CDU-Vize Thomas Strobl warnt die Bundeskanzlerin vor Missständen in der Asylpolitik. (Foto: Imago/Sven Simon)
Migration

CDU-Vize setzt Merkel unter Druck

In einem Brief an die Bundeskanzlerin verlangt Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl nachhaltige Änderungen in der europäischen Asylpolitik. Er warnt vor Fehlentwicklungen, die der Bevölkerung nicht zu vermitteln seien.

Im Streit um die Zurückweisung von Asylbewerbern an der deutschen Grenze wird nun auch aus der CDU der Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel erhöht. Unter der Überschrift „Dringender Handlungsbedarf in Sachen Gemeinsamer Europäischer Asylpolitik“ wandte sich der stellvertretende Parteivorsitzende Thomas Strobl in einem Brief an die Kanzlerin und mahnt darin eine „nachhaltige Reform der Europäischen Asylpolitik“ an.

Wir dürfen es auch nicht zulassen, dass unsere Rechtsordnung, aber auch der europäische Gedanke, durch eine ungesteuerte Sekundärmigration innerhalb der Europäischen Union in Frage gestellt wird.

Thomas Strobl, CDU-Parteivize

Einen Tag vor Beginn der EU-Verhandlungen über eine Lösung der Flüchtlingsproblematik schrieb der baden-württembergische Innenminister an seine Parteivorsitzende, um ihr Probleme zu schildern, mit denen er „infolge der bestehenden Unzulänglichkeiten im Europäischen Asylsystem konfrontiert“ sei. Strobl referiert in dem Schreiben den Fall der Wiedereinreise einer nigerianischen Familie. Diese sei drei Tage nach der Überstellung nach Frankreich aufgrund der Dublin-Verordnung nach Deutschland zurückgekehrt, schreibt Strobl – trotz einer vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verhängten neunmonatigen Wiedereinreisesperre.

Strobl verlangt schnelle Rückführung

Es mache ihn fassungslos, so Strobl weiter, wenn nach einem „von Anfang bis Ende durchexerzierten Dublin-Verfahren“ nun ein erneutes Verfahren zu laufen beginne. Den Menschen vor Ort könne man dies „schlichtweg nicht vermitteln“, warnt der CDU-Vize. „Die Politik muss auf solche Fehlentwicklungen schlüssige Antworten finden, da andernfalls die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Aufnahme der tatsächlich schutzbedürftigen Menschen massiv leidet.“ Es dürfe nicht zugelassen werden, dass „unsere Rechtsordnung, aber auch der europäische Gedanke, durch eine ungesteuerte Sekundärmigration innerhalb der Europäischen Union in Frage gestellt“ würden.

Er unterstütze die Kanzlerin dabei, schreibt Strobl, dass sie sich beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs für eine „nachhaltige Reform der Europäischen Asylpolitik einsetze. Der von ihm geschilderte Fall zeige, wie wichtig es sei, dass „nach bereits durchgeführtem Dublin-Verfahren eine zügige, ja sofortige und unmittelbare Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat“ erfolgen könne.

CDU-Politiker unterstützen Seehofer

Strobl ist nicht der erste CDU-Politiker, der sich hinter den Kurs von Bundesinnenminister Horst Seehofer stellt, der Zurückweisungen an der Grenze fordert. Zuvor hatten bereits Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Thüringens CDU-Vorsitzender Mike Mohring ihre Zustimmung zu Seehofers „Masterplan Migration“ erklärt. „So lange es keine befriedigende europäische Lösung gibt, müssen nationale Maßnahmen wie die Zurückweisungen von Personen möglich sein, deren Asylantrag in Deutschland schon abgelehnt wurde beziehungsweise die bereits Asyl in einem sicheren Drittstaat beantragt haben“, verlangte etwa Thüringens CDU-Chef Mohring und stützt damit Seehofers Pläne.

Ähnlich argumentierte Sachsen-Anhalts CDU-Parteichef Thomas Webel: „Die Schwerpunkte von Seehofer sind richtig. Sie finden die Zustimmung der meisten Unionsmitglieder, weil sie umsetzen, was wir im Wahlkampf versprochen haben: den Kontrollverlust beenden.“ Es sei richtig, künftig deutlich mehr Flüchtlinge direkt an der Grenze zurückzuweisen, so Webel. „Zwingend sollte das für Personen gelten, die in anderen Ländern Asylanträge gestellt haben, ihre Identität verschleiern oder in Deutschland bereits abgelehnt wurden“.

CDU-Stuttgart contra Merkel

Auch in Strobls Heimat Baden-Württemberg haben CDU-Mitglieder ihre Zustimmung zu Seehofers Plänen geäußert. Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, verabschiedete vor wenigen Tagen der Kreisvorstand der CDU-Stuttgart einstimmig einen Antrag, der eine „entschlossene Politik des Grenzschutzes und der Sicherheit“ fordert. Solange der Schutz der EU-Außengrenzen nicht funktioniere, müsse die Bundespolizei „den Zustrom von Flüchtlingen an der deutschen Grenze in den Griff bekommen“, heißt es darin. Dazu gehöre insbesondere die Zurückweisung von Flüchtlingen und Asylsuchenden, die bereits in anderen EU-Staaten registriert wurden oder deren Asylantrag in der Bundesrepublik schon einmal abgelehnt worden sei. Ebenso sollten Personen ohne gültige Ausweisdokumente zurückgewiesen werden. In der Debatte über den Antrag hatte dem Bericht zufolge die Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Maag über die Stimmung in der CDU-Bundestagsfraktion berichtet. Demnach seien neunzig Prozent der Parlamentarier auf Seehofers Linie.