Horst Seehofer, Vorsitzender der CSU und Bundesinnenminister, hat die Zuhörer im Bierzelt in Töging begeistert. (Foto: Picture Alliance/Armin Weigel/dpa)
Töging

„Wir müssen Recht und Ordnung einhalten“

Bei einem Volksfestauftritt in Töging am Inn erklärt Bundesinnenminister Horst Seehofer seine Asylpolitik, weist die Beleidigungen und Angriffe gegen seine Person zurück und kündigt an, künftig Botschaften über Twitter zu verbreiten.

Am Anfang stand eine Liebeserklärung an Bayern. „Sie glauben gar nicht, wie schön es ist, wenn man aus der Bundeshauptstadt ins gelobte Land zurückkommt“, sagte der CSU-Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer zu Beginn seiner Volksfest-Rede in Töging am Inn im Landkreis Altötting. „Deutschland ist gut, Bayern ist besser, Töging ist am besten“, rief der Parteivorsitzende unter großem Jubel der Zuhörer. Es war Seehofers erster Bierzelt-Auftritt nach der Auseinandersetzung um die Asylpoltik, in der er zum Teil heftig persönlich diffamiert wurde. Begrüßt wurde er in Töging vom Landtagsabgeordneten Martin Huber.

Wenn wir als Rechtsstaat ein Verbot aussprechen, es aber in der Praxis nicht durchsetzen können, dann sage ich: gute Nacht Rechtsstaat.

Horst Seehofer, Bundesinnenminister

Seehofer nutzte den knapp 45-minütigen Auftritt im voll besetzten Festzelt, um seine Politik zu erklären. Politiker seien nicht dazu da, Herrschaft auszuüben, sondern dafür, für die Menschen einen Dienst zu erbringen. Er betonte, dass ein Politiker für seine Überzeugungen, seine Meinung kämpfen müsse. Dass er als Innenminister für Recht und Ordnung verantwortlich sei. „Wenn wir als Rechtsstaat ein Verbot aussprechen, es aber in der Praxis nicht durchsetzen können, dann sage ich: Gute Nacht Rechtsstaat.“ Dass er sich dabei nicht von einem schleswig-holsteinischen Regierungschef – einem CDU-Mann – etwas vorschreiben lasse. Dass der Rechtsstaat klare Kante gegen Gefährder und Straftäter zeigen müsse. „Ich bin froh, dass der mutmaßliche Leibwächter von Bin Laden außer Landes ist“, sagte Seehofer unter großem Beifall.

Abschiebung von Straftätern und Gefährdern

Der Bundesinnenminister schilderte in Töging ausführlich, wie aufwendig Abschiebungen sind und welch immensen Personalaufwand sie verlangen. Kritik an den Abschiebungen nach Afghanistan wies er zurück: „Wenn ich unseren vorletzten Afghanistanflug anschaue, das waren zehn Personen, ausschließlich Gefährder und Straftäter, darunter Körperverletzung, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung. Ich sage jetzt in aller Öffentlichkeit, ich kann als Politiker keine Empathie für einen Vergewaltiger aufbringen.“

Wir müssen alles tun, dass wir am Schluss nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen, als wir an der Grenze zurückweisen.

Horst Seehofer

Seehofer äußerte sich in Töging skeptisch über die Verhandlungen mit anderen EU-Staaten zur Rücknahme von Migranten. Es herrsche in den Gesprächen ein gutes Klima, eine gute Gesprächsatmosphäre, sagte der CSU-Chef. Es seien aber – anders als bei einseitigen Zurückweisungen an den Grenzen – eben Verhandlungen. „Sowohl die Griechen wie auch die Italiener sagen uns, dann müsst ihr uns aber auch was abnehmen“, sagte er. Die Griechen wollten Familienangehörige von Flüchtlingen nach Deutschland schicken, Italien verlange die Verteilung von aus dem Mittelmeer Geretteten. „Ob das alles auf Dauer so aufgeht, werden wir sehen.“ Der Innenminister fügte hinzu: „Wir müssen alles tun, dass wir am Schluss nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen, als wir an der Grenze zurückweisen.“ Das sage er bewusst sehr vorsichtig, betonte Seehofer.

Schwierige Rücknahme-Verhandlungen

Das Bundesinnenministerium verhandelt derzeit mit Griechenland, Spanien und Italien über Vereinbarungen zur Rücknahme von Migranten, die von dort nach Deutschland kommen. Das hatten CDU und CSU nach einer heftigen Auseinandersetzung über die Asylpolitik vereinbart, am Ende auch mit Zustimmung des Koalitionspartners SPD. Seehofer hatte ursprünglich angekündigt, er wolle bis Ende Juli oder Anfang August Klarheit darüber haben, ob andere EU-Staaten zur beschleunigten Rücknahme von Flüchtlingen bereit sind. Zuletzt hatte das Ministerium aber erklärt, die Gespräche könnten sich verzögern.

Seinen Kritikern warf Seehofer eine gezielte Kampagne gegen seine Person und eine völlig unangemessene Wortwahl vor. „Genau diejenigen, die jeden Tag dafür eintreten, dass man in der Politik Anstand und Stil zu bewahren hat, überschütten mich mit Worten und Eigenschaften und Attributen, die weit unter der Gürtellinie liegen“, sagte er. „Jetzt steht also der böse Seehofer vor Ihnen – der Mörder, der Terrorist, der Rassist“, zitierte Seehofer einige der Beschimpfungen. Empört zeigt er sich auch über den Vergleich von Ankerzentren für Asylbewerber mit „Konzentrationslagern“. Dies zeige, wie „bizarr und skurril“ inzwischen diskutiert werde.

Wahrheiten per Twitter

Kaum ein Tag vergehe, so Seehofer, an dem er nicht mit einer „Fake news“ konfrontiert werde. Deshalb will der CSU-Vorsitzende künftig noch intensiver kommunizieren. „Ich fange wahrscheinlich Ende August selbst das Twittern an“, verkündete Seehofer den Gästen im Bierzelt – aber „in einem anderen Stil“ als US-Präsident Donald Trump. „Ich sehe mich jetzt gezwungen, weil ich manche Wahrheiten sonst nicht unter eine breitere Bevölkerung bekomme“, sagte er. Schmunzelnd fügte er hinzu, der Landtagwahlkampf in Bayern werde nun durch den „Seehofer-Twitter noch etwas bereichert“. So mancher werde sich noch wundern.

Trotz aller Anfeindungen zeigte sich Seehofer unbeeindruckt: „Man muss für seine Meinung kämpfen“, rief er. Politiker, die nur zur Verfügung stehen, wenn Harmonie herrsche, seien nicht für die Politik geeignet. Er erinnerte an den früheren Parteichef Franz-Josef Strauß. Heute werde Strauß als „Jahrhundert-Persönlichkeit“ verehrt. Zu Lebzeiten aber „war Strauß für die ganze Bundesrepublik Deutschland und die Medien allemal die Hassfigur“.

Seehofer aber verabschiedete sich in Töging mit den Worten: „Man kann mir vieles nehmen, man kann mir auch mein Amt nehmen – aber meine Überzeugung wird man mir nicht nehmen, das kann ich euch versprechen.“

(dpa/BK)