Jürgen Fitschen und Anshu Jain dürften am Montag den Kurs der Deutsche-Bank-Aktie mit sehr gemischten Gefühlen betrachtet haben. Der angekündigte Rückzug der Noch-Co-Chefs des Instituts wurde an der Börse mit einem Aufschlag von bis zu acht Prozent gefeiert. In ihm steckt die Hoffnung, dass ein neuer starker Mann das größte deutsche Geldhaus endlich aus dem Skandalsumpf der Vergangenheit zieht.
Jahrelang wurde bei der Deutschen Bank geschummelt und getrickst, was das Zeug hält. Und die Aufarbeitung der Skandale ist längst nicht abgeschlossen. Die Verwicklung in den Libor-Skandal kam die Bank bislang am teuersten zu stehen. Ihre Mitarbeiter waren maßgeblich daran beteiligt, dass heimlich an den Schrauben für Spar-, Kredit- und Hypothekenzinsen gedreht worden war. Die Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar wurde dafür 2014 an Behörden in den USA und Großbritannien gezahlt. Der EU-Kommission mussten Fitschen und Jain bereits Ende 2013 725 Millionen Euro überweisen.
Der Libor- ist nur einer von vielen Skandalen: Zuletzt musste das Institut seine Rückstellungen für zukünftige juristische Niederlagen um weitere 1,5 Milliarden auf 4,8 Milliarden Euro aufstocken, weil seine Händler in der Vergangenheit offensichtlich jegliches Rechtsgefühl über Bord geworfen hatten: Von Verstrickungen in mögliche Manipulationen von Devisenkursen und anderen Gemeinheiten ist die Rede. Insgesamt sind noch 6000 Verfahren offen. Erst am Wochenende wurden neue Vorwürfe laut, Deutsche-Bank-Kunden hätten angeblich über ihr Institut in Russland bis zu sechs Milliarden Euro gewaschen.
Nicht gerade förderlich für das Ansehen der Führungsriege ist auch, dass sich Fitschen zusammen mit den Ex-Bankchefs Rolf Breuer und Josef-Ackermann voraussichtlich noch bis September wegen angeblichen Prozessbetrugs in München vor Gericht verantworten muss: Der lange zurückliegende Streit mit dem verstorbenen Medienmogul Leo Kirch hallt noch immer nach, obwohl die Bank den Erben Anfang vergangenen Jahres 925 Millionen Euro bezahlt hat.
Die aktuellen guten Zahlen waren für Fitschen und Jain nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Im ersten Quartal 2015 stiegen die Einnahmen der Deutschen Bank um knapp ein Viertel auf 10,4 Milliarden Euro an. Die Kritik über die angekündigte „Strategie 2020“ überwog: Mit ihr schicken die Co- Chefs das Institut auf einen Spar- und Schrumpfkurs. Die Bank will sich aus bis zu zehn Ländern zurückziehen, unter anderem sollen der Rohstoffhandel und einzelne Derivategeschäfte aufgegeben sowie die Postbank abgestoßen werden. Zudem werden 200 der 700 Filialen der eigenen Bank aufgegeben.
Die Quittung für die um sich greifende Unzufriedenheit erhielten Fitschen und Jain bereits bei der Hauptversammlung am 21. Mai in Frankfurt. Gerade einmal 61 Prozent der Aktionäre entlasten die Co-Chefs. Üblicherweise sprechen mehr als 90 Prozent dem Vorstand das Vertrauen aus. Jain zieht seine Konsequenzen schnell, er geht bereits Ende Juni, Fitschen will noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 weitermachen. Richten soll es in Zukunft als alleiniger Vorstandschef der Brite John Cryan. Den 54-jährigen Investmentbanker feierte die Börse schon jetzt.