Bayerische Molkereien wollen mehr Auslauf für die Kühe ihrer Milchlieferanten. (Bild: Imago/Raimund Müller)
Molkereien

Mehr Auslauf für die Kühe?

Molkereien machen Druck auf die Milchviehhalter. Die Unternehmen wollen bis 2030 erreichen, dass die Tiere nicht mehr das ganze Jahr über im Stall angebunden werden. Der Bayerische Bauernverband sieht darin eine Gefahr für kleine Familienbetriebe.

Einige Molkereien in Bayern und Baden-Württemberg machen Druck auf die Milchviehhalter. Die Molkereien wollen erreichen, dass die Tiere nicht mehr das ganze Jahr über im Stall angebunden, sondern zumindest in Laufställen beziehungsweise Kombinationshaltung gehalten werden. Werden Rinder abwechselnd im Stall in Anbindehaltung und (mindestens 90 Tage) auf der Weide, einer Alm und/oder im Auslauf gehalten, spricht man von der “Kombinationshaltung”, die besonders in Berggebieten verbreitet ist, wo kein Platz für einen großen Laufstall ist.

Bei der Modernisierung reden wir über Investitionen im sechs- oder siebenstelligen Bereich.

Walter Heidl, Bauernverband

In einem gemeinsamen Positionspapier formulierten nun die fünf Molkerei-Verbände aus beiden Ländern das Ziel, die ganzjährige Anbindehaltung bis Ende 2030 flächendeckend abzustellen. Es gehe um das Tierwohl, erklärte Carolin Babl, Geschäftsführerin des Verbandes „milch.bayern“, in dem die meisten Molkereien im Freistaat Mitglied sind. „Wir wollen Konzepte und Lösungen finden, um eine Umstellung zu unterstützen.“

Kritik der Landwirte

Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Walter Heidl, warnte, diese Änderung könne das Ende für kleine Familienbetriebe bedeuten. Denn gerade dort seien die Kühe oft noch angebunden, trotzdem sei der Umgang mit den Tieren aber gut.

Wir dürfen nicht zulassen, dass innerhalb von 10 oder 15 Jahren die Ställe zugesperrt werden müssen.

Walter Heidl

Zwar hätten 50 Prozent der Höfe ganzjährige Anbindehaltung, so Heidl weiter, das betreffe aber nur 30 Prozent der Kühe. Das zeige, dass vor allem kleinere Betriebe ihre Tiere im Stall noch anbinden. „Ich behaupte, dass gerade in den kleineren Betrieben der Umgang der Bäuerinnen und Bauern mit den Tieren ein guter ist.“ Hier habe jede Kuh noch einen Namen, die persönliche Betreuung der Tiere stehe im Vordergrund.

Streit geht seit Jahren

Politisch war vor einigen Jahren über die Anbindehaltung gestritten worden. Am Ende gab es keinen fixen Termin für den Ausstieg. Werden Ställe neu gebaut, sind es Laufställe. Dafür gibt es staatliche Fördergelder. „Die Anbindehaltung ist keine Haltungsform der Zukunft, aber ich lehne ab, dass man die Entwicklung mit einer Frist übers Knie bricht – und man denen, die noch mit Anbindehaltung wirtschaften, den Stuhl vor die Tür stellt“, betont Heidl. Laut dem Funktionär planen einzelne Molkereien Verträge, über die Bauern mit Anbindehaltung schlechter gestellt werden könnten, wenngleich nach Molkerei-Angaben derzeit keine preisliche Unterscheidung geplant ist.

Dem Papier der Molkereien zufolge sollten die zuständigen Landesministerien verbesserte Fördermaßnahmen zur Verfügung stellen. Möglich seien neben Laufställen Lösungen einer Kombinationshaltung wie Laufhöfe, in denen die Tiere vor dem Stall Auslauf haben, oder eine Weidehaltung zumindest für einen Teil des Jahres.

Das wird laut Heidl teils schon umgesetzt. Etwa ein Fünftel der 15.000 Betriebe mit Anbindehaltung habe eine Laufmöglichkeit. Wenn Tiere gemolken werden müssten, sei es allerdings aufwendig, die Tiere dazu zweimal am Tag in den Stall zu holen und zu fixieren. „Wir dürfen nicht zulassen, dass innerhalb von 10 oder 15 Jahren die Ställe zugesperrt werden müssen“, sagte Heidl. „Bei der Modernisierung reden wir über Investitionen im sechs- oder siebenstelligen Bereich, die für ein ganzes Berufsleben entscheidend sind.“

Es gebe auch keine Gewähr, dass der Milchpreis, der derzeit bei etwa 36 Cent je Liter liege, auf dem Niveau bleibe. Bei sinkenden Preisen gerieten besonders kleine Betriebe schnell in Existenznot. In der Milchkrise hätten schon viele Betriebe aufgeben müssen – vor allem kleine.

(dpa/BK)