Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. (Foto: BK/Nikky Maier)
Landtagswahl

„Meine Vision lautet: Modern sein und bayerisch bleiben“

Interview Ministerpräsident Markus Söder erklärt im BAYERNKURIER-Interview, was seine Regierung im Freistaat bereits alles erreicht hat, wie er Stabilität, Erfolg und Identität bewahren möchte und welches Vermächtnis Franz Josef Strauß hinterlassen hat.

Herr Söder, außer Ihnen möchte niemand bayerischer Ministerpräsident werden. Ist das Amt also so wenig attraktiv?

Ich glaube, es ist so schwierig wie nie. Wir spüren eine Zerfaserung und Zersplitterung der Gesellschaft. Der Wind der Spaltung, der durch Europa und Deutschland weht, kommt auch in Bayern an. Und deswegen ist es wichtig, dass einer die Verantwortung übernimmt, einer für das Gemeinwohl sorgt und einer dieses Land und die Demokratie zusammenhält. Und das muss der Ministerpräsident sein.

Anders als in den früheren Wahlkämpfen gibt es keinen wirklichen Herausforderer. Macht es die Auseinandersetzung dadurch schwieriger?

Natürlich ist es schwieriger. Früher gab es veritable Gegenkandidaten. Duellfragen stellten sich gar nicht. Man sieht ja, wie schwierig das mittlerweile ist. Ich habe zwar keinen Herausforderer, aber eine riesen Herausforderung. Natürlich gibt es auch keinen medialen Rückenwind aus Berlin. Viele Debatten, die dort geführt werden, stärken die Ränder. Wie es in einer Großen Koalition immer der Fall ist. Und es ist auch eines klar: Es wird über Vieles diskutiert an Problemen in Berlin und praktisch gar nicht über die vielen Dinge, bei denen Bayern absolut Spitze ist. Das macht es doppelt so schwierig.

Kein anderes Bundesland, keine andere Staatsregierung hat in einem halben Jahr so viel erreicht wie wir.

Markus Söder

Sie haben zu Beginn Ihrer Amtszeit ein ambitioniertes Programm mit 100 Maßnahmen präsentiert. Wie weit sind Sie denn damit inzwischen gekommen?

Im Grunde genommen ist alles auf den Weg gebracht. Und wir haben mit Leistungen wie Pflegegeld, Familiengeld, Stärkung des Tourismus, Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs, Gründung der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim, der Entwicklung unserer Strategie für die Digitalisierung mit über sechs Milliarden Euro Investitionen in ganz Bayern alles vorangebracht, was für Bayern wichtig ist. Kein anderes Bundesland, keine andere Staatsregierung hat in einem halben Jahr so viel erreicht wie wir, manche brauchen Dekaden dazu.

Wie soll es in den kommenden Jahren weiter gehen? Wo ist Ihre Vision?

Meine Vision ist, dass Bayern stabil bleibt. Keiner darf doch glauben, dass es in diesen Zeiten, in denen wir leben – Handelskonflikte mit den Vereinigten Staaten, Brexit, Veränderung unserer Demokratie – einfach auf dem Level weitergehen kann. Wir werden gefordert sein, dieses Level, dieses hohe wirtschaftliche und soziale Niveau zu halten. Aber man kann es nur halten, wenn man sich weiterentwickelt. Deswegen Innovation, Forschung und Technologie um moderne Arbeitsplätze zu schaffen, aber auch Festhalten an kultureller Identität um das Bayerngefühl, den Mythos und die Einzigartigkeit Bayerns zu wahren. Im Grunde genommen ist es ganz einfach. Meine Vision lautet: Modern sein und bayerisch bleiben.

Das linke Spektrum hat das tiefgreifende Problem, dass es nicht in der Lage ist, sich ordentlich abzugrenzen von links außen.

Markus Söder

Ihre Mitbewerber schließen sich ja zu einem einer Art Anti-CSU-Bündnis teilweise aus SPD, Linke, FDP und Linksradikalen zusammen. Wie sehen Sie dieses Bündnis?

