Sichere Energie: Luftaufnahme des Kraftwerkes Irsching an der Donau. (Bild: imago images/imagebroker)
Kabinett

Großer Schritt zur Energiesicherheit

Bayern baut seine Energieversorgung dezentral aus: mit höheren Reservekapazitäten durch neue Gaskraftwerke und mehr Kraft-Wärme-Kopplung, dazu auch mehr Photovoltaik. Weniger Stromtrassen und mehr Erdkabel, auch das soll gelten.

Die Staatsregierung hat in intensiven Verhandlungen mit dem Bund sowie den betroffenen Ländern Hessen und Thüringen einen Punkt erreicht, der die Schaffung einer verlässlichen, bürgerfreundlichen, landschaftsverträglichen und dezentralen Energieversorgung ermöglicht. Zugleich treibt die Staatsregierung mit neuen Möglichkeiten für Freiflächen-Photovoltaikanlagen den Ausbau erneuerbarer Energien im Freistaat weiter voran.

Das Gesamtpaket der Staatsregierung ist ein großer Schritt für eine nachhaltige, effiziente und leistungsfähige Energieerzeugung und dauerhafte Versorgungssicherheit in Bayern nach der Abschaltung aller bayerischen Atomkraftwerke Ende 2022.

Nachhaltig und sicher Energie erzeugen

Um die Versorgungssicherheit in Bayern auch nach dem Kernenergieausstieg und bei einem hohen Anteil erneuerbarer, durch die nicht dauerhaft verfügbaren Quellen Wind und Sonne schwankender Energie sicherzustellen, setzt die Staatsregierung insbesondere auf die Schaffung neuer Reservekraftwerke. Dazu hat die Staatsregierung jetzt beim Bund wesentliche Änderungen in den Eckpunkten zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der Kohlekommission durchgesetzt. Sie bedeuten ein großes Plus an Versorgungssicherheit, mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit für Unternehmen und Verbraucher im Freistaat.

Mit Gaskraft und Kraft-Wärme-Kopplung garantieren wir die Versorgungssicherheit für den Industriestandort Bayern.

Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister

Mit dem Bau sogenannter besonderer netztechnischer Betriebsmittel mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Gigawatt, der Schaffung eines systematischen Rahmens für Investitionen in Reservekapazitäten und mit der Realisierung zusätzlicher Gaskraftwerke, auch betrieben mit Kraft-Wärme-Kopplung, hat die Staatsregierung nun alle drei ihrer Eckpfeiler in den Eckpunkten des sogenannten „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ verankern können. Vorgesehen sind damit die Neuausschreibung für gasbetriebene Reservekraftwerke in Bayern zur Netzunterstützung, eine nationale Analyse der Versorgungssicherheit, um den Bedarf an weitere Reservekraftwerken festzustellen, und die Verlängerung der Förderung für Kraft-Wärme-Kopplung bis 2030. Der Bund hat außerdem einen Kapazitätsbonus für Süddeutschland zugesagt, um etwa in Bayern Investitionen in solche Anlagen zu erleichtern und den KWK-Ausbau voranzubringen.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sah in den Beschlüssen des Ministerrats „einen großen Durchbruch für die Energiewende“ in Bayern. Er erklärte: „Mit Gaskraft und Kraft-Wärme-Kopplung garantieren wir die Versorgungssicherheit für den Industriestandort Bayern.“

Mehr Freiflächen-Photovoltaikanlagen

Neben neuen Anreizen für Gaskraftwerke ist auch ein verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig, um die Versorgungssicherheit dauerhaft garantieren zu können. Bayern setzt dabei als Land mit hoher Sonneneinstrahlung vor allem auf Photovoltaik. Der Ministerrat beschloss deshalb heute eine neue Freiflächenverordnung, mit der die bisherige Höchstgrenze bei Genehmigungen auf maximal 30 Freiflächenanlagen pro Jahr auf Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten Bayerns auf 70 genehmigungsfähige Anlagen pro Kalenderjahr erhöht und damit mehr als verdoppelt wird.

