Gebirgsschützen bei der Fronleichnamsprozession in Wackersberg im Tölzer Land. (Bild: imago Images/ Hans Lippert/imagebroker)
Sportschützen

Kritik an Waffenrechtsnovelle

Die geplante Waffenrechtsnovelle sorgt für heftige Debatten in Bayern, noch bevor der Gesetzesentwurf abschließend beraten wurde. Die Kritik: Schützen und Jäger würden unter Generalverdacht gestellt und mit Bürokratieauflagen überzogen.

Es ist bisher nur ein Referentenentwurf zur nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie 2017/853 (die sogenannte EU-Feuerwaffenrichtlinie), der noch nicht abschließend im Bundestag beraten wurde. Doch von Sport- und Gebirgsschützen sowie Jägern, aber auch von Laiendarstellern mittelalterlicher Ritterspiele, wird die geplante Waffenrechtsnovelle heftig kritisiert, insbesondere in Bayern. Der Gesetzesentwurf würde Schützen, Jäger und andere legale Waffenbesitzer unter Generalverdacht stellen und mit viel zu hohen Bürokratieauflagen überziehen, heißt es.

Die Kritik im Detail

Starke Kritik gibt es etwa an den „regelmäßigen“ Übungsstunden für jede einzelne legale Waffe („Schießnachweis“) im Rahmen der Bedürfnisüberprüfung für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen. Diese Regelung sorgt für großen Unmut, weil viele Sportschützen über eine erhebliche Anzahl an Waffen verfügen, die sie im Laufe der Jahre angesammelt haben, darunter Liebhaberstücke, Familienerbstücke oder Waffen für Wettkämpfe und für das Training in verschiedenen Disziplinen. Obendrein sei die neue Regelung eine von der EU-Richtlinie nicht gebotene Verschärfung der bisherigen Rechtslage.

Auch wenn keine konkrete Zahl der Übungsstunden im Gesetz genannt wird, sondern sich dort nur das Wort „regelmäßig“ findet: Die Neuregelung würde nach Ansicht der Schützenverbände in der Praxis für den Waffenerwerb bedeuten, dass Schützen mit jeder ihrer Waffen einmal im Monat oder 18 Mal pro Jahr schießen müssten. Denn die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung lasse schon bisher ein Abweichen von Regeltatbeständen im Waffenrecht „wegen der besonderen Gefährlichkeit von Waffen“ nicht zu und setze die genannten Zahlen für den Waffenerwerb bei regelmäßigem „Schießsport betreiben“ an. „Dies wird auch allgemein so anerkannt und von den Behörden und Gerichten entsprechend einheitlich gefordert“, so die Verbände.

Das würde von den Betroffenen nicht zu Unrecht als Schikane empfunden.

Volker Bauer, MdL

Ähnlich beim Waffenbesitz: „Zunehmend gehen Behörden und inzwischen auch Gerichte allerdings dazu über, diese Regelung auch für die Prüfung bezüglich des Besitzes und teilweise auch für jede im Besitz befindliche Waffe zu fordern“, erläutern die Schützenverbände. Das bedeute für Sportschützen: 18 Schießtage in drei Jahren für jede Waffe, die sich schon im Besitz befinde, zum Teil „seit Jahrzehnten unbeanstandet“. Im Endergebnis bedeute das laut den Verbänden in nicht wenigen Fällen bei fünf bis zehn Waffen eines Sportschützen, dass 30 bis 60 Schießtage im Jahr das Minimum seien – was praktisch nicht umsetzbar und in großer Zahl mit einem Widerruf der Erlaubnis der Sportschützen zu rechnen wäre. „Das würde von den Betroffenen nicht zu Unrecht als Schikane empfunden, ganz abgesehen von der damit verbundenen Bürokratie für die entsprechende Dokumentation“, schreibt der CSU-Landtagsabgeordnete Volker Bauer, Regierungsbezirksvorsitzender Mittelfranken des Bayerischen Jagdverbandes BJV. Es müsse im Gesetz klargestellt werden, dass der Nachweis nicht „pro Waffe“ erbracht werden müsse.

