Im Zentrum der Unfreiheit: China zensiert alles und jeden. (Bild: Andrey Zametalov/Fotolia)
Pressezensur in China

Eine unmissverständliche Botschaft

Sieben Jahre Haft wegen „Verrats von Staatsgeheimnissen“. So lautet das Urteil gegen die kritische chinesische Journalistin Gao Yu.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Sie habe „illegal Staatsgeheimnisse an Ausländer weitergegeben“. Berichten zufolge handelt es sich dabei um das „Dokument Nr. 9“. Das Schriftstück listet Bedrohungen für die Kommunistische Partei des Landes auf und warnt unter anderem vor den Gefahren einer Pressefreiheit nach westlichem Vorbild und universellen Menschenrechten.

Geständnis widerrufen

Die angeklagte Journalistin bestritt bis zuletzt vehement, das ohnehin weitgehend frei kursierende Dokument weiter verbreitet zu haben. Ein zwischenzeitliches Geständnis, das in einem ­Video in Chinas Staatsfernsehen CCTV ausgestrahlt wurde, ­widerrief sie. Dieses sei ihr durch Drohungen gegen ihren Sohn abgepresst worden. Im Prozess war ein neues, strengeres Gesetz zum Schutz von Staatsgeheimnissen angewendet worden. Mit diesem geht die Volksrepublik gegen die Pressefreiheit im Land vor.

Ende März legte die US-Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) ein umfassendes Lagebild dazu vor. Darin beschuldigt sie die Regierung unter Parteichef Xi Jinping, systematisch Aktivisten zu verfolgen, die für grundlegende Freiheitsrechte eintreten. CHRD zählt Fälle von mehr als 950 Betroffenen auf, die seit Ende 2012 in Haft kamen. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) sitzen in China im Augenblick 44 Journalisten in Haft.

Beleg für kommunistische Alleinherrschaft

Auch Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigte sich empört über das harte Urteil. „Gao Yu ist das Opfer eines politischen Prozesses, dessen Ergebnis von Anfang an feststand“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Dieses Urteil ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Kommunistische Partei Chinas gnadenlos jeden bestraft, der ihre Alleinherrschaft kritisiert.“

Urteil entbehrt jeder Grundlage

Gao Yu, die bereits in der Vergangenheit mehrmals in Haft saß, gehört zu den renommiertesten Journalisten Chinas und wurde mehrmals mit internationalen Auszeichnungen geehrt. Zuletzt arbeitete sie als freie Autorin, auch für die Deutsche Welle. „Ich bin bestürzt über das harte Urteil gegen Gao Yu. Diese drakonische Strafe gegen die 71-jährige Journalistin entbehrt aus unserer Sicht jeder Grundlage“, sagte Peter Limbourg, deren Intendant.

Er kündigte an, als Reaktion auf das harte Urteil die Verhandlungen mit dem chinesischen Staatsfernsehen über technische Kooperationen im Kulturbereich vorerst auszusetzen. Als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Gesprächsfadens nannte er, „dass sich die Haltung der chinesischen Regierung gegenüber kritischen Journalisten, Bloggern und Andersdenkenden insgesamt erkennbar zum Positiven verändert.“ Wie dringend notwendig das ist, zeigt die Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Auf dieser steht China auf Platz 176 von 180 Ländern.

Michael Kniess