Weißer Kasten mit grünem Konzept: Blick vom Patientenpark auf Bayerns erstes "Green Hospital" in Lichtenfels. (Fotos: G.Dolak)
Gesundheit

Gesund werden im Grünen

In der oberfränkischen Kreisstadt Lichtenfels eröffnet das erste energie-effiziente Krankenhaus im Freistaat. Photovoltaik, Isolierung und LED-Beleuchtung kosten zusätzlich 10 Millionen Euro, sollen aber 60 Prozent der Energiekosten einsparen.

Der Blick hinaus ins Grüne heilt mit. Von ihren Betten schauen Patienten über die sanft gewellten Felder vor dem Fenster, über die bewaldeten Höhenzüge hinüber auf Kloster Banz. Wo auch die CSU bisweilen neue Kraft schöpft. „Der Ausblick trägt sicher zur Genesung bei“, glaubt Krankenhaus-Direktorin Eva Grill. Sie ist die Chefin des ersten bayerischen „Green Hospitals“ in Lichtenfels. Wärme und Strom kommen aus regenerativen Energien, errichtet wurde das Klinikum nach Passivhaus-Standard.

Dach-Pflanzen, die dämmen

Wirklich grün sind an dem quadratisch-kastigen Bau bislang vor allem die rechteckigen Fassadenplatten zwischen den Photovoltaik-Elementen. Und der Patientenpark, wo Landschaftsgärtner Bäume und Büsche zwischen die Spazierwege gepflanzt haben. Hinter dem Garten erhebt sich die Energiezentrale, deren weiß-rot gestreifter Schornstein das ganze Areal überragt. Eine Hackschnitzel-Anlage und ein Biogas-Blockheizkraftwerk stellen hier künftig Heizwärme und Strom her. Naturnahe Schönheit am Gebäude selbst muss erst noch wachsen: Auf den Flachdächern setzen die Gärtner Bodendecker und Büsche, die das Gebäude künftig dämmen sollen. „Äußerlich und innerlich bekommt unser Haus ein ausgesprochen bekömmliches Klima“, glaubt Direktorin Grill.

Lichtenfels ist ein Vorbild für sämtliche künftige Krankenhausbauvorhaben in Bayern und über die Landesgrenzen hinaus.

Melanie Huml, Bayerische Gesundheitsministerin

Feierlich eingeweiht wurde der Vorzeigebau am Freitag von Gesundheitsministerin Melanie Huml, seinen medizinischen Betrieb nimmt er Mitte Juni auf. Ärzte und Krankenschwestern wollen in den sieben neuen Pflege- und Intensiv-Stationen erst noch mit Technik und Mobiliar üben, bis Patienten herein dürfen. Das Klinikum Lichtenfels wird zum Vorreiter der „Green Hospital Initiative“ des Freistaats. Die Experten von Ministerin Huml haben ausgerechnet, durch energetische Maßnahmen wie in Lichtenfels könnten die bayerischen Krankenhäuser jährlich „eine Million Tonnen Kohlendioxid und rund 105 Millionen Euro einsparen“. Der Kalkulation zufolge produziert das nachhaltige Krankenhaus in der oberfränkischen Kreisstadt rund 60 Prozent weniger Strom- und Heizkosten als ein herkömmlicher Bau. Im Nachgang sollen Wissenschaftler der Universitäten in Hof, Bayreuth und Coburg in den kommenden Jahren detailliert überprüfen, ob das erste „Green Hospital“ diese hohen Erwartungen auch wirklich erfüllt.

Gemeinsam mit Klinikchefin Grill läuft Landrat Christian Meißner durch das Gebäude. „Wir haben die Baukosten eingehalten, in bester Qualität errichtet. Nur mit dem Öffnungstermin knirscht es ein bissl“, gibt er zu. Der Maschinenlärm der Handwerker, die noch immer im Haus arbeiten, bestätigt ihn akustisch. Insgesamt 112 Millionen Euro kostet das Objekt, 87 Millionen davon steuert der Freistaat bei. Allein zehn Millionen extra kosten all die energetisch relevanten Einbauten. Neben der Heizzentrale die dreifach verglasten Fenster, die spezielle Dämmung in den Wänden, die stromsparende LED-Beleuchtung, die den Bau komplett illuminiert. „Der Landkreis verschuldet sich hoch, weil er dieses grüne Krankenhaus will“, betont Kommunalpolitiker Meißner. Und stellt zufrieden fest: „Es kann gelingen.“

Alpen weg, Staffelberg her

Als einziges stört den Landrat allerdings ein kleines, dafür offensichtlich naturnahes Detail: die Fototapete in einem der Operationssäle. Damit die Chirurgen während der Arbeit auch mal kurz die Augen entspannen können, haben die Innenarchitekten ein großformatiges Alpenpanorama an die Wand gehängt. „Das hat mich wirklich geärgert“, stöhnt Meißner. Warum ein oberbayerisches Motiv, wenn es auch oberfränkisch geht? Die Alpen jedenfalls kommen wieder weg, diese Kosten nimmt Meißner in Kauf. „Dafür hängen wir ein schönes Bild mit dem Staffelberg auf.“ Die markante Erhebung von 539 Metern im Landkreis.

Der Strom für das Krankenhaus entsteht im eigenen Photovoltaik-Kreislauf.

Tristan Rinker, Baukoordinator

Die zehn zusätzlichen Millionen, welche die energetisch relevanten Einbauten gekostet haben, soll das am Passivhaus-Standrad orientierte Gebäude künftig über Energieeinsparungen wieder hereinholen. Dazu wird an allen nur denkbaren Ansatzpunkten recycelt: Im Sommer wird die Abwärme der Heizung ein Kühlsystem antreiben, das über Rohre das gesamte Gebäude auf eine angenehme Temperatur klimatisiert. Und sollte das ganze Haus einmal abgerissen werden müssen – sämtliche Baumaterialien wären wiederverwendbar.

Bio und regional ist auch der Speiseplan

Direktorin Grill freilich gesteht: „Der Patient liegt im Bett, hat ein energie-effizientes Haus – aber davon wird er ja nicht gesund.“ Deshalb setzt sich der grüne Gedanke des Lichtenfelser Hospitals bis in den Speiseplan fort. Gekocht wird ausschließlich mit Bio-Zutaten. Auch für die Cafeteria im Erdgeschoss, von deren großflächiger Terrasse die Besucher der Kranken einen herrlichen Blick hinaus in die Landschaft genießen können. Die Blickachse führt, wie auch von vielen der 192 Krankenzimmer, hinüber zum Kloster Banz. Gute Besserung mit Aussicht auf eines der spirituellen Zentren Frankens.