Diskussionsfreudig: Parteitag der CSU in der Münchner Olympiahalle. (Bild: imago images /kolbert-press/Burghard Schreyer)
Parteitag

Kompromiss in der Quotendebatte

Mit klaren Worten wurde beim Parteitag "Aufbruch in eine neue Zeit" über verschiedene Anträge zur Parteireform gerungen. Lange Debatten gab es insbesondere um die Jugend- und Frauenquote. Am Ende stand eine Lösung, die alle tragen konnten.

Jünger, digitaler und weiblicher will Parteichef Markus Söder die CSU machen. Das sieht auch die Partei so. Nur die im Leitantrag dafür vorgesehene Art und Weise stieß auf breiten Widerstand. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss.

Soll statt Muss

Mehr als zwei Stunden diskutierten die Delegierten am Samstag beim CSU-Parteitag über die Frauen- und die Jugendquote der großen Parteireform. Am Ende einigte man sich auf eine Soll- statt eine Muss-Regel. Auf Kreisebene gibt es danach nur noch den Wunsch einer Quote von 40 Prozent für Frauen sowie einen stellvertretenden Kreisvorsitzenden unter 35 Jahren – und keinen Zwang dazu.

Als Volkspartei werden wir nur eine Zukunft haben, wenn wir ein Spiegel der Gesellschaft sind.

Ulrike Scharf, FU-Vorsitzende

Niemand wolle in der CSU eine „Quotenfrau“ sein, betonte FU-Chefin Ulrike Scharf zu Beginn der Debatte, aber ohne diese Hilfsmittel sei die Reform der Partei auf Dauer nicht möglich. „Als Volkspartei werden wir nur eine Zukunft haben, wenn wir ein Spiegel der Gesellschaft sind.“ Und dies seien nun einmal 50 Prozent Frauen und Männer. In der CSU liege der Frauenanteil dagegen bei nur 21 Prozent. „Die Quote, die stärkere Sichtbarkeit der Frauen hat uns gut getan“, so Scharf.

Generalsekretär Markus Blume erklärte: „Es ist keine Organisationsfrage, sondern es ist eine Existenzfrage.“ Die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig appellierte an die Delegierten: „Wir brauchen mehr Frauen. Lasst uns die Basis verbreitern. Wir wollen doch stark bleiben!“ Und Landtagspräsidentin Ilse Aigner mahnte: „Wir reden nicht über ein Reißverschlussverfahren oder eine Ausweitung auf die Ortsverbände, sondern nur, ob wir 40 Prozent Frauen auch in den Kreisvorständen haben.“ Die Partei brauche dieses Zeichen dringend.

Wenn wir uns die Wahlergebnisse anschauen, dann müssen wir feststellen: je weiblicher, je jünger, umso weniger CSU.

Florian Hahn

Staatsminister Florian Herrmann warnte: „Diejenigen, die Quoten ablehnen, sagen, es richtet sich alles von selber. Irgendwann werden wir schon genug Frauen in den Verbänden haben. Aber bis es soweit ist, wird sich die CSU von der Bevölkerung abgekoppelt haben.“ Vize-Generalsekretär Florian Hahn mahnte: „Wollen wir weiter machen wie bisher? Wenn wir uns die Wahlergebnisse anschauen, dann müssen wir feststellen: je weiblicher, je jünger, umso weniger CSU.“ In seinem Kreisverband habe man schon vor Jahren eine 50-Prozent-Quote für die Kreistagsliste eingeführt, was anfangs bei der Besetzung mit Frauen schwierig, aber heute schon viel einfacher geworden sei.

Es braucht mehr als nur Lippenbekenntnisse. Wir haben als CSU eine Holschuld, die Frauen kommen nicht von alleine.

Michaela Kaniber

Auch die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm erklärte: „Ich bin nicht mit einer Quote in die Partei gekommen. Aber wir sollten uns schon fragen, was geht von diesem Parteitag für ein Signal aus?“ Agrarministerin Michaela Kaniber outete sich, dass sie vor zehn Jahren „absolute Quotengegnerin“ gewesen sei. Das habe sich geändert: „Es braucht mehr als nur Lippenbekenntnisse. Wir haben als CSU eine Holschuld, die Frauen kommen nicht von alleine.“ Auch Frauen, die über eine Quote in Vorstände kommen, müssten sich im Übrigen bewähren und Leistung bringen. „Wenn man es nicht kann, ist man auch wieder weg“, so Kaniber.

Die Quotengegner setzen sich durch

Unter den Quotengegnern waren auch einige Frauen und junge Delegierte. Eine Offizierin der Bundeswehr und Vizevorsitzende der Jungen Union Bayern, Wiebke Hönicke, forderte: „Bitte machen Sie mich nicht zu einer Quotenfrau!“ Besser seien neue Veranstaltungsformate sowie mehr Aktionen und Kampagnen für Frauen.

