Die Gastgeber und Mitdiskutanten (v.l.n.r.:) Florian Herrmann, MdL, Wolfgang Bosbach, MdB, CSK-Sprecher Thomas Goppel, MdL, und EAK-München-Bezirksvorsitzender Pfarrer Jonathan Kühn. (Foto: Tobias Kurzmaier)
CSK-Gesprächskreis

Sehnsucht nach klarer Kante

Die ChristSozialen Katholiken (CSK) in der CSU luden wieder zu ihrem regelmäßigen Gesprächskreis in den Bayerischen Landtag. Dieses Mal zu Gast war CDU-Bundestagsabgeordneter Wolfgang Bosbach. Sein Thema „Nicht links, nicht rechts, sondern gerade – über Geradlinigkeit in der Politik“ war gleichzeitig Programm: Immer wieder forderte er „Klarheit“ von der Politik und Politikern.

Als einen seiner „Lieblingspolitiker“ hieß der Landtagsabgeordnete und CSK-Sprecher Thomas Goppel, den Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach willkommen. Den Grund dafür lieferte Bosbach vielleicht sogar selbst: Zwei negative Phänomene, denen er nämlich in keinster Weise entspricht, seien, so der bekannte CDU-Politiker, für den Politikbetrieb dieser Tage symptomatisch: „Die wenigsten Politiker zeigen heutzutage klare Kante.“ Allgemeine Floskeln wie „Alles hat mit allem zu tun“ oder „Man muss das am besten vom Ende her denken“ höre man heute überall als Antwort in Interviews, bemerkte der in den Medien oftmals auch mit unbequemen Antworten auftretende Bosbach. Frühere Aussagen von Politikerkollegen hätten dagegen noch ganz anders geklungen, so Bosbach, der dabei an Franz Josef Strauß erinnerte: „Bei Franz Josef Strauß wusste man zum Beispiel immer, wofür und wogegen er stand. Solche Klarheit vermisse ich heute. Viele drücken sich ums Anecken und verzichten auf eigene Standpunkte, wo es geht.“ Für Bosbach, aber auch die zahlreichen Besucher der Diskussionsveranstaltung im Bayerischen Landtag, war klar: „Dazu gehöre ich nicht. Mich treibt die Sehnsucht nach Klarheit an und um.“

Plädoyer für mehr Inhalte, Verlässlichkeit und Beteiligung

Das zweite Phänomen, das Bosbach nach eigenen Angaben Sorge bereitet, er deshalb ebenso strikt ablehnt und ihm bei vielen Leuten Sympathien einbringt, laute: „Politiker richten sich immer mehr an einer Tagesnorm aus, einer momentanen Meinung, die ihnen von den Medien, vermehrt auch den sozialen Netzwerken, vorgegeben wird. Es herrscht ein Hang zur vordergründigen Dramatisierung. Wenn man Nachrichten schaut, entdeckt man Fehler kaum noch, dafür Skandale und Katastrophen.“ Hier müsse dringend gegengesteuert werden, damit auch endlich wieder mehr Menschen Verantwortung in Deutschlands Parteien übernähmen, forderte Bosbach und erläuterte zugleich: „Nur 1,8 Prozent, das heißt nur jeder 50. Bürger, bekennt sich als Mitglied zu einer Partei in Deutschland. Das ist viel zu wenig.“

Ähnlich besorgt zeigte sich Ehrengast Bosbach bei „zwei roten Fäden der letzten Jahre“, die ihn am meisten innerhalb der CDU umgetrieben hätten: zum einen die Frage „Wie verlässlich ist die Union in ihren Kernpunkten noch?“ und zum anderen „Was unterscheidet die Union heute noch von den anderen Parteien?“. Innenausschussvorsitzender Bosbach hat darauf für sich jedenfalls klare Antworten: „Inhalte zählen und das tatsächliche Vertrauen in der Wahlkabine. Der Bürger, wenn er denn überhaupt noch zur Wahl geht, hat nur Vertrauen in uns, die von ihm beauftragten Abgeordneten, wenn auf diese und ihre Zusagen Verlass ist. Vertrauen hat viel mit Verlässlichkeit zu tun, die auf dem Rücken der Geradlinigkeit daherkommt.“

Klare Position gegen Narrenfreiheit für Griechenland

Auch zur Griechenland-Thematik äußerte sich Bosbach: Alle Pläne und Entscheidungen, die hier erwogen würden, hätten im Ergebnis auf beiden Seiten auf Verlässlichkeit zu setzen. Der Wunsch nach solider Gegenseitigkeit habe mit Bockigkeit oder Profilierung nichts zu tun. Das erkläre auch, weshalb er als Abgeordneter im Bundestag nur dem ersten Rettungspaket zugestimmt habe und dem folgenden nicht mehr. „Furchtbar“ und „kontraproduktiv“ nannte Bosbach in diesem Zusammenhang das Wort „alternativlos“ in Bezug auf die Griechenland-Politik: „Wenn es in der Politik keine Alternativen mehr gibt, dann ist das das Zugeständnis des Scheiterns.“ Vor allem zu kritisieren sei auch, so Bosbach weiter, dass es unredlich gewesen sei, dem Kreditnehmer Griechenland immer mehr und immer neue Kredite zu gewähren. „Wie soll Griechenland jemals den Schuldenberg von 240 Milliarden Euro zurückbezahlen? Inzwischen beschert uns die Vorgehensweise unerfreuliche Schuldnerabhängigkeit. Handlung und Haftung gehören stets zusammen“, stellte Bosbach klar und verdeutlichte gleichzeitig: „Europa besteht nicht nur und erst mit dem und durch den Euro. Europa ist zuvorderst Frieden und Einheit. Das ist der größte Gewinn unserer Völkergemeinschaft.“

Deutsche sollten lieber feiern anstatt zu mäkeln

Für Deutschland hatte Bosbach ebenfalls noch einen Rat parat: „Wir Deutschen müssen endlich wieder lernen, uns so richtig von Herzen zu freuen – und das nicht nur beim Gewinn einer Fußballweltmeisterschaft. Leider ist das mehrheitliche Empfinden der Landsleute mittlerweile ein völlig anderes und verlangt für jede Lösung ein passendes Problem.“ Die aktuelle Demonstrationsfreudigkeit der Deutschen sei für ihn daher nur marginal. Denn außerdem gelte: „Deutschland ist aus den Zeiten des Nato-Doppelbeschlusses anderes gewöhnt.“ Er, Bosbach, wünsche sich deshalb viel mehr, dass seine Mitbürger diesen Herbst anlässlich des 25. Jubiläums der Deutschen Wiedervereinigung annähernd deutlich wie beim Demonstrieren zum Feiern auf die Straßen gingen.

Für seine ermutigenden gleichwie mahnenden Worte bekam Bosbach nicht nur von den Zuhörern Applaus, sondern auch ein „Dankeschön“ in Form eines Bildbands über das Kloster Fürstenfeld von Gastgeber Goppel ausgehändigt. Auch in der anschließenden offenen Diskussion positionierte sich Bosbach deutlich. Ähnlich breitgefächert wie die Themen seines vorangegangenen Vortrags waren diese auch hier: Von Streikrecht über Pressefreiheit bis hin zur Flüchtlingsdebatte und Über-Lebens- statt Sterbehilfe kamen zahlreiche aktuelle wie wichtige und komplexe Themen zur Sprache.