Ziemlich inkorrekt? Büttenrednerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, hier als Putzfrau Gretel im saarländischen Karneval. (Bild: Imago/Becker&Bredel)
Karneval

Humor ist, wenn man nicht mehr lacht!

Kommentar Der deutsche Humor betritt die politische Bühne, die karnevalistische Narrenfreiheit steht vor linksgrünen Sprach-Gerichten. Zwei Büttenreden sind in den politisch korrekten Wortwolf geraten – darunter eine der CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer.

Keine Frage: Schlechte Witze gehören leider zum Fasching/Karneval dazu, schließlich sind die Deutschen weltweit nicht gerade für ihren Humor berühmt. Man muss diese Kalauer auch nicht mögen. Aber was gerade über die derzeit verkleidete Republik hereinbricht, das ist nichts anderes als politische Korrektheit in Reinkultur.

Erst machte der mittelmäßig begabte Komiker Bernd Stelter im Kölner Karneval mittelmäßige Witze über Doppelnamen („Die Frau heißt tatsächlich Annegret Kramp-Karrenbauer!“). Das führte dazu, dass eine Frau auf die Bühne kam und sich beschwerte, dass sich nur über Doppelnamen bei Frauen lustig gemacht würde, während die Männer ungeschoren davon kämen.

Nun wurde eben jene neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer als Büttenrednerin im Karneval mit einem „unkorrekten“ Witz „ertappt“. „Wer war denn von Euch vor kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen“, so Kramp-Karrenbauer bei ihrem satirischen Auftritt im baden-württembergischen Stockach am Bodensee. „Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder noch sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist diese Toilette.“

Linker Sturm der Entrüstung

Die Halle lachte und johlte, die links-grüne Empörtenvereinigung tobte! Vom „erzkonservativen Wind“ in der Union und einer Respektlosigkeit sprach SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, über den „billigen Kalauer auf Kosten von inter- und transsexuellen Menschen“ erregte sich der Grüne Sven Lehmann. Mangelnde „angemessene Haltung“ beklagte Berlins Bürgermeister Michael Müller, dessen Stadt doch so einige andere wichtige Probleme hat. Der linke Berliner Kultursenator Klaus Lederer japste nach Luft ob des „Trauerspiels“ auf „Stammtischniveau“. Weitere Kritiken in den sozialen Medien schwankten gar zwischen „transphob“ und „asozial“.

Karneval ohne Witze, die auf irgendjemands Kosten gehen, scheint mir eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu sein.

Thorsten Fass

Nun, zuerst würden normale Menschen möglicherweise fragen, ob das Hauptziel von AKK nicht eigentlich die verweichlichten und unsicheren Männer waren. Zudem, mag mancher denken, ist es doch in dieser Republik nach wie vor erlaubt, sich über andere lustig zu machen. Der Politikwissenschaftler Thorsten Faas etwa kommentierte sehr treffend: „Karneval ohne Witze, die auf irgendjemands Kosten gehen, scheint mir eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu sein.“ Auch Menschen des „dritten Geschlechtes“ müssen nicht vor Karnevalswitzen verschont werden, ja dürfen es nicht. Viele wollen das auch gar nicht. Denn das wäre dann in der Tat Diskriminierung. Es ist auch erlaubt, den Bau dritter, vierter oder fünfter Toiletten zu kritisieren, die mittlerweile sogar an Grundschulneubauten geplant werden – und die aus verschiedenen Gründen vermutlich kein Kind freiwillig aufsuchen wird.

Was darf Satire?

„Satire darf alles. Eine CDU-Vorsitzende aber nicht“, kritisierte deshalb moralisch überlegen die Berliner Zeitung. AKK mache sich schließlich über „nichts weniger“ als über Entscheidungen des Bundestages und des Bundesverfassungsgerichtes (zum dritten Geschlecht) lustig, so das Westfalen-Blatt. Ja gut, die meisten Kabarettisten sowie die ZDF-heute-Show und ähnliche Formate machen dies teilweise seit Jahrzehnten, auch außerhalb des Karnevals. Eigentlich überflüssig zu erwähnen: Witze sind über alles erlaubt, was nicht strafbar ist. Das ist Narrenfreiheit.

Wohin ist dieses Land gekommen? Heute sind nicht nur Meinungen, heute ist schon Humor sofort als „politisch inkorrekt“ verdächtig. Während „Soldaten sind Mörder“ regelmäßig nicht als Beleidigung gilt, sollen es nun zugegeben mittelmäßige Witze über Doppelnamen oder Männer/dritte Geschlechter sein? Sollen denn wie in der sozialistischen DDR nur noch politisch genehme Witze gerissen werden? Wenn ja, fällen dann grüne und andere linke Humorbefreite das Urteil darüber? Und wird das dann per Denunzianten-App gemeldet und von einer Orwellschen Sprachpolizei oder einem Bundesbeauftragten für schlechte Faschingsscherze angezeigt? Was passiert mit überführten bösen Zotenreißern, vielleicht Auftrittsverbot?

Vorsicht ist also auch als Narr geboten: Lachen Sie lieber nicht mehr, wenn sie den Witz nicht vorher auf alle relevanten Tatbestände der politischen Korrektheit abgeklopft haben! Und überprüfen Sie Ihr Kostüm: Buschmann, Indianer oder Chinese, das geht nicht mehr! Sonst geht es Ihnen wie der Karnevalsgesellschaft „Frechener Negerköpp“, die sich 2018 nach diversen Drohungen aus der „antirassistischen“ Ecke den neuen Namen „Wilde Frechener“ gab und jetzt nicht mehr mit schwarzer Farbe im Gesicht herumläuft. Wie schon 2015 die „Mülheimer Neger“, jetzt „Müllemer Klütte“. Leider ist Klütte ein Kohlebrikett, auch das wurde ergo schon als „Alltagsrassismus“ gewertet. Jeder Spaß hat schließlich irgendwann sein politisch korrektes Ende.

Doch die Umzüge gehen weiter, viele Narren sind weiter im Fasching unterwegs. Manche sogar ungewollt.