10 Jahre als Garantie?

Von Übungsstunden ausgenommen sind laut Entwurf zwar Mitglieder von Schießsportvereinen, die mindestens 10 Jahre dort Mitglied sind – hier reicht eine Bescheinigung des Vereins. Doch hier wird gefragt, warum man nur junge und neue Schützen mit derartigen Regelungen belaste. Auch ist die langjährige Mitgliedschaft in einem Schießsportverein keine Garantie für Rechtstreue, wie der Fall des Reichsbürgers in Georgensgmünd gezeigt hat, der einen Polizisten erschoss, als seine laut Medienberichten 30 Waffen beschlagnahmt werden sollten. Er war Jäger und Sportschütze.

Gesetzestreue Schützen und Jäger unter Generalverdacht zu stellen und mit Bürokratieauflagen zu überziehen, (…) bringt keinen Sicherheitsgewinn.

Volker Bauer, MdL

Weiterer Kritikpunkt ist der hohe Bürokratieaufwand für die geforderten Nachweise. Hinzu kommt der Unmut über die mögliche Zulassung eines alternativen Ausbildungswegs für Schießstandsachverständige, worunter die Ausbildung und Qualifikation der bayerischen Schießstandsachverständigen und damit auch die aktuell geltenden Sicherheitsstandards leiden könnten.

Wir haben bereits eines der strengsten Waffengesetze weltweit.

Volker Bauer, MdL

Entkräftet werden konnte teilweise die Sorge vieler Festspiel-Laiendarsteller und Salutschützen: Auch Salutwaffen und unbrauchbar gemachte Schusswaffen werden zwar künftig einer Erlaubnispflicht unterworfen. Jedoch plant das Bundesinnenministerium hier Erleichterungen bei Erwerbs- und Besitzvoraussetzungen sowie für Sachkundenachweis und Bedürfnisprüfung.

Nachgebaute historische Schusswaffen fallen ebenfalls unter die Feuerwaffenrichtlinie – historische Originale bleiben jedoch ausgenommen. Auch Armbrüste – hier hat der Bundesrat gegen die Stimme Bayerns eine entsprechende Empfehlung abgegeben – sollen nicht mehr privilegiert werden. Dagegen wenden sich jedoch die Sportschützenverbände: Letztlich ließe sich ja von der Glasflasche bis zum Mittelalterfestival-Morgenstern jeder beliebige Gegenstand zweckentfremden. Zudem dauere das Nachladen einer Armbrust einige Zeit, erfordere Übung und sie könne wohl auch kaum unbemerkt getragen werden.

Keine Symbolpolitik

„Wir haben bereits eines der strengsten Waffengesetze weltweit. Dass es Kräfte wie die Grünen gibt, die den Bürgern durch einen Kampf gegen Schützen ein Mehr an Sicherheit vormachen, ist auch bekannt. Die CDU/CSU-Bundestagskollegen sind aber gut beraten, sich dieser Symbolpolitik nicht anzuschließen und den Referentenentwurf zu überarbeiten“, forderte der CSU-Landtagsabgeordnete Volker Bauer.

Er begründete das so: „Gesetzestreue Schützen und Jäger unter Generalverdacht zu stellen und mit Bürokratieauflagen zu überziehen, die den Schießsport in Deutschland unnötig schwächen, bringt keinen Sicherheitsgewinn.“ Das Ziel von mehr Sicherheit werde dadurch nicht erreicht. „Fast ausnahmslos beziehen Kriminelle, Amokläufer und Terroristen ihre Waffen aus dem Darknet, stellen sie im 3D-Druck selbst her oder erzeugen sie vergleichsweise leicht aus im Baumarkt Erhältlichem“, so Bauer weiter.