„Man kann nicht die Grünen als Bevormundungspartei geißeln und dann eine Frauenquote einführen“, fasste Holm Putzke, CSU-Kreisvorsitzender in Passau und Jura-Professor, seine Kritik an der Quote zusammen. „Durch eine Quote werden andere Geschlechter diskriminiert“, so Putzke weiter. „Wir haben in der Partei das Leistungsprinzip, wir wollen die Besten. Und das ist mit Quoten nicht mehr gewährleistet.“ Es sei Sache der Kreisvorsitzenden, Frauen zu werben und zu fördern. Er tue das und in seinem Kreisverband liege die Quote schon bei 44 Prozent.

Wir brauchen das nicht. Diese Partei öffnet Frauen sämtliche Türen.

Robert Simm

„Das Narrativ vom bösen Mann, der keine Frau nach oben kommen lassen will, stimmt einfach nicht“, betonte Hannah Lotze. Ähnlich äußerte sich auch Robert Simm aus Dachau: „Wir brauchen das nicht. Diese Partei öffnet Frauen sämtliche Türen.“ Wer etwas werden wolle und etwas leiste, der komme auch so in Amt und Würden. „Die Maßnahme ist undemokratisch. Man muss nicht jeden Schmarrn mitmachen“, so Simm mit Blick auf die Grünen und deren Frauenquote. Das Ziel, das die Frauenquote habe, sei „wunderbar, aber mit der Brechstange geht das nicht.“

Wir brauchen keine Quoten, sondern Verständnis für die Frauen in der Partei.

Max Straubinger

Der Bundestagsabgeordnete Max Straubinger erklärte: „Wir brauchen keine Quoten, sondern Verständnis für die Frauen in der Partei, eine Haltungsänderung in den Verbänden.“ Straubinger weiter; „Ich mag nicht ständig mit dem Rechenschieber als Parteivorsitzender und als Kreisvorsitzender ausrechnen, wie wir die Quote erfüllen. Ich bin es leid, zu rechnen, ich will Politik machen.“ Manfred Krautkrämer aus Günzburg ergänzte: „Ich habe noch nie erlebt, dass eine qualifizierte Frau nicht gewählt wurde, nur weil sie eine Frau ist.“ Alexander Heimisch aus dem CSU-Kreisverband Eichstätt berichtete, fünf der acht Mitglieder seines Kreisverbands seien Männer, und stellte die Frage: „Wer von den fünf Männern muss dann gehen?“

Ein Kompromiss hilft

Mehrfach wurde bemängelt, wenn man eine Quote einführe, würden auch alle anderen Gruppen eine Quote fordern. Generalsekretär Blume entgegnete: „Wir haben nicht zu wenig Männer oder zu wenig Alte, das zeigen doch alle Wahlanalysen.“ Dagegen brauche es mehr Frauen und mehr Junge.

Aber auch nach zahlreichen weiteren prominenten Fürsprechern der Quote – darunter neben Markus Söder auch die Bezirksvorsitzenden Albert Füracker, Ilse Aigner, Andreas Scheuer sowie der Europapolitiker Manfred Weber, war absehbar, dass die Mehrheit der Delegierten diesem Plan nicht folgen wollte. Daraufhin schlug die Vorsitzende der Frauen-Union, Ulrike Scharf, die Soll-Regelung für die Kreisebene vor. Die seit zehn Jahren bestehenden verpflichtenden Quoten auf Landes- und Bezirksebene bleiben jedoch.

Wir als Volkspartei bauen Brücken und spalten nicht.

Markus Söder

Parteichef Söder unterstützte diesen Kompromissvorschlag. Die CSU sei für ihren Erfolg aber auf die Unterstützung von Frauen angewiesen – zuletzt habe sie bei Wahlen „verheerend“ besonders bei jungen Frauen abgeschnitten, betonte Söder. „Diese jungen Frauen brauchen bei uns eine Perspektive, auch eine Perspektive des Aufstiegs. In ein paar Jahren wird uns sonst der Nachwuchs fehlen.“ Eine Absage an die gesamte Parteireform würde die CSU zudem auf Jahre zurückwerfen. „Die CSU braucht ein Signal der Gemeinsamkeiten und nicht der Spaltung“, forderte der CSU-Vorsitzende. „Wir wollen Wahlen gewinnen. Wenn wir hier ablehnen, fühlen sich nicht nur die FU, die Frauen in den Kreis- und Bezirksverbänden, sondern alle Frauen vor den Kopf gestoßen.“

Abgeschwächt wurden auch die vorgesehenen verpflichtenden Vorstandsposten für junge Parteimitglieder. Auch hier gilt jetzt eine „Soll-Bestimmung“ .

Niemand kann sich mehr entziehen

Auch die Delegierten unterstützten daraufhin den Kompromiss. Dieser ist zwar nicht das, was der Leitantrag ursprünglich vorsah. Aber die von Max Straubinger geforderte Haltungsänderung wird damit mehr als deutlich in die Partei getragen. Dem Anspruch, 40 Prozent Frauen und einen jungen Stellvertreter in die Kreisvorstände zu bringen, wird sich wohl kaum noch ein CSU-Kreisvorsitzender entziehen können.

Mitgliedsbeitrag

Trotz Kritik blieb in der Schlussabstimmung die Erhöhung des Mitgliedsbeitrags von 70 auf 80 Euro in der 75 Punkte umfassenden CSU-Parteireform unangetastet.