Immaterielles Kulturerbe: Sennfelder und Gochsheimer Friedensfest. (Bild: Steffen Leiprecht/fkn)
Brauchtum

Elfmal bayerisches Welterbe

In Berlin sind elf bayerische Traditionen in das Immaterielle Welterbe der UNESCO aufgenommen worden: Vom bayerisch-böhmischen Volkstanz Zwiefacher bis zur Weidehaltung im Allgäu, vom Tölzer Leonhardiritt bis zur Osing-Verlosung in Mittelfranken.

Elf bayerische Traditionen, Brauchtümer oder traditionelle Veranstaltungen sind feierlich ins Kulturerbe der UNESCO aufgenommen worden: Der ziemlich komplizierte Volkstanz „Zwiefacher“ gehört ebenso dazu wie der Leonhardiritt in Bad Tölz oder das Wunsiedler Brunnenfest. In Berlin haben Kultur-Staatsministerin Monika Grütters (CDU), die brandenburgische Kultusministerin Martina Münch (SPD) und Christoph Wulf, Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, bundesweit 36 Verbänden und Initiativen die Urkunden zur Aufnahme in das deutsche Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UN-Kulturorganisation überreicht – darunter elf aus Bayern.

Der Zwiefache beispielsweise ist eine bayerisch-böhmische Tanzmusik: Seine Besonderheit liegt im raschen und unregelmäßigen Wechsel zwischen Dreiviertel- und Zweivierteltakt, teilweise auch Dreiviertel- und Viervierteltakt. Entsprechend wechseln die Tänzer immer wieder zwischen Dreher- und Walzerrundtanz ab. Auch die Sennfelder und Gochsheimer Friedensfeste aus Unterfranken dürfen sich künftig dem erlauchten Kreis des Immateriellen Kulturerbens zugehörig fühlen, genauso die historischen Festspiele „Kinderzeche“ in Dinkelsbühl und „Meistertrunk“ in Rothenburg ob der Tauber – beide in Mittelfranken.

Siebenerwesen und Spitzenklöppeln

Ausgezeichnet wurden ebenso das Feldgeschworenenwesen in ganz Bayern, auch genannt „Siebener“, also die ehrenamtlichen Hüter der Grenzen in Gemeinden, sowie die Osing-Verlosung, eine 550 Jahre alte genossenschaftliche Tradition in der Nähe von Bad Windsheim, bei der bis heute alle sieben Jahre die Bewirtschaftung der Flurstücke eines Hügelgebiets zwischen den Bauern aus vier Ortschaften ausgelost wird. Aufgenommen wurden auch die Tölzer Leonhardifahrt, der Traunsteiner Georgiritt und der historische Schwerttanz – ebenfalls im oberbayerischen Traunstein.

Die Anerkennungsurkunde erhielten auch das Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald sowie der innerstädtische Erwerbsgartenbau im oberfränkischen Bamberg: Bereits seit dem 14. Jahrhundert werden auf dem fruchtbaren Boden mitten in Bamberg Gemüse und Kräuter angebaut. Ins Register guter Praxis-Beispiele schafften es desweiteren die hochalpine Allgäuer Alpwirtschaftskultur in Bad Hindelang sowie die Erforschung und Dokumentation von Flur- und Hausnamen in Bayern. Als innovatives und erfolgreiches Projekt wird die hochalpine Allgäuer Alpwirtschaftskultur in Bad Hindelang geehrt.

Berücksichtigt wurde auch das Brunnenfest im oberfränkischen Wunsiedel, das auf eine Legende aus dem 18. Jahrhundert zurückgeht: Als das Wasser nach einer Dürre wieder floss, schmückten die Wunsiedler ihre 35 Brunnen aus Dankbarkeit mit Kränzen und Blumen. Heute sind dafür die Brunnengemeinschaften zuständig, die aus Vereinen, Anwohnern, Firmen, Kindergärten und Schulen sowie interessierten Wunsiedlern bestehen. Das Brunnenfest findet stets am Wochenende rund um Johannis statt.

Deutsche Welterbe-Liste führt derzeit 68 Einträge

Die UNESCO unterstützt seit 2003 Schutz, Dokumentation und Erhalt von Kulturformen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Die Auszeichnung bekommen laut UNESCO lebendige Traditionen, Ausdrucksformen, menschliches Wissen und Können sowie darstellende Künste in aller Welt, die erhalten werden sollen. Mehr als 400 Bräuche, Darstellungskünste, Handwerkstechniken und Naturwissen aus aller Welt wurden bisher aufgenommen. Bis heute sind 171 Staaten der Unesco-Konvention zum immateriellen Kulturerbe beigetreten. Jedes Beitrittsland erstellt ein nationales Verzeichnis. In Deutschland sind derzeit darin 68 Kulturformen verzeichnet.

Das Immaterielle Welterbe ist nicht mit dem UNESCO-Weltkulturerbe zu verwechseln, das ausschließlich Baudenkmäler, Stadtensembles sowie Kultur- und Naturlandschaften umfasst. Die Aufnahme in das Bayerische Verzeichnis erfolgte bereits im November 2016, in das Bundesweite Verzeichnis im Dezember. Doch erst jetzt wurden die Urkunden überreicht.