Unter bayerischem Schutzschild: Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" wird Gesetz. (Foto: Imago/W.Rothermel)
Umwelt

Punktlandung bei den Bienen

Die schwarz-orange Staatsregierung hat beschlossen, das Volksbegehren für mehr Arten- und Klimaschutz 1:1 in Gesetzesform zu gießen. Mit zusätzlichen Maßnahmen zur Verbesserung des Plebiszits und zur Versöhnung der Landwirte.

Mehr als 1,7 Millionen Bayern hatten unterschrieben, seit Wochen verhandelte die Staatsregierung mit Landwirten, Umweltschützern, betroffenen Verbänden über das Volksbegehren für mehr Klima- und Artenschutz. Nun kommt eine überraschende Wendung: Die schwarz-orange Regierungskoalition will den Text des Plebiszits, so wie er ist, in Gesetzesform gießen. Ohne eigenen Alternativ-Vorschlag, dafür mit Ergänzungen, Erweiterungen in Form von Begleitvorschriften und Verordnungen. Eine endgültige Abstimmung der Bürger über das Begehren in einem Volksentscheid wird somit überflüssig.

Annehmen, verbessern, versöhnen

Ministerpräsident Markus Söder erklärte, es gehe ihm um den Dreiklang „annehmen, verbessern, versöhnen“. Vor allem die Bauern sollen nicht auf dem negativen Eindruck sitzenbleiben, ihnen werde die Rolle des Umweltsündenbocks zugeschoben. Der Freistaat setzt laut Söder künftig auf „die Bewahrung der Schöpfung, den Erhalt der Landschaft, aber auch der bäuerlichen Strukturen in der bayerischen Landwirtschaft“. Der Inhalt des Volksbegehrens solle um Themen erweitert werden, die am Runden Tisch erarbeitet worden seien. Beispielsweise die Begrünung von Dächern oder die Einschränkung des Flächenverbrauchs. Auch ein Schulfach Alltagskompetenz soll offenbar eingeführt werden.

Wir nehmen den Impuls des Volksbegehrens an. Und wenn wir’s machen, dann g’scheid.

Markus Söder, Ministerpräsident

Vordergründig geht es den Initiatoren des Begehrens um die Rettung der Bienen, im Kern jedoch um einen ökologischen Umbau des Agrarsektors im Freistaat. Insgesamt will sich Söder die Umsetzung des gesamten Vorhabens 50 Millionen, vielleicht sogar 70 bis 75 Millionen Euro kosten lassen. Entscheidend sei: „Ökologie und Artenschutz bekommen in Bayern eine Priorität wie in keinem anderen Bundesland.“

Die CSU-Fraktion im Landtag hat diese Strategie einstimmig beschlossen. Fraktionschef Thomas Kreuzer versichert, es handle sich „um keine Mogelpackung, um die Geschichte Volksbegehren zu erledigen“. Man müsse sehen, „dass dies ein Kraftakt und ein Umdenken ist“ – Ökologie sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Fraktion der mitregierenden Freien Wähler stimmte dem Vorgehen ebenso zu, wenn auch mit Gegenstimmen.

Ab Mai im Landtag

Bis Anfang Mai soll das Paket aus einer dem Volksbegehren folgenden Änderung des bayerischen Naturschutzgesetzes und den zusätzlichen Vorhaben der Regierung im Parlament eingebracht werden. Bis in den Juli soll alles beschlossen sein. Damit wird auch zum Ziel, dass bis ins Jahr 2030 rund 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Bayern nach biologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet werden muss. Derzeit liegt der Anteil schon bei 11 Prozent.

Kreuzer mahnt freilich, Bayern dürfe in puncto Artenschutz nicht bei der Landwirtschaft stehen bleiben. Es gehe auch um mehr Blühwiesen zum Erhalt bedrohter Insekten in privaten Gärten und auf freien Flächen der Kommunen. Und damit sich die Bio-Produktionsweise langfristig marktwirtschaftlich durchsetze, müssten die Bayern auch mehr Bio-Erzeugnisse kaufen. „Der Verbraucher stimmt mit seinem Einkaufsverhalten ab. Ohne diese Nachfrage können wir nicht mehr Bio machen“, meint Kreuzer.

Man muss sehen, dass dies ein Kraftakt ist und ein Umdenken.

Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef

Stimmt der Landtag dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens zu, erlangt dieser Gesetzeskraft, ohne dass es dafür noch einen Volksentscheid braucht. Andernfalls würde es im Herbst zwingend einen Volksentscheid geben – entweder nur über den Entwurf des Volksbegehrens oder gegebenenfalls auch über einen Alternativentwurf. Letztere Möglichkeit hatte die Staatsregierung in den vergangenen Wochen ebenfalls geprüft, aber nun verworfen.

Die Bauern ziehen mit

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) betonte, dass der Entwurf des Volksbegehrens ohne Zusatzbestimmungen in der Landwirtschaft nicht praxistauglich sei. Er nannte den Entwurf einen „Kartoffelsack“, den die Koalition zu einem tragbaren Arbeitsanzug umschneidern müsse. Aiwanger erklärte, die Landwirte müssten nun aus der „Sünderrolle“ herausgeholt werden. Landwirte sollen Geld dafür bekommen, wenn sie mehr auf den Erhalt der Artenvielfalt achten – beispielsweise Ausgleichszahlungen für Gewässerrandstreifen.

Bayerns Landwirte wollen weiter für ihre Positionen kämpfen. „Für tragfähige Lösungen bin ich bereit zu diskutieren. Und wenn nötig zu streiten“, sagte der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Walter Heidl. Der Verband hatte sich zuvor zur Mitverantwortung der Landwirte bekannt und einem neuen „Gesellschaftsvertrag“, wie ihn auch Söder fordert, mit vielen Beteiligten zugestimmt. Mehr als drei Viertel der gewünschten Regelungen des Volksbegehrens seien durchaus umsetzbar, so der Bayerische Bauernverband. Beim Rest brauche es aber Veränderungen. Mit fünf Regelungen hat der Bauernverband besondere Probleme, darunter, dass nach dem 15. März Wiesen nicht mehr gewalzt werden dürfen. Oft liegt zu diesem Zeitpunkt aber vielerorten noch Schnee, sodass die Maßnahme gar nicht mehr durchgeführt werden könnte. Sie sorgt aber für eine gleichmäßige und ebene Bodenoberfläche, das bessere Anwachsen der Gräser und damit auch für eine intakte Narbe beim Mähen. Das gemähte Gras (nach Trocknung Heu) wird als Futter für die Tiere benötigt.

(BK/dpa)