Der Neubau der EZB in Frankfurt am Main. (Bild: European Central Bank/Robert Metsch/fkn)
Schulden statt Sparen

Spanien will EZB noch mehr amerikanisieren

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Staatsschulden sind erdrückend: Spanien sucht sein Heil nun ausgerechnet darin, eine Ausweitung des Mandats der Europäischen Zentralbank (EZB) zu fordern. Sie soll für ein besseres wirtschaftliches Gleichgewicht in der Euro-Zone sorgen – auch auf dem Arbeitsmarkt.

Auf acht Seiten hat Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy seine Wünsche an die Euro-Partner ausgebreitet. Behilflich waren ihm Berichten der Zeitung Welt zufolge dabei US-Top-Ökonomen, die dem Spanier offensichtlich die amerikanische Wirtschafts- und Währungspolitik schmackhaft gemacht haben. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat bekanntlich nicht nur für die Preisstabilität in den USA zu sorgen, ihr Mandat liegt auch in einer möglichst niedrigen Arbeitslosigkeit.

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) mittlerweile nach amerikanischem Vorbild im großen Stil Staatsanleihen und Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt aufkauft, um die Wirtschaft der Eurozone anzukurbeln, reicht den Spaniern nicht. Sie geben der EZB eine Mitschuld für die wirtschaftliche Schieflage in der Eurozone. Die spiegelt sich vor allem auf dem Arbeitsmarkt wider: Während die Arbeitslosenquote in Deutschland zuletzt bei 6,4 Prozent lag, drückten Spanien glatte 23 Prozent. Noch schlimmer trifft es die Jugend: Jeder zweite junge Erwachsene in dem Königreich hat derzeit keinen Job, in Deutschland sind es „nur“ 7,2 Prozent. Auch die Staatsverschuldung in Spanien ist trotz leichten wirtschaftlichen Aufschwungs weiter angestiegen: Von 2014 kletterte sie nach EU-Angaben von 98,1 auf 101,2 Prozent des Brottoinlandsprodukts (BIP), 2016 wird sie voraussichtlich bei 102,1 Prozent liegen. Zum Vergleich: Deutschland verbesserte sich von 74,5 (2014) auf 72,2 Prozent (2015), für 2016 werden im Bund 69,6 Prozent Staatsverschuldung in Relation zum BIP erwartet.

Schuld am eigenen Versagen hat die EZB

Die Schuld für das Ungleichgewicht suchen die Spanier nun bei den Währungshütern der EZB in Frankfurt. Die geldpolitische Ausrichtung der EZB habe sich in den vergangenen Jahren für bestimmte Mitgliedstaaten als ungeeignet erwiesen, meint Staatschef Rajoy. Die EZB sei es gewesen, die in einigen Ländern einer exzessiven Verschuldung Vorschub geleistet habe. Der Regierungschef fordert nun, dass die Zentralbank nicht nur für stabile Preise sorgen soll, sondern auch dazu beiträgt, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den Staaten zu beseitigen.

Das dürfte nicht einfach werden: Um das Mandat der EZB zu ändern, müssten die EU-Verträge umgeschrieben werden. Dem wiederum müssten alle 27 EU-Staaten zustimmen, was als eher unwahrscheinlich gilt. Zudem stellt sich die Frage, ob die Zentralbank überhaupt etwas auf den Arbeitsmärkten in Europa bewirken könnte. Dass sich Arbeitslose aus wirtschaftlich schwächeren Staaten in stärkeren einen Job suchen, funktioniert in den USA prächtig. In Europa macht dagegen das allein schon die Sprachbarriere sehr schwer. Dennoch fordert Spanien eine Verbesserung der Mobilität auf dem Arbeitsmarkt in Europa. Und: In den Jahren 2017 bis 2019 müssten die Weichen für eine politische Union gestellt werden.