Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl, der CSU-Politiker Manfred Weber, hat auf dem Sonderparteitag in München seine Partei zu einem engagierten Wahlkampf aufgerufen. Es gehe darum, am 26. Mai Europa zu verteidigen, sagte Weber.
„Ich gehöre zu der ersten Generation, die von sich sagen kann, ich darf auf diesem Kontinent in Frieden und Freiheit leben“, sagte Weber, der als erster CSU-Politiker und zweiter Deutscher die Chance hat, Präsident der EU-Kommission zu werden. Diese großen Errungenschaften dürfe man nicht für selbstverständlich nehmen, so Weber. Denn in vielen Ländern seien derzeit Populisten und Nationalisten auf dem Vormarsch. Das gelte nicht nur für Großbritannien und die dortigen Brexit-Befürworter, sondern auch in Frankreich, Italien oder Polen. Die Nationalitätenfrage sei zurück, sagte Weber, und sie drohe Europa zu spalten.
No-Go-Areas für die EU
Umso mehr komme es auf die bürgerlichen Parteien an, bekräftigte der EVP-Spitzenkandidat. Die CSU sei die Partei der Mitte, sie müsse Politik aus der Mitte heraus gestalten, sagte er.
Für ihn gehöre dazu, die Grenzen Europas zu schützen. Er wolle wissen, wer sich auf dem Kontinent aufhalte, so Weber. Er verlangte aber auch, der EU Grenzen zu setzen. Deshalb werde er als Kommissionspräsident die Beitrittsgespräche mit der Türkei stoppen, versprach Weber. Und er verlangte „No-Go-Areas“ für die EU. Dies seien Zuständigkeiten, aus denen sich Brüssel heraushalten müsse und die den Mitgliedstaaten und Regionen überlassen werden sollten.
Einsatz gegen Kinderarbeit
Weber kritisierte die hysterische Dieseldebatte in Deutschland und forderte, europäische Schlüsselindustrien besser vor ausländischen Investoren zu schützen. Er regte zudem an, in internationale Handelsabkommen einen Passus zum Verbot von Kinderarbeit aufzunehmen.
Er verlangte, die demokratischen Parteien müssten wieder die Führung in Europa übernehmen. Als zentrale Aufgabe nannte er es, die europäischen Werte weltweit zu verteidigen. Dazu müsse Europa in internationalen Fragen stark und selbstbewusst mit einer Stimme sprechen.
Europa ist unser Garant für Frieden und Freiheit, für Wohlstand, für Achtung der Menschenrechte, für Sicherheit und Stabilität.
Leitantrag der CSU zur Europawahl
Die Forderungen und Vorschläge des Spitzenkandidaten unterstützt die CSU in ihrem Leitantrag „Unser Europa: Ein Europa der Bürger“, der auf dem Parteitag verabschiedet wurde. Der Antrag spiegelt die positive Grundhaltung der CSU zur Europäischen Gemeinschaft wieder. „Europa ist unser Garant für Frieden und Freiheit, für Wohlstand, für Achtung der Menschenrechte, für Sicherheit und Stabilität“, heißt es darin.
Dank des europäischen Binnenmarktes habe Deutschland einen wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand erreicht, der ohne Europa nicht möglich gewesen wäre, schreibt die CSU. Deshalb, so steht es in dem Leitantrag, liege Europa „in unserem vitalen Interesse“. Deutschland brauche ein starkes Europa, um sich in Handelsauseinandersetzungen mit China und globalen Konzernen behaupten zu können und um Aggressoren „die Stirn bieten zu können“.
Gegen ein Europa der Verbote
Man werde Europa weder linken Kräften überlassen, die es zu einem „Umverteilungs- und Verbotseuropa“ umbauen wollten, noch Populisten, die es zerstören wollten. Ziel der CSU sei ein bürgerliches Europa, in dem Verantwortlichkeiten klar seien und Regeln eingehalten würden. Europa müsse die europäische Leitkultur und seine christlich-jüdischen Werte verteidigen, verlangt die Partei. Zudem müsse die Gemeinschaft ihre Grenzen definieren. Einen EU-Beitritt der Türkei lehnt die CSU ab. Großbritannien solle weiterhin eng an die Union angebunden bleiben.
Um Europas Einfluss in der Außenpolitik zu stärken, verlangt die CSU, vom bisherigen Prinzip der Einstimmigkeit Abschied zu nehmen und zu Mehrheitsentscheidungen zu kommen. Um nicht von ausländischen Aggressoren erpressbar zu werden, setzt sich die CSU für eine „europäische Energieunion“ ein und fordert eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland.
Zu einem starken Europa gehört für die CSU auch die Fähigkeit, sich selbst verteidigen zu können. Daher solle die Idee gemeinsamer Europäischer Streitkräfte bis 2030 umgesetzt werden. Als erster Schritt auf diesem Weg solle in den kommenden beiden Jahren eine europäische Cyber-Brigade aufgebaut werden, um Cyberangriffe, Terrorismus und Desinformation bekämpfen zu können.
Schutz der Außengrenzen
Von Europa verlangt die CSU konsequenten Schutz der Außengrenzen. Die CSU erneuert auch ihre Forderung nach Hotspots in Afrika und verlangt, analog zum Türkeiabkommen Verträge mit Drittstaaten zu schließen, um abgelehnte Asylbewerber binnen drei Monaten zurückführen zu können.
Eine klare Absage erteilt die CSU Plänen, die Gemeinschaft in eine Transferunion umzubauen. Eurobonds dürften nicht eingeführt werden. Eine von den Sozialdemokraten geforderte europäische Arbeitslosenversicherung lehnt die CSU ebenfalls ab.
Unterstützung für ländliche Regionen
Stärken möchte die CSU die ländliche Räumen in Europa. Dazu gehört für sie eine Politik, die der Landwirtschaft finanzielle Unterstützung in „gleichbleibender Höhe und Verteilung“ garantiere. Um das Prinzip der Subsidiarität weiter zu stützen, plädiert die CSU für eine Aufwertung des Ausschusses der Regionen in der EU, der mit eigenen Kompetenzen zu einer selbstständigen Kammer entwickeln werden soll.
Die Bürger, nicht die Bürokraten, müssen die Zukunft unseres Kontinents bestimmen.
CSU-Leitantrag
Europa solle sich auf das „wirklich Wichtige“ konzentrieren, verlangt die CSU. Um das zu gewährleisten, sei jetzt ein „Systemcheck“ nötig. Dabei müsse überprüft werden, „welche Aufgaben zwingend auf EU-Ebene und welche sinnvoller auf Bundes- und Länderebene angesiedelt werden“.
Um Europa noch bürgernäher zu machen, fordert die CSU, dem Europäischen Parlament ein „legislatives Initiativrecht“ zu geben, damit es die Gesetze, die es verabschiede, auch selbst einbringen könne. Europas Demokratie müsse auf allen Ebenen eine parlamentarische Demokratie sein, heißt es im Leitantrag. Das Ziel für die CSU ist klar: „Die Bürger, nicht die Bürokraten, müssen die Zukunft unseres Kontinents bestimmen.“