Der Streik in den Kitas wird auch die bayerischen Gemeinden betreffen. (Bild: Fotolia, Drubig-Foto.)
Streik in den Kitas

Nah am Düsenjäger

Kommentar Mehr als 3000 Erzieherinnen, Kinderpfleger und Sozialarbeiter legten in Bayern ihre Arbeit nieder. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi blieben etwa 400 kommunale Kindertagesstätten geschlossen, vor allem in München, Nürnberg, Augsburg und Regensburg.

Mehr als 3000 Erzieherinnen, Kinderpfleger und Sozialarbeiter legten in Bayern ihre Arbeit nieder. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi blieben etwa 400 kommunale Kindertagesstätten geschlossen, vor allem in München, Nürnberg, Augsburg und Regensburg. Gefordert wird eine bessere Eingruppierung der Beschäftigten, eine lineare Lohnerhöhung von 6,5 Prozent, mindestens aber 200 Euro für Gering- und Mittelverdiener. Die Arbeitgeber halten die Forderungen für überzogen. Viele Eltern jedoch verstehen das Anliegen besonders der Erzieher, obwohl sie mitunter sogar Urlaub nehmen müssen, um ihre Kinder selbst zu beaufsichtigen.

Hohe Verantwortung

Denn diese Berufsgruppe hat es verdient: Nehmen wir eine typische Erzieherin, die nach einer fünfjährigen Ausbildung etwa 1500 Euro netto für 39 Stunden harte Arbeit erhält. In der höchsten Stufe, also nach etwa 16 Jahren Berufserfahrung, bekommt sie 3289 Euro. Im Vergleich zu anderen Berufen stimmt da etwas ganz und gar nicht. Denn Erzieher tragen eine hohe Verantwortung. Jeder, der selbst Kinder hat, weiß, wie leicht ein kleiner Unfall passieren kann. Und jeder, der einen Kindergeburtstag „überlebt“ hat, weiß, wie schwierig es ist, all die kleinen Menschen unter Kontrolle zu halten. Wie infernalisch der Lärm sein kann, der von herumtollenden Kindern verursacht wird. Angeblich bis zu 117 Dezibel bei 20 Kindern. Ein Düsenjäger schafft 130 Dezibel.

Kindererzieher haben zudem ein hohes Infektionsrisiko, viele klagen wegen der immerzu gebückten Haltung auch über Rückenprobleme. Sie haben immer mehr Aufgaben übertragen bekommen, Sprachförderung, Migrantenkinder integrieren, häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch frühzeitig erkennen, die Entwicklung jedes Kindes genau dokumentieren – um nur wenige zu nennen. Das ist eine hohe Stressbelastung, besonders weil wegen der Krankheiten immer wieder Kollegen ausfallen.

Wer muss zahlen?

In den vergangenen Jahren wurden viele neue Plätze in Kindertagesstätten geschaffen und der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz im Grundgesetz verankert. Bezahlen müssen die höheren Gehälter die Kommunen, die vielerorts leere Kassen aufweisen. Hier besteht Handlungsbedarf, besonders für die Bundesregierung. Die ganze Gesellschaft will bessere Kinderbetreuung, also sollte der Bund dafür mehr zahlen.

Das letzte Mittel

Ein Punkt allerdings stört doch: Früher waren Streiks das letzte Mittel, um Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen. Es wirft kein gutes Licht auf die Gewerkschaften, wenn sie, wie hier, schon vor den ersten Verhandlungen in den Ausstand gehen. Insbesondere, wenn der Streik dann Unbeteiligte in Mitleidenschaft zieht.