BDI-Präsident Dieter Kempf diskutierte mit dem CSU-Parteivorstand die wirtschaftspolitischen Herausforderungen. (Foto: Imago/Alexander Pohl)
Wirtschaft

„Wir verlassen die Komfortzone“

Gemeinsam mit dem Präsidenten des BDI, Dieter Kempf, diskutierte der CSU-Vorstand die wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland und Bayern und besprach die wichtigsten Aufgaben, die von der Politik jetzt gelöst werden müssen.

Wie kann der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt werden? Wie kann das Land weiter wettbewerbsfähig bleiben? Und was kann die Politik dazu beisteuern? Zu diesen und ähnlichen Fragen hatte der Parteivorstand der CSU den Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, als Gast zu seiner Sitzung geladen. Und Kempf, der zwanzig Jahre lang der Chef des Nürnberger Software-Hauses und It-Dienstleisters Datev war, hatte einige klare Botschaften für die Politiker.

Wir sollten uns jetzt endlich mal wieder aufs Erwirtschaften konzentrieren.

Dieter Kempf, BDI-Präsident

Er wolle keine Krise herbeireden, sagte der Industrievertreter, aber das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland schwäche sich im zehnten Jahr des Aufschwungs ab. Er nannte den drohenden Brexit und die Handelspolitik der USU als zwei der Faktoren, die auch deutsche Unternehmen belasteten. Deshalb, so Kempf, gehe es darum, die Arbeitsplätze, die an der Wirtschaft hingen, zu schützen. An die Bundesregierung richtete er die Forderung, sie müsse alles unterstützen, was Investitionen fördere. Er erinnerte daran, das alles Geld, das man verteilen wolle, erst verdient werden müsse.

Brennstoffzellen in Bussen

Als eine der zentralen Aufgaben, die Deutschland bewältigen müsse, nannte Kempf den Wandel der Mobilität. Er plädierte eindringlich für eine technologieoffene Forschung und Debatte. Er warnte davor, jetzt bereits politisch bestimmte Ziele und Technologien vorzugeben. Er gehöre nicht zu denen, die davon überzeugt seien, dass Elektromobilität stets die beste Lösung sei, sagte Kempf. Als Beispiel nannte er den Einsatz von Elektromotoren in Nahverkehrsbussen. Er halte es nicht für sinnvoll, in einem zwölf Tonnen schweren Bus, eine 4,5 Tonnen schwere Batterie herumzufahren. Hier erscheine ihm der Einsatz von Brennstoffzellen sinnvoller, so der BDI-Präsident.

Ein Zweiklassensteuersystem ist auf Dauer nicht vertretbar.

Markus Söder

Ein weiterer Punkt, den der BDI-Präsident ansprach, war der internationale Steuerwettbewerb. Deutschland sei inzwischen ein „Höchststeuerland“ für Unternehmen, kritisierte Kempf. Die Steuerlast liege inzwischen bei 30 Prozent und damit deutlich über dem EU-Schnitt. Der BDI plädiere deshalb für Abgabensenkungen und einen Steuersatz von 25 Prozent für Unternehmen.

CSU will Steuern senken

Sowohl bei diesem Punkt, wie auch bei fast allen anderen, traf der BDI-Präsident auf deutliche Unterstützung in der CSU. Parteichef Markus Söder erklärte, Deutschland verlasse die ökonomische „Komfortzone“. Aufgabe der Politik sei es, vorausschauend zu reagieren und alles dafür zu tun, damit das Land wirtschaftlich stark bleibe. So teile die CSU das Anliegen des BDI, die Steuern für Unternehmen zu senken und habe bereits im vergangenen Jahr einen entsprechenden Antrag im Bundesrat eingebracht.

Der CSU-Vorsitzende nutzte das Gespräch mit dem BDI-Präsidenten, sich deutlich von den jüngsten Plänen des sozialdemokratischen Bundesfinanzministers Olaf Scholz abzugrenzen. „Der Haushalt, wie er jetzt vorgelegt wurde vom Finanzminister, ist zum Teil problematisch, weil er einen ungenießbaren Cocktail enthält aus dem Vorschlag von vielleicht Steuererhöhungen, aus zu wenig Investitionen in Technik und Infrastruktur, aber der Idee, höhere Sozialausgaben zu machen“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Dieser Mix sei kein Zukunftskonzept, sondern eher ein Rückschritt. Mit der CSU werde es weder Steuererhöhungen, noch eine CO2-Steuer, Änderungen bei Hartz-IV oder eine Grundrente ohne Bedürfnisprüfung geben, stellte Söder klar.

Wir machen uns echte Sorgen um die Energieversorgung in Bayern.

Markus Söder

„Unser Gegenmodell muss sein, Steuern senken, mehr Technik und vernünftige und bezahlbare Energieversorgung“, betonte Söder. Für die CSU gehöre dazu auch der vollständige Abbau des Solidaritätszuschlags. „Ein Zweiklassensteuersystem ist auf Dauer nicht vertretbar“, sagte Söder. Er warnte vor möglichen verfassungsrechtlichen Problemen, sollte der Soli nur teilweise abgeschafft werden. In der Koalition vereinbart ist bislang eine Entlastung um zehn Milliarden Euro, die 90 Prozent der Soli-Zahler befreien soll.

Warnung vor „Deindustrialisierung“

Eindringlich warnte Söder auch davor, dass Bayern beim geplanten Kohleausstieg benachteiligt werden könnte. „Wir machen uns echte Sorgen um die Energieversorgung in Bayern“, sagte er. Söder erklärte, es brauche für den Süden Deutschlands ein energiepolitisches Konzept. Bayern dürfe bei der Energieversorgung nicht abgehängt werden. Denn dies würde den Freistaat als Industriestandort nachhaltig schwächen. „Es darf nicht zur Deindustrialisierung Bayerns kommen“, sagte er. „Wir wollen saubere, sichere und bezahlbare Energie.“

Söder sagte, zur Sicherung der Energieversorgung im Freistaat brauche es zum einen den zügigen Ausbau der Stromnetze. Er mahnte zum anderen auch eine gerechtere Verteilung der Kapazitäten bei den erneuerbaren Energien an: „Wir brauchen nicht nur Wind aus dem Norden, sondern auch Solarenergie aus dem Süden.“ Und er verlangte, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Gaskraftwerke in Bayern wirtschaftlich betrieben werden könnten. An allen energiepolitischen Entscheidungen müsse Bayern beteiligt werden. Als Ministerpräsident Bayerns könne er keinem Gesetz zustimmen, das zur Folge habe, dass der Süden abgehängt werde, lautete Söders deutliche Warnung.