EZB-Präsident Mario Draghi (r.) sieht sich noch immer auf dem richtigen Weg. Nächste Woche drohen neue Schritte. Bild: Imago/Xinhua
Europäische Zentralbank

Neues aus Draghis Trickkiste?

Es hat den Eindruck, als regne es Geld vom Himmel, das niemand haben möchte: Die Politik der Europäischen Zentralbank entwickelt sich für ihren Chef Mario Draghi immer mehr zum Bumerang. Auch von den Banken bekommt er mittlerweile sein Fett weg. Doch der Italiener denkt überhaupt nicht daran, seinen Kurs zu ändern - und kündigt neue geldpolitische Schritte an.

Die März-Sitzung des EZB-Rates steht bevor, und es wird mit Spannung erwartet, welche Wunderkugel Mario Draghi diesmal aus der Trickkiste zaubert, um seinen Zielen näher zu kommen. Zwei Prozent Inflation wünscht sich die EZB seit Jahren für die Euro-Zone, die Realität sieht ganz anders aus: Im Februar sind die Preise in den Mitgliedsländern sogar wieder gesunken, die Deflation ist zurück im Euro-Raum. Der Grund dafür ist vor allem das billige Öl, aber auch die Lebensmittelpreise haben nachgegeben.

Experten erwarten schwächeres Wachstum

Zu allem Überfluss erwarten die Experten ein sich weiter abschwächendes Wachstum in der Euro-Zone. Das wollte die EZB mit ihrer expansiven Geldpolitik eigentlich mit aller Macht verhindern: Draghi und seine Gefolgsleute haben bekanntlich den Leitzins auf 0,05 Prozent gesenkt, damit die Banken mehr Kredite vergeben können und die Wirtschaft in Schwung kommt. Zudem wurden gigantische Kaufprogramme gestartet. Bis zu 1,5 Billionen Euro buttert die EZB bis Ende März 2017 in Staatsanleihen und andere Wertpapiere und muss dafür vor allem in Deutschland viel Kritik einstecken. „Für den europäischen Finanzmarkt ist die erneute geldpolitische Lockerung der EZB nicht nur unnötig, sondern auch gefährlich“, sagte zum Bespiel im Dezember Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon (der Bayernkurier berichtete).

Rückenwind vom Devisenmarkt abgeflaut

Der Sparkassenchef sollte Recht behalten, die Zentralbank in Frankfurt steht vor ihrer Sitzung in der kommenden Woche wieder vor den neuen, alten Problemen: Das auch, weil der Euro robuster ist, als es sich Draghi gewünscht hatte. Mit ihrer Politik des billigen Geldes hatten die Notenbanker die Europäische Gemeinschaftswährung bekanntlich auf Talfahrt geschickt und damit den Export aus der Euro-Zone angekurbelt. Doch auch dieser Effekt ist verpufft: Mittlerweile habe der Euro insbesondere gegenüber den Währungen vieler Schwellenländer spürbar zugelegt, beobachtet Chris-Oliver Schicketanz, Chefanlagestratege bei der Commerzbank. „Damit lässt der konjunkturelle Rückenwind vom Devisenmarkt deutlich nach“, weiß der Experte, der auch auf die „nachlassende Wachstumsdynamik in den Emerging Markets“ verweist. Und dabei vor allem auf strukturelle Probleme in China, die dazu führen dürften, „dass die Exporte deutscher und europäischer Unternehmen nicht mehr ganz so stark steigen werden wie in der Vergangenheit“.

Die EZB kann alle zur Verfügung stehenden Optionen nutzen. Es gibt keine Grenzen, wie weit wir gewillt sind, mit unseren Instrumenten innerhalb unseres Mandats zu gehen.

EZB-Präsident Mario Draghi

Guter Rat ist also teuer für die EZB, die ihr Pulver weitestgehend verschossen hat. Doch das will ihr Chef nicht wahrhaben. In einem Brief an einen europäischen Abgeordneten gab sich Mario Draghi zuletzt kämpferisch: Die EZB könne „alle zur Verfügung stehenden Optionen nutzen“, heißt es unter anderem darin. Und zu lesen ist auch, dass es „keine Grenze gibt, wie weit wir gewillt sind, mit unseren Instrumenten innerhalb unseres Mandats zu gehen“. Es wird erwartet, dass die EZB-Keule dieses Mal wieder die Kreditinstitute trifft, die ihr überschüssiges Geld bei der Zentralbank parken. Derzeit wird ihnen dafür bereits ein Strafzins von 0,3 Prozent aufgebrummt, nach Expertenmeinung könnte der EZB-Rat diesen in der kommenden Woche auf bis zu 0,5 Prozent erhöhen.

Wenn die Zinsen negativer werden, dann werden die Verluste auf der rechten Seite der Bilanz größer

Deutsche-Bank-Chef John Cryan

Damit schießen sich die Notenbanker dann ein klassisches Eigentor: „Wenn die Zinsen negativer werden, dann werden die Verluste auf der rechten Seite der Bilanz größer“, warnte in dieser Woche Deutsche-Bank-Chef John Cryan beim Finanztag der Süddeutsche Zeitung. Das bedeutet auch, dass die Banken die Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben werden. Die Kredite werden also nicht günstiger, wie es sich die EZB wünscht, sondern teurer. Die Institute könnten nicht länger die Kosten absorbieren, die durch die Hereinnahme von Einlagen entstünden, sagte Cryan dazu und fügte hinzu: „Wir hoffen, dass das klar ist.“

Strafzins erreicht die Bürger

Den Strafzins der EZB dürften demnächst auch die Bürger zu spüren bekommen, die sich derzeit noch an billigen Darlehen und Ratenkäufen zum Nulltarif erfreuen. Der Topf, in den ihr Geld aus den Beitragszahlungen für die Krankenversicherungen fließt, lässt bereits Federn: „Im Jahr 2015 erzielte der Gesundheitsfonds erstmalig ein negatives Zinsergebnis von rund 1,8 Millionen Euro, sagte jüngst ein Sprecher des zuständigen Bundesversicherungsamtes der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Das Geld kam somit nicht mehr bei den Kassen an.

EZB: Banken haben lockere Geldpolitik gut verkraftet

Die EZB weist derweil die Kritik der Banken zurück: So erklärte EZB-Direktor Benoit Coeuré in dieser Woche, dass die Institute die lockere Geldpolitik bislang gut verkraften würden. Viele hätten sinkende Einnahmen aus dem Zinsgeschäft mehr als wettmachen können. Der EZB-Direktor wies aber auch auf Geschäftsmodelle vieler Banken hin, die seiner Ansicht nach langfristig nicht tragbar seien. Gewinnschwache Institute müssten deshalb Wege finden, Einnahmen zu steigern, die nicht aus dem Zinsgeschäft stammen und wenn möglich ihre Betriebskosten weiter senken, forderte er.