Agrarminister Helmut Brunner zum Start der Info-Kampagne mit der bayerischen Milchkönigin Susanne Polz. Foto: Baumgart/StMELF
Milchpreisverfall

Für ein paar Cent mehr

Mit pfiffigen Slogans, Hinguckern und Fernsehspots will Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner den Verbrauchern den Mehrwert heimischer Milch verdeutlichen. „Wir wollen den Menschen vor Augen führen, wie wertvoll unsere Milch ist und welche vielfältigen Leistungen sie für den Milchpreis darüber hinaus bekommen“, so der Minister zum Auftakt.

„Fair Trade auch dahoam!“ und „Spart uns nicht die Bauern weg!“, das sind die Slogans. Denn die Milchbauern liefern laut Brunner nicht nur ein hochwertiges Produkt, sondern pflegen und erhalten auch die heimische Kulturlandschaft. Jeder Kauf von Milch und Milchprodukten aus der Region sei daher ein „Votum für Frische, Qualität und Heimatverbundenheit“. Und angesichts der schwierigen Situation auf dem Milchmarkt entscheide jeder Kauf auch über die Zukunft der Milcherzeugung in Bayern. Die Aktion soll den Verbrauchern daher auch signalisieren, dass die Milchbauern einen angemessenen Preis für ihr hochwertiges Produkt benötigen. Mit rund 33.000 Milcherzeugern und 1,22 Millionen Milchkühen ist Bayern das bedeutendste Milchland Deutschlands. Die Kampagne mit den vier Motiven und Botschaften wird nicht nur in vielen bayerischen Tageszeitungen zu sehen sein, sondern landesweit auch auf Großflächen, RVO-Bussen, im Regionalfernsehen sowie auf weiteren Werbeträgern.

Der Preisverfall der Milch

Seit zwei Jahren kennt der Milchpreis nur eine Richtung: nach unten. Müssen die Bauern schon seit längerem mit Preisschwankungen leben – diese Phase sinkender Preise belastet sie bereits besonders lang. So sanken die Auszahlungspreise in Bayern von Januar 2014 bis August 2015 um über 11 Cent je Kilogramm oder 27 Prozent. 2013 lag der Netto-Durchschnittspreis für die Bauern noch bei 37,4 Cent pro Kilo, 2014 bei 38,75 Cent und 2015 liegt er nur noch bei geschätzt unter 31,5 Cent. Zur Zeit liegt er sogar nur bei 25-27 Cent. Laut dem Bauernverband bräuchte es aber eigentlich einen Pries von mehr als 40 Cent pro Kilo, um kostendeckend arbeiten zu können. Als zukunftssichernd und leistungsgerecht gilt ein Preis von 50 Cent. Selbst der Krisengipfel der Agrarminister von Bund und Ländern Anfang Oktober in Fulda brachte keine Lösung des Problems.

Zu viel Masse, zu wenig Klasse, üble Discounter – und ein Embargo.

Die Aufhebung der EU-Milchquote gilt als eines der Probleme der Milchviehhalter. Der Wettbewerb innerhalb der Europäischen Union nimmt seitdem zu und immer mehr Milch wird produziert. Dazu kommen verschiedene Handelshemmnisse – wie das von Russland verhängte Handelsembargo gegen den Westen und die derzeit überraschend geringe Nachfrage aus China nach EU-Milchpulver und anderen Milchprodukten. Auch gibt es momentan einfach zu viel Milch auf dem Markt, weil insbesondere Neuseeland sehr viel Milch produziert. Große Discounter nutzen die sinkenden Preise, um ihrerseits dann noch einmal den Preis zu drücken. Immerhin haben nach öffentlichen Protesten der Landwirte zwei große Discounter den Milchpreis angehoben, um (angeblich) den Bauern mehr Geld zukommen zu lassen. Es gibt jedoch schon Stimmen, die diese Preiserhöhung nur als „öffentlichkeitswirksame PR-Kampagne“ abtun, mit denen nur die Discounter mehr Gewinne einfahren, bei den Bauern jedoch wenig bis gar nichts davon ankommt. Auch kämpfen die Landwirte mit dem Mindestlohn für ihre Angestellten. Und: Bis eine Kuh Milch gibt, dauert es zwei Jahre. Die Folgen sind vielerorts schon jetzt, dass Investitionen gestrichen und Vieh verkauft wird. Und schließlich sind auch die Milchviehhalter selbst mit schuld, weil zu viele von ihnen mehr auf Masse statt auf Klasse beziehungsweise Bioproduktion setzen. Dies gilt insbesondere für die Großbetriebe in anderen Bundesländern, da Bayerns Höfe weitgehend klein strukturiert sind.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Milchwirtschaft

Die Milchwirtschaft hat in Bayern nicht nur eine lange Tradition, sondern sie ist auch wirtschaftlich von großer Bedeutung. Mit über 16.300 Beschäftigten in den 58 bayerischen Molkereiunternehmen und einem Umsatz von 10,7 Milliarden Euro im letzten Jahr dominiert die Milchwirtschaft wie kein anderer Agrarbereich die Land- und Ernährungswirtschaft Bayerns. Das sind 24 Prozent des gesamten Produktionswertes der Lebensmittel-Wirtschaft und 37 Prozent vom Umsatz des produzierenden Ernährungs-Gewerbes. 1,22 Millionen Kühe von 33.000 bayerischen Bauern, rund 20.000 Höfe davon im Haupterwerb, liefern Tag für Tag das hochwertige Lebensmittel Milch.

Bayern ist daher schon seit langem ein Exportland für Milch und Milchprodukte, und damit auch abhängig von den Weltmärkten.

Über 40 Prozent der deutschen Milchbauern produzieren in Bayern ein Viertel der Milch Deutschlands. Der Freistaat produziert deutlich mehr, als seine Bürger selbst verbrauchen – bei der Milch ist es das 1,7-fache des Eigenverbrauches, bei Käse ist es sogar das 3,3-fache. Bayern ist daher schon seit langem ein Exportland für Milch und Milchprodukte, und damit auch abhängig von den Weltmärkten. Hauptabnahmeland ist traditionell Italien. Veredlung und Qualität kommen auch bei den Verbrauchern gut an – die Nachfrage nach Käse ist beispielsweise in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Jeder zweite Liter wird im Freistaat zu Käse „veredelt“.

Was noch wichtig ist

Eines wird aber gerne vergessen, wenn man ausschließlich auf die wirtschaftliche Seite der Agrarbranche blickt: Landwirte bewahren auch traditionelle Strukturen und helfen mit, die gewachsenen Lebens- und Natur-Räume zu erhalten. So wären etwa ohne die Nutzung der Wiesen die Alpen und die Mittelgebirge innerhalb weniger Jahre mit Büschen bedeckt. Und man stelle sich Bayern ohne seine Almen und seine Wiesen ohne Kühe vor! Abgesehen davon, dass man ungern Milch aus den meisten anderen Staaten trinken würde, da die Qualitäts- und Schutzstandards dort viel niedriger sind als hierzulande. Zudem würde sich natürlich durch die Milchtransporte auch bei uns die Umweltbilanz des Produkts deutlich verschlechtern.

Weitergehende Informationen gibt es auf der eigens eingerichteten Website unter: www.milch-preis.de.