Mit dieser Erhöhung können die Bürger das Ausbaupotenzial im Bereich der PV-Freiflächen bereits bei den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur im Herbst 2019 für eine Bewerbung nutzen. Das Wirtschaftsministerium wurde außerdem beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsministerium diese Ausschreibungen zeitnah Anfang 2020 zu evaluieren und einen Vorschlag für das weitere Vorgehen vorzulegen. Dabei soll auch geprüft werden, ob eine bessere regionale Verteilung durch eine Begrenzung der Inanspruchnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen pro Gemeinde möglich ist. Durch die Erhöhung wird mehr Bundesförderung direkt zu Betreibern bayerischer Anlagen geholt, die Wertschöpfung vor Ort erhöht und die dezentrale Energieversorgung in Bayern nochmals spürbar ausgebaut.

Weniger neue Stromtrassen, mehr Erdkabel

Die Staatsregierung hat für die strittigen Projekte zum Ausbau des Stromleitungsnetzes eine spürbare Entlastung der Bürger erreicht: Weder die sogenannte „P44“, eine neue Leitung von Altenfeld beziehungsweise Schalkau in Thüringen nach Grafenrheinfeld, noch die unter dem Namen „P44 mod“ diskutierten Alternativen werden umgesetzt. Bayern hat damit eine seit vielen Jahren bestehende Forderung durchgesetzt. Beim „SuedOstLink“ wird eine neue innovative Kabeltechnologie zum Einsatz kommen, die ohne eine Verbreiterung der Trasse eine deutliche Erhöhung der Übertragungskapazität ermöglicht. Das entlastet das Stromnetz an anderer Stelle und reduziert damit einen weiteren Netzausbaubedarf.

Beim Ostbayernring für Schwandorf und Neuensorg kämpfe ich noch für Erdkabel.

Hubert Aiwanger

Die sogenannte „P43“, eine neue Leitung von Mecklar in Hessen nach Grafenrheinfeld, wird in die Liste der Erdkabelpilotprojekte des Bundesbedarfsplangesetzes aufgenommen, ebenso wie die Netzausbauvorhaben Pirach-Pleinting und Raitersaich-Altheim. Mit weniger neuen Trassen und mehr Erdkabeln entsteht so insgesamt ein deutlich leistungsfähigeres Netz, das die Versorgungssicherheit in Bayern erheblich stärkt und enorm zur bürger- und landschaftsverträglichen Umsetzung der Energiewende beiträgt. „Es ist ein großer Erfolg für Bayern und entlastet die Bürger in Nordbayern, dass wir P44 wegverhandeln konnten und P43 erdverkabelt wird“, freute sich Minister Aiwanger. „Beim Ostbayernring für Schwandorf und Neuensorg kämpfe ich noch für Erdkabel.“

Lob der Wirtschaft

Der Freistaat ist auch in Zukunft sowohl auf regelbare Kraftwerksleistung als auch auf leistungsfähige Übertragungsnetze angewiesen, wenn er ein führender Industriestandort bleiben will.

Bertram Brossardt, vbw

Laut vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. – wurde damit ein wichtiger Schritt hin zu dauerhafter Versorgungssicherheit in Bayern getan. Die vbw begrüßte insbesondere das ausdrückliche Bekenntnis der Staatsregierung zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs (HGÜ)-Leitung SuedOstLink. „Der Freistaat ist auch in Zukunft sowohl auf regelbare Kraftwerksleistung als auch auf leistungsfähige Übertragungsnetze angewiesen, wenn er ein führender Industriestandort bleiben will“, so vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. „Die HGÜ-Leitungen helfen, langfristig Kosten zu sparen und sind wichtig, um die Teilung der einheitlichen deutschen Strompreiszone abzuwenden. Gerade in Bayern würden durch verschiedene Preiszonen die Stromkosten deutlich steigen.“

Ebenfalls positiv bewertet die vbw, dass die Versorgungssicherheit Süddeutschlands in den Eckpunkten für ein Strukturstärkungsgesetz in den Kohleregionen berücksichtigt wird: „Die Realisierung zusätzlicher Gaskraftwerke, die Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes bis 2030 und die zusätzliche Kraft-Wärme-Kopplungs-Förderung sind richtig“, so Brossardt weiter. Zu prüfen bleibe nach Aussagen von Brossardt aber, ob diese Maßnahmen tatsächlich ausreichten, um die Versorgungssicherheit in Bayern für die Zeit nach Abschalten der letzten Kernkraftwerke vollständig zu sichern.