Törichte Hatz auf den Diesel
Etwa sieben Millionen ältere Diesel-Pkws fahren auf Deutschlands Straßen. Wer ihre Fahrer dazu bewegt, auf neue Euro-6-Norm-Diesel oder gar Hybrid-Diesel umzusteigen, tut der Umwelt, der Stadtluft und der Wirtschaft etwas Gutes.
Fahrverbote

Törichte Hatz auf den Diesel

Kommentar Etwa sieben Millionen ältere Diesel-Pkws fahren auf Deutschlands Straßen. Wer ihre Fahrer dazu bewegt, auf neue Euro-6-Norm-Diesel oder gar Hybrid-Diesel umzusteigen, tut der Umwelt, der Stadtluft und der Wirtschaft etwas Gutes.

Die Hatz auf den Diesel schadet der Umwelt, der Wirtschaft und den Menschen. Technisch ist es eindeutig: Moderne Dieselmotoren sind Ottomotoren in mancherlei Hinsicht überlegen. Der Grund dafür ist einfach: Dieselkraftstoff hat eine höhere Energiedichte als Super-Benzin. Weil die Selbstzündermotoren das Kraftstoff-Gas-Gemisch zudem stärker verdichten, haben sie einen höheren Wirkungsgrad. Ergebnis: Dieselmotoren verbrauchen etwa 20 Prozent weniger Kraftstoff als Benziner.

Und das schon seit langem. Ein ab 1979 gebauter 200er Mercedes-Diesel (W-123) schluckte bei 60 PS etwa neun Liter Diesel. Was für ein so großes Auto schon damals ein geringer Verbrauch war. Kaum zu glauben: Sein heutiger Nachfolger E 200 D der 213er Baureihe kommt bei 150 PS im Idealfall mit weniger als 5 Litern Diesel auf 100 Kilometer aus. Und erfüllt die Euro-6-Norm.

Luft so sauber wie noch nie

Den Gewinn haben die Umwelt – und die Menschen. Geringerer Verbrauch bedeutet geringeren Ausstoß von Schadstoffen aller Art: weniger CO2, weniger Stickoxid, weniger Feinstaub. Von der zusätzlichen Wirkung von Filtern und Katalysatoren nicht geredet. Dem Umweltbundesamt zufolge könnte die Lage nicht eindeutiger sein: Seit 1990 sind die Stickoxid-Emissionen, die nun zu Dieselverboten führen sollen, um 58 Prozent zurückgegangen. Beim Straßenverkehr beträgt der Rückgang sogar 66 Prozent – obwohl sich seither der Anteil der Dieselfahrzeuge verdoppelt hat. Man darf sagen: Noch nie war der Stickoxid-Ausstoß so niedrig wie heute. Und für die Luftqualität ganz allgemein gilt: Noch nie seit Beginn der industriellen Revolution war die Luft in unseren Städten so sauber wie heute. Noch nie.

Wer heute einen modernen Euro-6-Diesel erwirbt, tut der Umwelt – und der Stadtluft – nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Von insgesamt etwa 15 Millionen Dieselfahrzeugen auf Deutschlands Straßen erfüllen immerhin bereits 2,7 Millionen oder 18 Prozent die Euro-6-Norm. Knapp 6 Millionen Diesel-Pkws sind ebenfalls sehr saubere Euro-5-Diesel. Aber knapp die Hälfte aller Dieselfahrzeuge sind älter. Weil Dieselmotoren lange halten, werden recht viele Dieselfahrzeuge sogar ziemlich alt sein.

Fast 7 Millionen ältere Dieselfahrzeuge

Hat man nun die Gesundheit der Stadtbewohner wegen der überschrittenen Stickoxid-Werte wirklich im Blick, so muss das Ziel der Politik sein, diese Altfahrzeuge möglichst schnell aus dem Verkehr zu ziehen. Auf freiwilliger Basis, nicht durch Verbote. Der beste Weg dazu führt erfahrungsgemäß über die Geldbörse der Autofahrer und über positive Anreize in Form von Abwrackprämien oder steuerlichen Anreizen zum Kauf eines Neuwagens. „Es wäre ein guter Weg, wenn wir über die Reduzierung der Kraftfahrzeugsteuer einen Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro-6-Diesels setzen würden“, sagt dazu etwa Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Denn dass im vergangenen Juni der Absatz an neuen Dieselfahrzeugen um fast 20 Prozent eingebrochen ist, ist keine gute Nachricht, schon gar nicht für die Umnwelt.

Es ließen sich sogar Anreize denken, die den Umstieg von alten Diesel- auf Hybrid- oder reine Elektrofahrzeuge förderten. Das wäre besonders umweltfreundlich. Aber wer die Umwelt – und die Stadtluft – schützen will, muss Realist sein. Und sich klar machen: Sogar zusammen mit sogenannten Plug-in-Hybriden kommen Elektroautos bislang nur auf einen Marktanteil von 0,7 Prozent. Die Flotte an E-Fahrzeugen ist – noch – so klein, dass mit ihnen heute ökologisch praktisch nichts zu gewinnen ist. Die 15 Millionen Diesel-Pkws machen dagegen 33 Prozent des Pkw-Bestands aus. Wer alte Diesel aus dem Verkehr zieht, der bewirkt wirklich etwas. Bei den alten Dieseln – immerhin bis zu 15 Prozent des Pkw-Bestands – muss man also ansetzen. Zumal auch die Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen durch ihre energieintensive Herstellung und ihre Batterie-Altlasten schwer eingetrübt ist.

Man muss sich ehrlicherweise auch eingestehen, dass Autofahrern, die gewohnt sind, mit einer Tankfüllung fast 1000 Kilometer zu fahren, der Umstieg auf ein Elektro-Fahrzeug eher schwer fallen wird. Dazu kommt, dass E-Autos heute, wenn überhaupt, dann in aller Regel Zweit-, Dritt- oder gar Viertfahrzeug im Haushalt sind. Spielzeug sozusagen. Wenn dann das Erst- oder Hauptfahrzeug wenigstens ein neuer sauberer Euro-6-Diesel wird, ist allem und allen gedient – der Stadtluft, der Automobilindustrie und den Menschen. Rudolf Diesels 120 Jahre alte Erfindung ist noch lange nicht am Ende.

Eine Million Arbeitsplätze

Denn daran darf man ruhig erinnern: Die Automobilindustrie ist Deutschlands wichtigster Wirtschaftszweig. Sie hält etwa eine Million Arbeitnehmer in Arbeit und deren Familien in Brot. 2016 erzielte sie einen Umsatz von über 400 Milliarden Euro. Es gilt die Regel: Was dem stärksten Zweig der deutschen Wirtschaft und ihren Arbeitnehmern hilft, kann dem Land kaum schaden.