel Brand und Urban nicht sonderlich schwer: „Wir wussten, was man alles falsch machen kann“, sagt Brand, der zuvor als Ingenieur bei Siemens arbeitete und eine Agentur für mobiles Marketing (12snap) gründete. Sein Partner Urban ist Betriebswirt und war am Aufbau von Holtzbrinck Ventures, einem Risikokapitalgeber im Internetsektor, beteiligt. Außerdem ist er Gründer des Dating-Portals Parship. Was sollte da noch schiefgehen?
Heute sind es 100.000 Produkte
Das Konzept ging voll auf: Schon Ende 2013 waren es längst nicht mehr nur Windeln, die die Firma verkaufte. Schon damals brachten in München 80 Mitarbeiter 40.000 Artikel von 500 Marken an den Mann oder die Frau. Mittlerweile sind es 300 Mitarbeiter die 100.000 Produkte von 1000 Markenherstellern verkaufen. Neben Windeln sind unter anderem Babynahrung, Kinderwagen, Autositze, Babyphones und Strampler im Angebot. Ab 20 Euro ist der Versand gratis, die Ware ist spätestens nach zwei Tagen beim Kunden. Der Umsatz stieg rasant: „Zwischen 2012 und 2014 hat unsere durchschnittliche jährliche Umsatzwachstumsrate 117 Prozent betragen“, sagt Brand. Die Gewinnzone mit windeln.de sei 2014 erreicht worden. „Mit einem Bruttoumsatz von 130 Millionen Euro war 2014 ein großartiges Jahr für windeln.de“, freute sich Brand, der Anfang 2015 neue Gesellschafter mit ins Boot holte: Ein Konsortium unter Führung von Goldman Sachs und der Deutschen Bank investierte 45 Millionen Euro.
Expansion als Ziel
Das Ziel: Noch mehr Produkte und „geografische Expansion“. Diese ist nun in Spanien ein gutes Stück vorangekommen. Fünf Millionen Euro in bar legten die Münchner für „bebitus“ auf den Tisch. Darüber hinaus habe man sich auf erfolgsabhängige zusätzliche Kaufpreiszahlungen geeinigt, die von der Erreichung bestimmter Umsatzziele abhängen, heißt es.
Jetzt gilt es, auch noch mehr Aktionäre für „windeln.de“ zu begeistern. Denn der zwischenzeitliche Börsengang im Mai dieses Jahres fiel durchwachsen aus. Die Privatanleger dürften verschnupft sein: Der Ausgabekurs der windel.de-Aktie lag bei 18,50 Euro, am Donnerstag wurden die Papier zu Börsenschluss für nur noch 10,20 Euro gehandelt. Medienberichten zufolge spülte der Börsengang dem Unternehmen 211 Millionen Euro in die Kasse, 127 Millionen davon sollten im Unternehmen bleiben. „Wir werden ins Ausland expandieren und das Marketing erhöhen“, sagte Firmenchef Urban damals dem Nachrichtensender n-tv.