Will das Wirtschaftsprofil der Union schärfen: MU-Landesvorsitzender Franz Josef Pschierer. (Bild: Imago/MIS)
Union

„Wieder mehr Wirtschaft wagen!“

Franz Josef Pschierer ist Landesvorsitzender der Mittelstands-Union und Landtagsabgeordneter für den Stimmkreis Kaufbeuren. Über die Wirtschaftspolitik der Union und aktuelle Herausforderungen sprach er mit dem Bayernkurier.

BAYERNKURIER: Das Fachkräftezuwanderungsgesetz kommt. Sind Sie als ehemaliger Wirtschaftsminister und neuer Landesvorsitzender der Mittelstands-Union damit zufrieden?

Franz Josef Pschierer: Ich halte das Fachkräftezuwanderungsgesetz für unbedingt notwendig. Gerade unsere mittelständischen Betriebe können ihren Bedarf an neuen Mitarbeitern schon seit längerer Zeit nicht mehr durch den hiesigen Arbeitsmarkt decken. Und es ist eine Frage der Zukunftsfähigkeit vieler Betriebe, ob es gelingt, eine ausreichend große Zahl an gut ausgebildeten Fachkräften zur Verfügung zu stellen. Hier ist das Fachkräftezuwanderungsgesetz sicherlich nicht die alleinige Lösung, aber doch ein wichtiges Instrument, um die prekäre Lage, insbesondere für viele Handwerksbetriebe, zu lindern. Allerdings dürfen die bürokratischen Hürden im Gesetz nicht derart hoch sein, dass sie schon von vornherein eine abschreckende Wirkung auf unsere klein- und mittelständischen Betriebe haben.

Die Wirtschaft hat immer geklagt, sie brauche mehr Fachkräfte, möglichst aus allen Ländern. Warum aber hat sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht verstärkt aus den EU-Ländern mit sehr hoher Jugendarbeitslosigkeit wie Spanien, Frankreich, Italien oder Griechenland Fachkräfte angeworben? Hier gäbe es doch zumindest kaum Probleme bei der Integration und auch die Bildung wäre vergleichbar mit deutschen Maßstäben.

Es war schon immer möglich, aus EU-Ländern anzuwerben, und dies ist auch nach wie vor möglich. Bayerische Unternehmen haben sich hierbei in der Vergangenheit immer offen gezeigt. Insbesondere aus Spanien und Portugal konnten Jugendliche gewonnen werden, aber insgesamt gesehen hat die Anwerbung aus EU-Ländern nicht den gewünschten Erfolg erbracht. Viele Jugendliche sind nach relativ kurzer Zeit aus privaten beziehungsweise familiären Gründen wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt.

Sie haben die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zu einer wirtschaftsfreundlichen Politik aufgefordert – das ist doch ein klarer Wink mit dem Zaunpfahl. Hat die CDU aus Ihrer Sicht mittlerweile zu viel SPD in ihrer Wirtschaftspolitik?

Der Erfolg der Unionsparteien beruht insbesondere auch auf der klaren Orientierung an den Leistungsträgern unseres Landes. Wirtschaftspolitik hat für CDU und CSU immer eine zentrale Rolle gespielt. Innerhalb der großen Koalition hat jedoch die CDU, und leider muss ich sagen – auch in Teilen die CSU – ihr klares wirtschaftspolitisches Profil eingebüßt. Dabei halte ich es jedoch im Interesse der Unterscheidbarkeit der Parteien, vor allem aber im Interesse unseres Wirtschaftsstandortes für dringend geboten, dass sich die Union wieder stärker für die Belange unserer Betriebe engagiert. Wir müssen wieder mehr „Wirtschaft“ wagen!

Auf welche großen Herausforderungen steuert die bayerische und deutsche Wirtschaft aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren zu?

Die deutsche und bayerische Wirtschaft ist stark exportorientiert. Dies war und ist ein entscheidender Faktor für unsere Wirtschaftsstärke und somit für unseren Wohlstand. Deshalb müssen wir darauf achten, unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit weiter zu sichern, mit neuen Ideen und innovativen Produkten und Dienstleistungen. Wir werden immer etwas teurer sein als die Konkurrenz, insbesondere die asiatische. Wir müssen daher auch immer etwas besser sein mit unseren Produkten, um am internationalen Markt bestehen zu können. Leider hat der Abgasskandal in der Automobilindustrie das Qualitätssiegel „Made in Germany“ schwer geschädigt. Hier müssen wir erst wieder neues Vertrauen aufbauen. Außerdem ist Deutschland als rohstoffarmes Land auf sein „Humankapital“ angewiesen, das heißt: Bildung ist immens wichtig. Für mich zählt dabei vor allem verstärkte Investitionen in die berufliche Aus- und Weiterbildung. Wir in Bayern haben hier in den letzten Jahren bereits einiges auf die Wege gebracht. Allerdings müssen diese Anstrengungen auch für die nächsten Jahre verstetigt werden.

Wie sollte der Freistaat und der Bund darauf reagieren – etwa im Bereich der Energiewende nach dem Kohleausstieg?

Der Klimawandel ist spürbar. Das haben wir vor allem im Sommer 2018 gemerkt. Als CSU wollen wir die Energiewende vorantreiben und versuchen, unsere selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen. Das gelingt aber nicht mit einer Verbotspolitik, wie sie etwa die Grünen fordern, sondern nur mit nachhaltig durchdachten Lösungen und einem sinnvollen Energiemix. Wir dürfen keine überhasteten Schlüsse ziehen! Klimapolitische Ziele müssen in Einklang mit der Wirtschaft gebracht werden. Hier ist Augenmaß gefragt.

Und wie sieht es bei anderen Problemen aus, wie dem Bürokratieabbau oder der Digitalisierung?

Beim Bürokratieabbau müssen Freistaat und Bund hingegen hart durchgreifen. Hier ist die Liste der Forderungen der Mittelstands-Union lang, denn die Bürokratie macht dem Mittelstand in vielen Bereichen das Leben schwer, ich denke hier an Dokumentationspflichten beim Mindestlohn, oder an das veraltete Arbeitszeitgesetz. Wir müssen auch die Digitalisierung voranbringen, Beispiel Verwaltung: Um einen neuen Personalausweis zu bekommen, muss ich mir einen halben Tag freinehmen und den mühseligen Behördengang absolvieren, anstatt mit wenigen Klicks einfach einen neuen zu bestellen.

Sie sagten, neue Ideen und innovative Produkte seien wichtig für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Sollte Forschung staatlich unterstützt werden, etwa durch steuerliche Begünstigung?

Zur steuerlichen Forschungsförderung bin ich der Meinung, dass wir als Technologiestandort Deutschland den Innovationsgeist unserer klugen Köpfe unterstützen sollten. Steuerliche Forschungsförderprogramme sind daher ausdrücklich zu begrüßen und zu fördern.

Die Bundesregierung hat nun die Regeln für ausländische Investoren in wichtigen Bereichen verschärft, um den Diebstahl innovativer Technologie über Firmenkäufe zu begrenzen. Ein richtiger Schritt?

Unbedingt. Firmenübernahmen ausländischer Investoren, wie beispielsweise mit der Firma Kuka geschehen, schaden unserer Wirtschaft – insbesondere wenn es um wertvolles Know-How in Schlüsselindustrien geht.

 

Das Interview führte Andreas von Delhaes-Guenther