So undurchsichtig ihre Fenster sind, waren in der Vergangenheit auch viele Geschäfte der Deutschen Bank. Dafür muss sie noch immer horrende Strafen zahlen. (Bild: Imago/Hannelore Förster)
Deutsche Bank

Cryan: Staatshilfen sind kein Thema

John Cryan versteht die ganze Aufregung nicht: Trotz einer zweistelligen Milliarden-Forderung aus den USA sieht der Deutsche-Bank-Chef weder die Notwendigkeit von Staatshilfen für das größte deutsche Geldhaus noch die einer Kapitalerhöhung. Entsprechende Meldungen hatten zuletzt die Aktien auf Talfahrt geschickt.

Im Gespräch mit der Bild-Zeitung dementierte John Cryan am Dienstag so ziemlich alles, was in den Tagen davor durch den Blätterwald rauschte: „Ich habe die Bundeskanzlerin zu keinem Zeitpunkt um Hilfe gebeten. Ich habe auch nichts dergleichen angedeutet“, stellte der Deutsche-Bank-Chef klar. Er könne nicht verstehen, „wie jemand das behaupten kann“.

Seit 2012 musste die Bank schon mit zwölf Milliarden Euro büßen

In den Medien war zuvor über mögliche Staatshilfen für die größte Deutsch Bank spekuliert worden, weil ihr die Luft ausgehen könnte. Das Geldhaus hat bekanntlich alle Hände voll zu tun, seine Altlasten abzubauen. Seit 2012 musste die Bank bereits mit zwölf Milliarden Euro für ihre Verfehlungen in der Vergangenheit büßen. So waren zum Beispiel Deutsche-Bank-Mitarbeiter in den Libor- und Euribor-Skandal verwickelt, Kollegen stehen unter anderem im Verdacht, Geld von russischen Kunden gewaschen zu haben. Auch der Vergleich mit den Kircherben kam die Bank teuer zu stehen (775 Millionen Euro plus Zinsen).

Washington fordert 12,5 Milliarden Euro

Den größten Brocken hat Cryan aber nun mit der Forderung aus Washington vor der Brust. Umgerechnet 12,5 Milliarden Euro Strafe (14 Milliarden Dollar) soll die Deutsche Bank für undurchsichtige US-Hypothekengeschäfte zahlen, die vor der Finanzkrise zwischen 2005 und 2007 abgewickelt wurden. Das allein ließ die Aktie des Branchenprimus‘ Anfang der Woche noch nicht auf ein neues Allzeittief von knapp über zehn Euro absacken. Erschwerend hinzu kamen Leerverkäufe von Spekulanten, die gegen das Geldhaus wetten: Sie leihen sich die Aktien von anderen Investoren und verkaufen sie. Wenn der Kurs, wie von den Spekulanten gewünscht, gefallen ist, kaufen sie die Papiere wieder und geben sie an den ursprünglichen Eigentümer zurück. Der Verlust ist des Spekulanten Gewinn. Schätzungen zufolge laufen derzeit Wetten mit einem Umfang in Höhe von rund 500 Millionen Euro gegen die Deutsche Bank.

Anleger verunsichert

Für noch mehr Verunsicherung sorgten bei den Anlegern diese Woche Meldungen über ein angebliches Nein der Kanzlerin zu Staatshilfen. Einige Börsianer sahen die Aktie der Deutschen Bank daraufhin sogar „zum Abschuss freigegeben“. Die Deutsche Bank wies die Meldungen umgehend zurück. AuchRegierungssprecher Steffen Seibert stellte klar, dass es keinen Anlass für Spekulationen gebe, „wie sie da angestellt werden“.

Es war von Anfang an klar, dass wir diese Summe nicht zahlen. Wir gehen davon aus, dass uns das Justizministerium genauso fair behandeln wird wie die amerikanischen Banken, die sich bereits verglichen haben.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan

Zu der im Raum stehende 14 Milliarden-Dollar-Strafe erklärte Deutsche-Bank-Chef John Cryan nun via Bild, dass von Anfang an klar gewesen sei, „dass wir diese Summe nicht zahlen“. Seine Hoffnungen ruhen dabei auf der Tatsache, dass die US-Ermittler meist mit weit höheren Forderungen in die Verfahren einsteigen, als sie letztlich beschlossen werden. „Wir gehen davon aus, dass uns das Justizministerium genauso fair behandeln wird wie die amerikanischen Banken, die sich bereits verglichen haben“, sagte der Deutsche-Bank-Chef dazu.