Die anderen Parteien schwanken zwischen Destruktivität und Anbiederung. Eigentlich möchte jeder gerne mit uns zusammenarbeiten. Aber gleichzeitig finden in den öffentlichen Diskussionen massive Angriffe statt. Fakt ist: Das linke Spektrum hat das tiefgreifende Problem, dass es nicht in der Lage ist, sich ordentlich abzugrenzen von links außen. Wer mit Antifa-Gruppen eng auf Demonstrationen kooperiert, der zeigt eigentlich, dass er doch gar nicht die bürgerliche Mitte will. Auch die Grünen haben mit ihrem neuen Wahlprogramm die klassische spießige und muffige Grünen-Retorik bedient und sich nicht in die Mitte bewegt. Fakt ist auch, dass Linkspartei, Grüne und FDP jetzt sogar gemeinsam gegen das Polizeiaufgabengesetz klagen. Was für ein seltsames Trio. Die FDP von Hans-Dietrich Genscher wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, zusammen mit einer Partei von Ex-Kommunisten gegen ein Gesetz zu klagen. Schon gar nicht gegen ein Gesetz, das die Sicherheit der ganz normalen Leute verbessert. Es ist übrigens kein einziger Fall bekannt, der den Vorwürfen der Gegner Recht geben würde.

So manche Wähler liebäugeln mit der AfD. Wie halten Sie denen entgegen?

Die AfD ist keine bürgerliche Partei. Die AfD ist keine Protestpartei, die AfD ist eine Partei auf dem Weg nach ganz rechts außen. In Chemnitz zeigte sie mit Herrn Höcke ihr wahres Gesicht. Wer mit NPD und gewaltbereiten Hooligans Seit-an-Seit marschiert, der will eine andere Demokratie. Wenn die AfD in Bayern, die besonders rechts außen ist, sich sogar als „Strafe Gottes“ für diesen Freistaat sieht, muss man sich doch fragen, ob man diese Leute überhaupt ernst nehmen will. Leider muss man das aber. Denn Eines ist seit Chemnitz klar: Die AfD will eine andere Republik und sie will auch den Bayerischen Landtag und Bayern lähmen, blockieren und destabilisieren. Das dürfen wir nicht zulassen.

Ein Landtag mit sieben Parteien, links außen, rechts außen, führt doch nur zu einer Lähmung und Blockierung.

Markus Söder

Sie haben vor kurzem gesagt, bei der Landtagswahl steht die Demokratie grundlegend zur Wahl. Was meinen Sie damit?

Ein Landtag mit sieben Parteien, links außen, rechts außen, führt doch nur zu einer Lähmung und Blockierung. Bayern war einmal der Musterfall für Demokratie, er soll nicht zum Problemfall werden. Wir wollen nicht ein Land werden, das einmal als einzigartig bewundert wurde und stattdessen bespöttelt wird. Ich möchte, dass wir Blaupause für die modernste Demokratie in Deutschland sind. Deswegen werde ich mich auch dafür einsetzen, dass wir Verfassungsreformen machen, für eine Amtszeitbegrenzung und mehr Teilhabe am politischen Prozess. Eine Destabilisierung durch extreme rechte oder linke Gruppen aber müssen wir verhindern.

Der Tod von Franz-Josef-Strauß hat sich gerade zum dreißigsten Mal gejährt. Er ist einer der Väter der Volkspartei, der CSU. Was kann man heute noch von ihm und seiner Politik lernen?

Strauß würde die AfD bekämpfen! Eine der großen Lebensaufgaben von Franz Josef Strauß war dafür zu sorgen, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Kraft gibt. Vielleicht haben wir das als CSU zu lange nicht intensiv genug gemacht. Ich war schon letztes Jahr der Meinung, wir hätten auf das Strauß- Plakat der AfD klarer reagieren müssen. Denn das historische Erbe von Franz Josef Strauß bindet uns alle bis heute. Ich bin wegen ihm in die CSU eingetreten. Deswegen ist es mir eine große Ehre, einer seiner Nachfolger zu sein. Franz Josef Strauß hatte in seiner Zeit die Herausforderung durch Republikaner und Bayernpartei. Er hat sie konsequent und erfolgreich bekämpft. Genau das würde er heute mit der AfD machen, und das ist unser Weg. Wer ein starkes Bayern will, der wählt keine Sektierer von rechts oder links, der wählt CSU.

Das Interview führte Thomas Röll.