BAYERNKURIER: Herr Eiber, Sie sind ‚der Neue‘ an der Spitze des RCDS in Bayern. Ganz neu sind Sie allerdings nicht, immerhin waren sie zuvor schon stellvertretender Landesvorsitzender. Dennoch die Frage: Was ändert sich unter Ihrer Führung bei Bayerns größtem politischen Studentenverbund?
Alexander Eiber: Zunächst einmal stelle ich fest. Meine Vorgänger haben eine Grundlage geschaffen, auf der ich mit dem neuen Landesvorstand aufbauen kann. Ich habe es auch in meiner Antrittsrede bei der Delegiertenversammlung schon gesagt: Es sind nicht nur Anekdoten aus alter Zeit, wenn man hört, dass RCDS-Vorsitzende in Moskau waren, um dort über Bildungspolitik zu sprechen, oder dass der RCDS in der New York Times Erwähnung findet. Wir wollen auch weiterhin Akzente setzen und präsent sein. Wir sehen uns als ‚Seismograph‘ an den Universitäten. Unsere Mitglieder sind vor Ort aktiv – und die Arbeit, die der RCDS leistet, nutzt nicht nur den Studenten, die bei uns dabei sind. Sie nutzt all unseren Kommilitonen. Wir müssen den Blick nach vorne richten und dafür sorgen, dass politische Entscheidungen in der Bildungs- und Hochschulpolitik möglichst oft die Handschrift des RCDS tragen. Unser Verband muss die Probleme identifizieren und Lösungen anbieten. Darin sehe ich die Hauptaufgabe des RCDS.
BAYERNKURIER: Der RCDS ist mit 1.500 Mitgliedern der größte Studentenverbund in Bayern und der größte Landesverband innerhalb des gesamten RCDS. Daraus erwächst ja auch eine große Verantwortung. Gibt es an den Universitäten Verbündete für Ihre Organisation?
Eiber: Ich würde sogar sagen, wir sind nicht nur der größte Verband, sondern auch der relevanteste. Genau genommen ist es an Bayerns Universitäten so: Es gibt den RCDS auf der einen, und diverse kleinere, eher linke Gruppierungen auf der anderen Seite. Von denen grenzen wir uns klar ab. Wir wollen keine neue Gesellschaftsordnung, und wir kritisieren an diesen Gruppierungen, dass sie die Hochschulpolitik für diesen Zweck instrumentalisieren. Wir wollen konkrete Probleme beschreiben und sie lösen – und das unterscheidet uns von diesen Verbänden. Wenn wir in der Hochschulpolitik keine größeren Probleme haben als die Debatte um Unisex-Toiletten oder das Gendern von Redner-Listen, dann geht es uns ja eh ausgesprochen gut. Man darf nicht vergessen: Die studentischen Mitbestimmungen haben auch Mitspracherechte bei wirklich wichtigen Gremien – etwa, wenn es um die Verteilung von Geldern geht. Da wollen wir vernünftige Akzente setzen und uns nicht mit Unisex-Toiletten aufhalten. Unser Schwerpunkt ist pragmatisch und nicht ideologisch.
BAYERNKURIER: Welches Thema beschäftigt Sie und andere Hochschulpolitiker denn zur Zeit am meisten? Und gibt es außer der Hochschulpolitik noch andere politische Bereiche, zu denen sich der RCDS äußert?
Eiber: Ich denke, da geht es uns so wie dem gesamten Rest unserer Gesellschaft: Das Thema Integration überstrahlt aktuell alles. Und auch hier ist der RCDS aktiv und äußert sich – allerdings stets in einem hochschulpolitischen Kontext. Denn Integration findet auch an Universitäten statt. Da ist beispielsweise die Frage, ob Asylbewerber studieren können sollten, oder wie wir diejenigen, die schon länger in Deutschland sind, besser integrieren können. Um bei der Integration Akzente zu setzen, haben wir einen Leitantrag beschlossen. Wir brauchen an Bayerns Hochschulen endlich ein einheitliches Konzept. Bislang kochen Gruppierungen, wie etwa „Campus Asyl“, ihre ganz eigenen Süppchen. Wir aber sagen: Wir brauchen im Freistaat ein einheitliches Vorgehen, wie wir bestimmen können, ob die, die zu uns kommen, studieren dürfen oder nicht.
Wie soll ich einem Realschüler erklären, dass der Asylbewerber einen Uni-Eignungstest machen darf, aber er nicht? Das ist hochgefährlich.