Die Fakten zeigen klares Bild

Die Zahlen geben dem CSU-Abgeordneten recht, wie eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katharina Schulze Anfang 2019 ergab: 1,1 Millionen erlaubnispflichtige Schusswaffen wurden in Bayern 2018 registriert, bei 187.568 männlichen und 23.676 weiblichen Waffenbesitzern. Dabei gab es nur eine Tötung mit Waffen im legalen Besitz – ein Jagdunfall im unterfränkischen Elsenfeld. Dagegen wurden in 59 Fällen im illegalen Besitz befindliche Schusswaffen verwendet, hierbei wurden 53 Personen getötet und sechs Personen verletzt. Davon waren allerdings eine Tötung auf Verlangen, 46 Suizide und drei sogenannte erweiterte Suizide, bei der etwa auch Verwandte ermordet werden. Je ein Fall betraf versuchten Mord, versuchten Totschlag sowie gefährliche Körperverletzung.

Zum 31.12.2018 lagen dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) Erkenntnisse zu 191 Rechtsextremisten vor, die im Besitz einer waffenrechtlicher Erlaubnis waren und Hauptwohnsitz in Bayern hatten. Von diesen 191 Personen (Stand 31.12.2018) hatten:

– 89 Personen eine Waffenbesitzkarte,

– 112 Personen einen kleinen Waffenschein, der zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit PTB-Zulassungszeichen berechtigt, und

– 1 Person einen großen Waffenschein.

Landtagsfraktion schaltet sich ein

Bauer verfolgt deshalb in Zusammenarbeit mit weiteren Landtagskollegen parlamentarisch wie verbandlich einen anderen Weg. Aktuell sind Anträge in der Abstimmung, die dazu führen sollen, eine Unterwanderung der Schützen und Jäger durch Extremisten, insbesondere durch Reichsbürger, noch weiter zu erschweren. Mit einem in Abstimmung befindlichen Entwurf von Satzungsänderungen und einer Initiative zur Vorschaltung eines Bekenntnisses zum Grundgesetz vor jeglicher Art der Schießausbildung soll hier, so die Idee des Abgeordneten, gegengesteuert werden – zugleich aber Verbände und Öffentlichkeit geschützt werden.

Für eine maßvolle Regelung insbesondere für Sportschützen und Jäger einsetzen.

CSU-Landtagsfraktion

Auf Initiative von Bauer hat nun auch die CSU-Landtagsfraktion das Bayerische Innenministerium um eine Stellungnahme gebeten und sich im Sinne der über 500.000 bayerischen Sportschützen und Jäger an CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Innenstaatssekretär Stephan Mayer gewandt. Diese sollten sich „für eine maßvolle Regelung insbesondere für Sportschützen und Jäger einsetzen“. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens solle darauf geachtet werden, „dass nicht überzogene und praxisferne Regelungen getroffen werden, die keinen Gewinn an Sicherheit bringen, aber zu erheblichen Belastungen bzw. Einschränkungen für legale und rechtstreue Waffeninhaber gerade im Bereich der Schießsports führen“, so CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer.

Die CSU-geführte Staatsregierung hat sich in Rücksprache auch mit dem BJV intensiv in die Beratungen zur Novellierung eingebracht und zusammen mit der von Manfred Weber geführten EVP-Fraktion im Europaparlament gegenüber dem ursprünglich von der EU-Kommission vorgelegten Entwurf deutliche Verbesserungen erreicht. So konnten beispielsweise die vorgesehene flächendeckende, medizinische Untersuchung für Waffenbesitzer und generelle zeitliche Befristungen von waffenrechtlichen Erlaubnissen verhindert werden.

Deutlich mehr Besitzer von Kleinen Waffenscheinen

Die Zahl der im Nationalen Waffenregister für Bayern gespeicherten wirksamen Kleinen Waffenscheine, der zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit PTB-Zulassungszeichen berechtigt, hat sich wie folgt entwickelt (Quelle: Nationales Waffenregister):

31.12.2018: 100.096

31.12.2017: 93.650

31.12.2016: 82.258

31.12.2015: 49.370

31.12.2014: 43.977

Die Zahl der im Nationalen Waffenregister für Bayern gespeicherten wirksamen Waffenscheine hat sich für den privaten Waffenbesitz dagegen klar verringert:

31.12.2018: 1.483

31.12.2017: 1.563

31.12.2016: 1.697

31.12.2015: 1.789

31.12.2014: 2.099