Wir haben in den vergangenen Monaten viele Fortschritte dabei erzielt, eine einfache und bessere Bank zu schaffen.

John Cryan

Der Vorstandsvorsitzende erklärte, dass die Situation der Deutschen Bank viel besser sei, als sie von außen wahrgenommen werde: „Wir haben in den vergangenen Monaten viele Fortschritte dabei erzielt, eine einfache und bessere Bank zu schaffen.“ Der Konzernumbau sei auf gutem Weg, der Abbau von 9000 Stellen im Plan. An dem geplanten Verkauf der Postbank hält Cryan fest, eilig hat es damit aber nicht: „Alles ist vorbereitet, wir könnten die Postbank morgen in neue Hände geben“, so der Vorstandschef. „Aber dann muss der Preis stimmen, wir haben Zeit.“

Käufer für Lebensversicherungstochter gefunden

Für eine weitere Tochter hat die Deutsche Bank jetzt einen Käufer gefunden: Der Lebensversicherer Abbey Life soll für umgerechnet 1,1 Milliarden Euro an den britischen Versicherer Phoenix Life gehen, gab das Geldhaus am Mittwoch bekannt. Die Transaktion werde auch die Kapitalposition der Deutschen Bank stärken, sagte ihr Chef John Cryan dazu. „Wir arbeiten weiter an einer Deutsche Bank, die sicherer und weniger komplex ist“, so der Vorstandschef.

Doch ein Notfallplan der Regierung?

Die Zeit will derweil erfahren haben, dass die Bundesregierung entgegen aller Dementi doch an einem Notfallplan für das größte deutsche Geldhaus arbeitet. Beamte in Berlin, Brüssel und Frankfurt bereiten demnach ein entsprechendes Konzept vor. Es soll in Kraft treten, wenn die Bank es nicht selbst schafft, die verhängten Strafen zu bezahlen, beziehungsweise sich die Mittel auch nicht am Markt besorgen kann. Laut Zeit sieht dieser Rettungsplan unter anderem vor, dass Teile des Geschäfts an andere Finanzinstitute verkauft würden. Die Preise würden dabei so gesetzt, dass die Deutsche Bank dadurch entlastet wird und keine Verluste erleidet. Auch von staatlichen Garantien ist in dem Bericht die Rede, und „im äußersten Notfall“ könnte sich der Staat sogar direkt an der Bank beteiligen – mit 25 Prozent.

Derzeit nur „Planspiele“

Fürs erste handelt es sich dem Bericht zufolge aber „nur um Planspiele“. Die Regierung hoffe weiterhin darauf, dass die Bank ohne Unterstützung auskomme. Und offensichtlich sind in Regierungskreisen längst nicht alle glücklich mit dem Plan. Manches Regierungsmitglied favorisiere laut Zeit den europäischen Abwicklungsmechanismus für die Sanierung notleidender Banken. Dann würden aber auch Gläubiger und Kunden zur Kasse gebeten, was zu neuen Unruhen an den Finanzmärkten führen könnte, heißt es.

Das Bundesfinanzministerium dementierte den Bericht der Zeit am Mittwoch gänzlich: „Diese Meldung ist falsch. Die Bundesregierung bereitet keine Rettungspläne vor. Anlass für derartige Spekulationen gibt es nicht. Die Bank hat dies ausdrücklich klar gestellt“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters eine Sprecherin.

Rekordverlust im vergangenen Jahr

Wie berichtet, hatte die Deutsche Bank im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von 6,7 Milliarden Euro eingefahren. Eingerechnet wurden in diesen aber bereits Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten in Höhe von 5,2 Milliarden Euro sowie Belastungen für Restrukturierung und Abfindung von 1,0 Milliarden Euro.