Hier entsteht die erste energieautarke Raststätte Deutschlands. Das Luftbild zeigt die Baufortschritte Anfang Juli. (Bild: Tank & Rast)
Verkehr

Die Zukunft des Rastens

In Bayern eröffnet die erste energieautarke Raststätte. Dort sollen sowohl E-Autofahrer als auch Kinder auf ihre Kosten kommen. Ob sich das Energiekonzept für Anlagenbetreiber wirtschaftlich rechnet, muss sich erst noch zeigen.

Stau. Nichts geht mehr vorwärts. Nach einer halben Stunde rollen die ersten Autos ein paar Meter vor. Dann wieder endloses Warten. Wer Kinder auf der Rückbank hat, spielt „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Zum wiederholten Mal kommen die Nachrichten im Radio. Der Sitz fühlt sich inzwischen wie eine Holzbank an. Wer sehnt sich jetzt nicht nach ein bisschen Bewegung?

Wer auf der A 9 Richtung München unterwegs ist, hat an der Raststätte Fürholzen West ab dem 1. September 2017 die Möglichkeit dazu. Dort eröffnet der Autobahndienstleister Tank & Rast eine energieautarke Raststätte mit eigener Wasserstoffproduktion und innovativen Angeboten für Reisende und Pendler.

Freie Tankauswahl

Autofahrer finden hier künftig einen Fitnessparcours, einen Kinderspielplatz und können eine Verschnaufpause im Biergarten nehmen. Für ihre PkWs können sie nicht nur Benzin- und Dieselkraftstoff zapfen, sondern auch Erdgas und Flüssiggas tanken.

Wer mit dem Elektroauto unterwegs ist, kann eine der vier Schnellladesäulen nutzen. Eine halbe Stunde laden – was etwa einer „Tankfüllung“ entspricht – koste 7,50 Euro. Der Strom wird unter anderem über eine 7200 Quadratmeter große Fotovoltaikanlage produziert. Die Solarpanels haben Ingenieure auf einem Lärmschutzwall entlang der A 9 sowie einigen Dächern der Raststätte angebracht. Ab 2018 will der Gashersteller Linde zudem Wasserstoff produzieren, um auch Autofahrer mit Brennstoffzellenautos zu versorgen.

Wo vor Baubeginn ein Parkplatz für acht LkW und 17 Autos war, können jetzt 154 Autofahrer ihr Mobil parken. 110 Stellplätze gibt es für LkW-Fahrer. Dafür verbrauchte das Unternehmen einiges an Fläche – insgesamt ist die Anlage rund 1700 Quadratmeter groß – , was Umweltschützer und einige Anrainerkommunen kritisieren.

Wie funktioniert das Energiekonzept?

20 Millionen Euro investierte das Unternehmen nach eigenen Angaben in die neue Tankstelle und Raststätte. Die Anlage soll durch die Photovoltaikanlage und die eigene Wasserstoffproduktion nicht nur autark laufen, sondern sogar mehr Energie produzieren, als sie verbraucht. Dazu wird der von Linde produzierte Wasserstoff in einem eigenen Blockheizkraftwerk auf der Raststätte mittels einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt. Das Plus an erzeugter Energie wird in das Stromnetz eingespeist. Keine leichte Aufgabe, denn der 24-Stunden-Betrieb, Kühlanlagen und viele Lichtquellen verbrauchen eine Menge Strom.

Rechnet sich die Technik?

Mit der Anlage in Fürholzen will Tank & Rast nach eigenen Angaben Erfahrungen sammeln für den Bau weiterer solcher Raststätten in der Zukunft. „Wir wollen die Technik erproben“, sagte Steffen Krott, der das Großprojekt betreut, der Süddeutschen Zeitung. Am bayerischen Standort könne man sehen, wie viele Fahrer mit dem E-Auto halten oder Wasserstoff tanken. Und natürlich lasse sich prüfen, ob das Energiekonzept hilft, die Anlage wirtschaftlicher zu betreiben.

Eine Enttäuschung müssen Biergarten-Liebhaber allerdings einstecken: Auf der Außenterrasse des Restaurants darf die mitgebrachte Brotzeit – anders als in den Münchner Großbiergärten – nicht verzehrt werden. Brezenkrümel landen also nach wie vor im Fußraum des Autos.

Schnellladesäulen für E-Autos

Der Autobahndienstleister Tank & Rast betreibt an deutschen Autobahnen rund 400 Tankstellen. Bis Ende des Jahres sollen an möglichst allen Raststätten Schnellladesäulen für Elektroautos stehen. Dazu arbeitet das Unternehmen mit dem Karlsruher Energiekonzern EnBW und der Firma innogy zusammen. Knapp 200 Säulen sind bereits in Betrieb, der Rest befindet sich noch in der Bauphase. Eine halbe Stunde laden – was etwa einer „Tankfüllung“ entspreche – kostet in Fürholzen West 7,50 Euro. In der Anfangsphase ist das Laden kostenfrei. Der Autofahrer wählt die Ladedauer vorab minutengenau. Dabei stehen ihm neben dem CCS-Standard (Combined Charging System) auch Chademo sowie Typ-2-Stecker Anschlüsse zur Verfügung.