Traditioneller Hammerschlag bei der Grundsteinlegung des Sudetendeutschen Museums. (Bild: StMAS / Alexander Göttert)
Sudetendeutsches Museum

Freundschaft, Dialog und ein Böhmerlandmotorrad

München darf sich in zwei Jahren mit einer neuen Kulturinstitution schmücken: der Grundstein für das Sudetendeutsche Museum ist gelegt. Das Museum für Bayerns "Vierten Stamm" gilt als zentrales Vorhaben bayerischer Vertriebenenpolitik. Es soll vor allem auch ein Angebot an die Jugend sein.

Das neue Sudetendeutsche Museum soll an das schon bestehende Sudetendeutsche Haus angebaut und mit diesem verbunden werden. Ministerpräsident Horst Seehofer hat den Bau des Sudetendeutschen Museums zum wichtigen Baustein der Vertriebenenpolitik erklärt. Bei der Grundsteinlegung am 16. September bezeichnete er das Vorhaben als „Herzensanliegen“.

Das kulturelle Erbe der Sudetendeutschen, der großartige Beitrag, den sie zum Aufstieg Bayerns vom Agrarland zum Vorzeigeland in Deutschland geleistet haben, aber auch mit welcher Kraft und menschlicher Größe sie das Schicksal der Vertreibung gemeistert haben – all das wollen wir gerade für die jungen Menschen und künftige Generationen bewahren.

Horst Seehofer, bayerischer Ministerpräsident

Zusammen mit dem angrenzenden Sudetendeutschen Haus und dem Haus des Deutschen Ostens soll das Museum zum neuen Zentrum für die Kulturpflege der deutschen Heimatvertriebenen werden. Seehofer bezeichnet das bayerisch-tschechische Verhältnis als „entspannt und gutnachbarschaftlich“. Die Sudetendeutschen hätten viel dazu beigetragen. Denn trotz ihrer Vertreibungsgeschichte hätten sie immer wieder den Kontakt und den Austausch mit den Menschen in der alten Heimat gesucht, sagt er.

Das neue Museum der Sudetendeutschen Stiftung wird über Geschichte, Kultur, Leistung und Schicksal der Deutschen in den Böhmischen Ländern informieren. Es soll andere bundesweite Museen oder Dokumentationsstätten ergänzen, wie das Pommersche Landesmuseum in Greifswald oder das schlesische Landesmuseum in Görlitz. Auch an den Nachhaltigkeitsaspekt wurde bei der Konzeption gedacht. So soll durch die geplante Photovoltaikanlage auf dem Dach jährlich eine Tonne CO2 eingespart werden.

„Sudetendeutsche haben Bayern stark gemacht“

Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat bei der Grundsteinlegung die Bedeutung der Sudetendeutschen als vierten Stamm Bayerns hervorgehoben. Bayern habe den Sudetendeutschen unendlich viel zu verdanken, da sie in ihrer neuen Heimat mit angepackt hätten.

Die Sudetendeutschen haben mit ihrem Fleiß, ihren Kenntnissen und Fähigkeiten einen bedeutenden Anteil daran, dass der Freistaat heute wirtschaftlich so stark, kulturell so blühend und demokratisch so stabil ist, wie es nach den Schrecken des Krieges unvorstellbar schien. Die politischen Verantwortungsträger – die Bayerische Staatsregierung wie der Bayerische Landtag – haben den historischen Worten Wilhelm Hoegners, in denen er die Sudetendeutschen 1956 mit Fug und Recht als vierten bayerischen Stamm bezeichnet hat, Taten folgen lassen und stehen seit Jahrzehnten solidarisch an der Seite der Sudetendeutschen.

Barbara Stamm, Präsidentin des Bayerischen Landtags

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Wilhelm Hoegner hatte bereits 1956 die Sudetendeutschen als vierten bayerischen Stamm bezeichnet, ein Begriff, der sich längst „eingebürgert“ hat. Sozialministerin Emilia Müller betonte jetzt, dass das Museum vor allem ein Ort der Begegnung und des Dialogs sein soll.

Ich bin überzeugt, dass es ein wichtiger Ort wird, der Schicksal, Geschichte und Kultur der Sudetendeutschen lebendig im Bewusstsein hält. Das Museum soll vor allem aber auch ein Ort der Begegnung und des Dialogs sein – auch mit unseren tschechischen Nachbarn.

Emilia Müller, bayerische Sozialministerin

Böhmerlandmotorrad und Völkeraustausch

Ziel sei es auch, zu zeigen, was die sudetendeutsche Volksgruppe im böhmisch-mährisch-schlesischen Raum Besonderes hervorgebracht habe. Das sagte der Vorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, Ortfried Kotzian, dem Bayerischen Rundfunk. Zu seinen Glanzstücken zählt er das Böhmerlandmotorrad. Ein Modell, das vor allem zwischen den Kriegen in Böhmen hergestellt wurde, sowie ein Webstuhl aus dem Riesengebirge. Hier werde es aber nicht nur um Vitrinen und Erinnerungsgegenstände gehen, erklärte der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, der langjährige Europaabgeordnete Bernd Posselt.

Hier geht es nicht nur um Vitrinen und Erinnerungsgegenstände, sondern um ein lebendiges Zentrum für eine trotz Vertreibung sehr lebendige Volksgruppe, die derzeit gerade den Übergang in die nachwachsenden Generationen schafft.

Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe

Die Einrichtung werde eine Verneigung vor der Erlebnisgeneration und gleichzeitig ein Angebot an die Jugend sein. Sie diene der Zukunft, in dem sie Impulse für die Aktivitäten gebe und vor allem auch den grenzüberschreitenden Dialog mit dem tschechischen Volk vorantreibe, der jetzt so richtig Fahrt aufgenommen habe, sagte Posselt.

2018 soll es soweit sein und das Museum seine ersten Besucher empfangen. Die Pflege der tschechisch-bayerischen Freundschaft lässt sich der Freistaat Bayern etwas kosten: für die Errichtung des Museums stellt er insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung. Den laufenden Betrieb des Museums unterstützt Bayern pro Jahr mit einer Million Euro. Der Bund beteiligt sich am Bau mit bis zu zehn Millionen Euro.