Alexander Eiber
BAYERNKURIER: Wie ist die Situation denn zur Zeit?
Eiber: Das Bundesbildungsministerium hat kürzlich Pläne verlautbaren lassen, wonach Asylbewerber einen Eignungstest ablegen sollen, anhand dessen man dann bestimmt, ob er oder sie studieren darf. Wohlgemerkt: Das gilt für Leute, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nicht durch Zeugnisse nachweisen können. Ich bin davon überzeugt, dass das der falsche Weg ist. Denn dieses Vorgehen birgt das Potenzial, zu einer echten Neiddebatte zu führen. Wie soll ich einem Studenten erklären, dass er zwölf Jahre Gymnasium absolvieren muss, um zu studieren, während andere nur mit einem Eignungstest die Zugangsberechtigung erhalten? Wie soll ich einem deutschen Realschüler erklären, dass er den Eignungstest nicht machen darf, aber der Asylbewerber ohne Zeugnisse schon? Da begeben wir uns auf gefährliches Terrain, das halte ich für falsch. Da droht eine Art ‚Diskriminierung der Inländer‘.
BAYERNKURIER: Welche Lösung schlägt des RCDS vor?
Eiber: Wir haben vorgeschlagen, statt eines Eignungstests für Asylbewerber eine Art Schulausbildung einzuführen, etwa in Form einer Abendschule. Das würde einen wesentlich längeren Zeitraum in Anspruch nehmen und fundierter darlegen, ob jemand die Berechtigung zum Hochschulstudium erhalten sollte oder nicht. Über ein „Abendkolleg“ kann man die Berechtigung wesentlich klarer feststellen. In jedem Fall könnte man auch deutschen Studienanwärtern eine „Abendschul-Lösung“ für Flüchtlinge besser erklären, als einen simplen Eignungstest.
BAYERNKURIER: Wir erleben in unserer Gesellschaft eine zunehmende Radikalisierung – sowohl auf der rechten, als auch auf der linken Seite des politischen Spektrums. Ist davon auch im ‚Mikrokosmos Universität“ etwas zu spüren?
Eiber: Das Thema Asyl befeuert diese zunehmende Radikalisierung leider schon. Allerdings stelle ich fest, dass diese Zuspitzung der Situation ausschließlich von Gruppierungen betrieben wird, die aus ideologischen Gründen handeln. Sie vergiften die Debatte zur Zeit. Allerdings ist das eigentlich auch nichts Neues: Mit ideologischen Scheuklappen hat noch niemand zur Lösung eines Problems beigetragen – auch nicht an der Universität.
BAYERNKURIER: Zwischen CDU und CSU, aber auch zwischen den Jugendorganisationen der beiden Parteien gibt es seit Monaten immer wieder unterschiedliche Auffassungen, gerade bei der Flüchtlings- und Asylpolitik. Wie steht es denn um die Zusammenarbeit des bayerischen RCDS-Landesverbands mit der Bundesvereinigung?
Eiber: Wir arbeiten gut zusammen. Allerdings kann es schon auch mal unterschiedliche Auffassungen geben. Das kommt auf das Thema an. Bei der Bafög-Novelle etwa ist man sich einig Polarisierender ist natürlich das Asylthema. Da gibt es durchaus auch Reibereien. Erst im Februar hat der Bundesverband kurzerhand einen Beschluss gefasst, in dem der RCDS den Verzicht auf nationale Maßnahmen zur Flüchtlingseindämmung und den Fokus auf den Schutz der EU-Außengrenzen gefordert hat – und das, ohne mit irgendeinem Landesverband vorher zu sprechen, schon gar nicht mit dem Bayerischen. Stattdessen lief der Beschluss über den internationalen Dachverband IDS, zu dem der RCDS gehört. Das war ein Punkt, wo ich sage: Das kann man vielleicht mit anderen RCDS-Landesverbänden machen, aber nicht mit dem RCDS in Bayern. Da darf man sich auf Bundesseite dann nicht wundern, dass Bayern eine andere Position hat – nämlich die, dass nationale Maßnahmen sehr wohl eine gute Option sind.
BAYERNKURIER: Werden solche Differenzen offen angesprochen?
Eiber: Von bayerischer Seite auf jeden Fall. Mein Vorgänger hat dies in aller Klarheit getan, und ich werde das in Zukunft auch tun. Sehen Sie: Ich bin von den bayerischen RCDS-Delegierten gewählt, und ihnen bin ich Rechenschaft schuldig – nicht dem Bundesverband, und auch keiner anderen Partei.