Reformen statt Hängematte
Die Bayerische Staatsregierung ergreift die Initiative in der Diskussion über die Reform der Eurozone: Durchsetzung der Stabilitätskriterien, aber kein Euro-Finanzminister, kein Eurozonen-Haushalt, keine europäische Einlagensicherung.
Eurozone

Reformen statt Hängematte

Die Bayerische Staatsregierung ergreift die Initiative in der Diskussion über die Reform der Eurozone: Durchsetzung der Stabilitätskriterien, aber kein Euro-Finanzminister, kein Eurozonen-Haushalt, keine europäische Einlagensicherung.

Über Präsident Emmanuel Macrons Vorschläge zur Reform der Eurozone wird viel gesprochen und geschrieben. Eine präzise Stellungnahme der Bundesregierung steht noch aus. Die Bayerische Staatsregierung hat diese Lücke jedenfalls für den Freistaat jetzt geschlossen. Bei seiner Sitzung in Brüssel hat der Ministerrat Bayerns Positionen und Forderungen zur Stabilisierung des Euroraums fixiert − die erste amtliche deutsche Positionsbestimmung zu Macrons Europa-Vorschlägen.

Kein Eurozonen-Haushalt

Auch Bayern tritt ein für einen starken Euro in einer stabilen Währungsunion. Aber die Schaffung eines Eurozonen-Haushalts zur Bewältigung von Wirtschaftskrisen in einzelnen Eurostaaten lehnt die Staatsregierung strikt ab. Die Eurostaaten sollen sich nicht auf fremde Hilfe verlassen, sondern entschlossen reformieren.

Die Schaffung eines Eurozonen-Haushalts zur Bewältigung von Wirtschaftskrisen in einzelnen Eurostaaten wird abgelehnt.

Beschluss des Bayerischen Kabinetts, Pressemitteilung vom 3. Mai 2018

Auch für die Finanzierung von Investitionen ist aus der Sicht der Staatsregierung kein separater Eurozonen-Haushalt erforderlich. Entscheidend sei viel mehr ein positives Investitionsklima. Dafür verantwortlich seien aber zuallererst die Mitgliedstaaten selber. Die Einführung sogenannter Eurobonds − etwa zur Finanzierung von Investitionen − und anderer Formen gemeinsamer Schuldtitel lehnt die Bayerische Staatsregierung grundsätzlich ab.

Einhaltung der Stabilitätsregeln

Sie pocht stattdessen auf die Einhaltung der „gemeinsam vereinbarten Stabilitätsregeln“ – dann sei in Krisensituationen auch finanzieller Spielraum vorhanden. In einer stabilen Währungsunion, betont der Kabinettsbeschluss, „gehören Handeln und Haftung in eine Hand – das schafft Verlässlichkeit und Vertrauen“.

Die Stabilitätsregeln müssen durchgesetzt werden. Aber dafür braucht es aus bayerischer Sicht nicht das Amt eines Euro-Finanzminister. Die Überwachung der Einhaltung der Stabilitätsregeln könne stattdessen eine „starke, politisch möglichst unabhängige Behörde“ übernehmen – etwa der noch einzurichtende Europäische Währungsfonds (EWF).

Europäischer Währungsfonds

Rettungsprogramme für in Schwierigkeiten geratene Mitgliedsstaaten will die Staatsregierung natürlich nicht ausschließen. Aber eben nur bei Einhaltung strikter Bedingungen. Vor allem darum befürwortet Bayern den Aufbau eines Europäischen Währungsfonds (EWF). Der könne im Krisenfall Finanzhilfen gewähren – unter Kontrolle durch die nationalen Parlamente und unter der Bedingung, dass der Empfänger im Gegenzug Strukturreformen durchführt. Für den Freistaat wichtig: Bei Auszahlung und Gestaltung von Rettungsprogrammen müsse Deutschland sein Vetorecht behalten.

Die Übernahme von Schulden durch andere Eurostaaten ist durch EU-Recht ausgeschlossen.

Ministerratsbeschluss

Die Übernahme von Schulden durch andere Eurostaaten ist durch EU-Recht ausgeschlossen und muss es auch bleiben. Der EWF dürfe darum nur dann mit Krediten als Retter auftreten, wenn der in Not geratene Eurostaat die Schuldenlast auch tragen und mittelfristig abbauen könne. Sei diese Schuldentragfähigkeit nicht gegeben, so der bayerische Kabinettsbeschluss, müsse der betreffende Staat ein Staatsinsolvenzverfahren einleiten. Seine Bevölkerung soll dann humanitäre Hilfe erhalten.

Keine europäische Einlagensicherung

Auch nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung verlangt die Stabilität des Euroraums nach gemeinsamer Beaufsichtigung der Banken. Aber eine europäische Einlagensicherung lehnt der Ministerrat entschieden ab. Denn in den Bankbilanzen lauern EU-weit ausfallgefährdete Kredite in der Höhe von etwa 813 Milliarden Euro.

Vor dem Hintergrund der enormen Risiken im Bankenbereich wird eine europäische Einlagensicherung abgelehnt.

Kabinettsbeschluss

Diese Ausfallrisiken dürften nicht vergemeinschaftet, sondern müssten von den betroffenen Mitgliedstaaten eigenverantwortlich abgebaut werden. Staaten, die im Bankenbereich solide gehandelt haben, dürften nicht benachteiligt werden. Stattdessen will die Staatsregierung die nationalen Einlagensicherungssysteme gestärkt sehen. Wichtig: Deutschlands bewährte Bankensicherungssysteme sollen erhalten bleiben.

Nullzinspolitik muss enden

Von der Europäischen Zentralbank fordert die Staatsregierung, dass sie sich auf ihre währungspolitischen Kernaufgaben besinnt. Den Negativzinsen und den billionenschweren Ankäufern von Staatsanleihen durch die EZB, so der Kabinettsbeschluss, fehle die „demokratische Rückbindung“. Beides habe nicht zur Heilung der Staatsschuldenkrise geführt, sondern nur die Symptome bekämpft.

Der Kabinettsbeschluss zählt die negativen Folgen der aktuellen EZB-Politik für Sparer und die Eurostaaten auf: Unrentable Unternehmen werden künstlich am Leben erhalten; Anreize für Eigenverantwortung sinken; die Staaten machen immer neue Schulden; bei der Altersversorgung entstehen gravierende Probleme; Gefahren für die Finanzstabilität steigen.

Bargeld erhalten

Nicht zuletzt mit Blick auf diese Politik der EZB ist der Staatsregierung auch folgendes wichtig: „Das Bargeld muss erhalten bleiben.“ Bargeld schaffe Vertrauen und Sicherheit und biete den Sparvermögen Schutz vor den Negativzinsen der Europäischen Zentralbank.