An der Kasse: Seniorenpaar beim bezahlen im Supermarkt. (Foto: Imago/Jochen Tack)
Handel

Bis Acht ist alles g’macht

Kommentar Die Freien Wähler und manche Einzelhändler drängen auf eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten bis 22 Uhr. Dabei schadet das den Mitarbeitern und sogar vielen Geschäften. Es wird Zeit, dass wir Verbraucher uns ein wenig im Konsumkomfort beschränken.

Die Kauflaune könnte kaum besser sein. Viele Menschen in Bayern verdienen ordentlich und tragen ihr Geld gerne in den Elektromarkt oder zum Weinhändler. Die Konsumklimavermesser der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung haben zum Herbst hin wieder wohligste Werte ermittelt. Shopping-Arkaden sprießen aus dem Boden, die grünen Wiesen an den Ortseingängen bepflanzen die großen Ketten mit ihren Flachdachhallen. Einen Preis im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ ist damit zwar nicht zu gewinnen, aber die Kunden stimmen mit den Autoreifen ab: Tiefgaragen und Parkplätze der Neubauten sind abends und wochenends gut gefüllt. Manche Händler in den Ortszentren ziehen nach, renovieren ihre Läden, peppen ihr Angebot auf. Manche gehen im Preiskrieg, den speziell der Onlinehandel befeuert, einfach kaputt.

Zur großen Shopping-Schlacht vor Weihnachten fachen die Freien Wähler nun die Debatte um den Ladenschluss neu an. Mit einer Initiative im Landtag drängen sie auf eine Ausweitung bis 22 Uhr. Mehr Flexibilität fordern sie für den Handel. Zwar dürfen Lebensmittel-, Blumen-, Christbaumverkäufer dieses Jahr sogar am 24. Dezember, einem Sonntag, bis 14 Uhr öffnen. Genug scheint im Einzelhandels-Monopoly dennoch nie genug.

Die Unsitte des Online-Einkaufs

Dabei reichen die bestehenden Einkaufszeiten völlig aus. Wer seine Euros im regulären Betrieb zwischen 6 und 20 Uhr nicht unter die Verkäufer bringt, kann schon bislang rund um die Uhr online bestellen. Supermarktketten liefern in Ballungszentren inzwischen teils bis 22 und sogar 23 Uhr Lebensmittel nach Hause. Ohnehin eine Unsitte. Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass die zahlreichen Kurier-, Paket-, Bring-Boten des Internethandels die Zunahme des Verkehrs in den Städten massiv antreiben. Wer noch Nudeln, Soße und einen Rotwein für den Mitternachts-Snack braucht, kann auch an Bahnhöfen spät-kaufen. Die potenten Supermarktketten übernehmen zudem immer mehr Shops an Tankstellen. Wer dringend etwas braucht, kriegt es schon.

Viele Lebensmittel-Filialisten in Bundesländern, in denen der Ladenschluss bereits auf 22 Uhr erweitert wurde, klagen über gestiegene Personalkosten ­– bei nahezu gleich bleibendem Umsatz. Denn die Kunden nutzen einfach den Komfort und verteilen ihren Einkauf auf die Abendstunden. Mehr Geld geben jedoch nur wenige aus. Die Ladenbetreiber ziehen bei den Öffnungszeiten oft nur mit, weil sie mit der Konkurrenz mithalten müssen. Kleine Läden haben dabei das Nachsehen, weil sie sich die steigenden Personalkosten nicht leisten können. Ausgetragen wird all dies auf dem Rücken der Angestellten, die ihre Mehrarbeit nur mit ein wenig mehr Gehalt vergütet bekommen. Zu leiden haben deren Familien. Wenn Mama oder Papa bis spät an der Kasse arbeiten oder für einen Paketdienst schuften, fallen sie abends nur noch übermüdet vor ihren Kindern ins Bett.

Mehrheit gegen Shopping am Weihnachts-Sonntag

Es wäre also an der Zeit für uns Verbraucher, unsere Service-Ansprüche zu beschränken. Es ist absolut möglich, die Dinge des täglichen Bedarfs innerhalb der schon jetzt geltenden Ladenschlusszeiten zu besorgen. Wer überdies Bekleidung oder anderes nicht mehr im Netz bestellt und wieder im stationären Einzelhandel erwirbt, erhält die Vitalität der Innenstädte. Die profitieren gleich doppelt – von gut frequentierten Geschäften und weniger Straßenverkehr durch weniger Bringdienste. Statt „genug ist nicht genug“, würde ein bisschen Weniger gleich viel Mehr bedeuten. Was den Sonntag als Einkaufstag betrifft, sehen das ohnehin viele so: Einer Umfrage der Welt zufolge sind 87 Prozent der Deutschen der Meinung, dass Geschäfte dieses Jahr nicht an Heiligabend geöffnet haben sollten.