Unter verschärfter Beobachtung: Die AfD. (Foto: Imago)
AfD

Entzaubert und zersplittert

Die abtrünnigen Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) wollen vielleicht schon am kommenden Sonntag in Kassel eine neue Partei gründen. Mehrere Mitglieder des von Ex-Parteichef Bernd Lucke gegründeten Vereins "Weckruf 2015" berichteten übereinstimmend, bei dem Treffen der Weckruf-Länderkoordinatoren werde abschließend über die Neugründung entschieden.

Sollten genügend aktive Vereinsmitglieder dafür sein, würde dann wahrscheinlich auch gleich ein Parteivorstand gewählt werden. „Die Einigung mit Griechenland zeigt, dass man eine eurokritische Partei in Deutschland braucht“, sagte Lucke dem „Handelsblatt“ am Dienstag. „Aus unserer Sicht ist es unrealistisch, dass der fundamentalistische und der nationalkonservative Flügel der AfD“ seine gewonnene Macht wieder abgeben werde. „Die AfD ist daher für uns verloren“, schrieben die Weckrufer jetzt. Nach heftigen Machtkämpfen hatte sich der nationalkonservative Flügel der AfD um Frauke Petry auf dem Parteitag am 4. Juli durchgesetzt. AfD-Gründer Lucke und rund 2000 weitere Angehörige des liberal-konservativen Flügels traten daraufhin aus der Partei aus. Lucke und seine Mitstreiter hatten den „Weckruf“ im vergangenen Mai als Plattform gegen rechtspopulistische Tendenzen in der Partei gegründet. Ob Lucke für den Vorsitz der neuen Partei kandidieren würde, ist noch offen. Auch über den Namen der neuen Partei ist noch nicht entschieden worden.

Tausende Austritte und große Stimmenverluste

Die AfD verliert derzeit nicht nur tausende Mitglieder, sie ist auch in Umfragen im Niedergang: Bei einer Emnid-Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“ hatte die AfD zuletzt nur drei Prozent der Wählerstimmen erhalten – der schlechteste Wert für die Partei seit zwei Jahren. Die Alternative für Deutschland hat seit der Wahl ihres neuen Vorstands knapp zehn Prozent ihrer 21 000 Mitglieder verloren. Weitere Austritte in den nächsten Tagen seien zu erwarten, teilte die neue AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry in Berlin mit. Allein in Bayern sind seit dem Bundesparteitag rund 200 Mitglieder von zuvor etwa 3000 ausgetreten. Dabei sind laut AfD noch gar nicht die Mitglieder aus Bayern berücksichtigt, die sich möglicherweise in der Zentrale in Berlin abgemeldet haben.

Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner warf der AfD vor, sich „von einer europakritischen zu einer nationalistischen, radikalen Partei“ zu wandeln. „Die AfD hat das Spektrum demokratischer Parteien verlassen“, sagte die bayerische Wirtschaftsministerin der Deutschen Presse-Agentur. „Wir werden eine ganz klare Kante ziehen gegenüber solchen Strömungen wie bei der AfD.“

(dpa/avd)