Fast jeder dritte Schüler wurde misshandelt
Der Zwischenbericht des Beauftragten zur Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen bei den Regensburger Domspatzen, Ulrich Weber, fördert schockierende Zahlen zutage: Beinahe jeder dritte Schüler des renommierten Gymnasiums wurde zwischen 1953 und 1992 verprügelt oder sexuell missbraucht - und die Dunkelziffer könnte, so befürchtet Weber, noch wesentlich höher sein.
Regensburger Domspatzen

Fast jeder dritte Schüler wurde misshandelt

Der Zwischenbericht des Beauftragten zur Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen bei den Regensburger Domspatzen, Ulrich Weber, fördert schockierende Zahlen zutage: Beinahe jeder dritte Schüler des renommierten Gymnasiums wurde zwischen 1953 und 1992 verprügelt oder sexuell missbraucht - und die Dunkelziffer könnte, so befürchtet Weber, noch wesentlich höher sein.

Bei den Regensburger Domspatzen hat es wesentlich mehr Misshandlungsfälle gegeben als bisher angenommen.

Von 1953 bis 1992 seien mindestens 231 Kinder von Priestern und Lehrern des Bistums verprügelt oder sexuell missbraucht worden, sagte der vom Bistum Regensburg und dem Knabenchor mit der Klärung des Skandals beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber. „Die sexuellen Übergriffe reichten von Streicheln bis zu Vergewaltigungen“, berichtete der Rechtsanwalt bei der Vorstellung seines Zwischenberichts in der Domstadt.

Jeder Dritte Schüler betroffen – Dunkelziffer womöglich deutlich höher

Neben den 231 Gewaltopfern hat Weber bisher 60 mutmaßliche Opfer sexuellen Missbrauchs erfasst. Zehn ehemalige Lehrer und Aufsichtspersonen werden in dem Bericht beschuldigt, Kinder missbraucht zu haben – bei vieren der mutmaßlichen Täter hält Weber die Vorwürfe für „hochplausibel“. Die meisten der Misshandlungen, so berichtet der Sonderermittler, seien in der früheren Vorschule der Domspatzen in Etterzhausen und dann in Pielenhofen bei Regensburg begangen worden.

Weber geht davon aus, dass die Dunkelziffer der misshandelten Kinder noch deutlich höher liegt. Er rechnet damit, dass etwa jeder Dritte der rund 2100 Vorschüler zwischen 1953 bis 1992 unter körperlicher Gewalt litt.

Was wusste Georg Ratzinger?

Der Rechtsanwalt sagte außerdem, es müsse damit gerechnet werden, dass der langjährige Leiter der Chors und Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., Georg Ratzinger, von den Vorkommnissen gewusst hatte. „Davon muss ich ausgehen“, sagte Weber. Der heute 91–jährige Georg Ratzinger war 30 lang, bis 1994, Domkapellmeister und Leiter des weltberühmten Knabenchores. Bisher hat er noch nicht auf die Vorwürfe reagiert.

Zwischenbericht mit Verspätung

Der Zwischenbericht Webers war seit mehreren Monaten erwartet worden. Noch im November hatte der Sonderermittler um mehr Zeit gebeten, weil sich immer wieder Betroffene mit neuen Details und Anschuldigungen bei ihm gemeldet hätten. Das Bistum Regensburg hatte sich daraufhin bereit erklärt, den Opfern ein Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 2.500 Euro zu zahlen.

Die Regensburger Domspatzen sind einer der bekanntesten und renommiertesten Knabenchöre der Welt.