Neue Wohnungen: Es gibt bei den Baufertigstellungen große Unterschiede zwischen den Regionen. Bild: Gina Sanders, Fotolia
Zu wenig Neubauten

Wohnraum immer knapper

Der Zuzug von EU-Bürgern nach Deutschland und der anhaltende Flüchtlingsstrom machen den Wohnraum in der Bundesrepublik immer knapper. Das Berliner Institut für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen (ifs) fordert von der Politik nun Klarheit über die Zuwanderung.

Die Zahl ist gewaltig: Für 420000 Menschen würde pro Jahr zusätzlicher Wohnraum benötigt, sollte die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegene Zuwanderung und Flüchtlingszahl anhalten, rechnet das ifs vor. Blickt man auf die aktuellen Wohnungsbauzahlen, ist Deutschland darauf nicht vorbereitet: Nach Angaben des Instituts wurden 2014 rund 285000 Wohnungen genehmigt. 34000 davon werden in bestehenden Gebäuden geschaffen, zum Beispiel durch Dachausbauten. Von den übrigen 251000 genehmigten Wohnungen in Neubauten wiederum entfallen 107000 auf Ein- und Zweifamilienhäuser, 72000 werden Eigentumswohnungen. Es verbleiben also gerade einmal 56000 neu genehmigte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die von Unternehmern und anderen Investorengruppen gebaut werden. Wenn überhaupt, dürften nur sie für Zuwanderer bezahlbar sein.

Auf den nur langsam wachsenden Wohnraum treffen derweil immer mehr Menschen. Laut ifs wächst die Bevölkerung in Deutschland bereits im fünften Jahr. Einem negativen Saldo aus Geburten und Sterbefällen von etwa 210000 steht demnach ein Saldo aus Zuzug und Wegzug aus dem Ausland von 470000 Menschen gegenüber. Insgesamt mache dies für das Jahr 2014 einen Zuwachs von 260000 Menschen aus, „die zumeist aus EU-Ländern stammen“, heißt es.

Leerstandsreserve reicht nur kurzfristig

Der aktuelle Flüchtlingsstrom verschärft das Problem: Das ifs rechnet in diesem Jahr mit zusätzlichen 160000 Menschen, die eine Wohnung benötigen. Halte diese Entwicklung an, würden es künftig 420000 werden.

Immerhin hat Deutschland eine sogenannte Leerstandreserve von bundesweit rund 1,8 Millionen Wohnungen (Zensus 2011). Mit ihr könnte der starke Zuzug aber nur über einen kurzen Zeitraum gedeckt werden. Neu errichtete Wohnungen kämen derweil „für diese Personengruppen in aller Regel“ nicht in Betracht. Das Institut fordert daher, „Umzugsketten in Gang zu setzen“: Gut verdienende Haushalte müssten sich dabei durch den Bezug eines eigenen Hauses oder einer Neubau(eigentums)wohnung verbessern und zugleich eine preiswertere Bestandswohnung freimachen. Für diese „Sickereffekte“ sei Wohnungsneubau vor allem in Wachstumsregionen mit einem breiten Arbeitsmarktangebot erforderlich.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht bei der Lösung des Problems auch den Bund, Gemeinden und Kirchen in der Pflicht. Der Bund müsse mit den Ländern unverzüglich Verhandlungen über die finanzielle Unterstützung für dauerhafte Wohnraumversorgung anerkannter Flüchtlinge aufnehmen. An Gemeinden und Kirchen appellierte Herrmann, geeignete Flächen für den Wohnungsbau bereit zu stellen. Noch im Mai will Bayern eigene Maßnahmen zur Ankurbelung des Wohnungsmarktes prüfen.