Härtere Strafen für Messer-Angreifer
Attacken mit Messern nehmen bundesweit zu. Sie müssen immer als versuchte Tötung behandelt werden, fordern jetzt die Polizeigewerkschaften. Führende CSU-Politiker sehen das ähnlich und verlangen konsequentes Vorgehen gegen die Täter.
Kriminalität

Härtere Strafen für Messer-Angreifer

Attacken mit Messern nehmen bundesweit zu. Sie müssen immer als versuchte Tötung behandelt werden, fordern jetzt die Polizeigewerkschaften. Führende CSU-Politiker sehen das ähnlich und verlangen konsequentes Vorgehen gegen die Täter.

Angriffe mit Messer sollen grundsätzlich als versuchte Tötungsdelikte eingeordnet und juristisch entsprechend geahndet werden. Das verlangt die Deutsche Polizeigewerkschaft  (DPolG). Aus dem Bundesinnenministerium kommt Zustimmung: „Die Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft unterstütze ich ausdrücklich“, betont der Parlamentarische Staatssekretär Stephan Mayer gegenüber dem Bayernkurier: „Der Einsatz eines Messers gegen einen anderen Menschen zeigt doch, dass jedenfalls die Möglichkeit der Tötung billigend in Kauf genommen wird.“ In Bayern forderte Ende März auch Innenminister Joachim Herrmann eine Präzisierung des Strafrechts: Wer einen Mordversuch mit Messer begehe, müsse auch wegen versuchten Mordes angeklagt werden.

Serien von spektakulären Messerangriffen

Auslöser für die Forderung der Polizeigewerkschaft waren ganze Serien spektakulärer Messerangriffe mit Toten und Schwerverletzten. Presseberichten zufolge war es allein an einem Wochenende im März in mehreren deutschen Städten zu insgesamt acht schweren Messer-Zwischenfällen gekommen. Kein Einzelphänomen: Nur für die Woche vom 8. bis zum 13. April verzeichnet die Tageszeitung Bild zwischen Rendsburg und Pforzheim 18 Messerangriffe, wieder mit Toten und Schwerverletzten.

Besonderes Aufsehen erregt hatte am 24. März ein Fall im niedersächsischen Burgwedel: Vor einem Supermarkt griff ein 17-jähriger syrischer Migrant eine 24-jährige Deutsche an und verletzte sie schwer. Das Opfer überlebte nur knapp. Trotzdem ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft nur wegen gefährlicher Körperverletzung. Begründung: Weil der Täter nur einmal zugestochen habe, sei er von der versuchten Tötung freiwillig zurückgetreten.

Untersuchungshaft und Abschiebung

Bei der Einordnung des Messer-Delikts als versuchte Tötung geht es nicht nur um das Strafmaß, argumentiert die DPolG: „Damit kann sofortige Untersuchungshaft angeordnet werden und im Falle, dass die Tat von einem Flüchtling ausging, auch eine konsequente Abschiebung erfolgen.“

Eine Änderung des Rechts ist dafür nicht erforderlich. Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium

Eine Änderung des Rechts sei dafür nicht erforderlich, erinnert Staatssekretär Mayer. Es reiche, geltendes Recht konsequent anzuwenden. Mayer: „Schon jetzt steht es jedem Staatsanwalt und jedem Gericht frei, eine Messerattacke als versuchtes Tötungsdelikt einzustufen und den Strafrahmen voll auszuschöpfen.“

Polizei verlangt Lagebild

Was die Beurteilung der Situation erschwert: Bislang werden Messerangriffe nicht bundesweit statistisch erfasst. Auch das wollen die DPolG und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nun ändern: Beide Polizeigewerkschaften fordern eine bundesweite Statistik für solche Taten. „Ein aussagekräftiges Lagebild wäre dringend notwendig“, so GDP-Chef Oliver Machow.

Wir haben insgesamt wohl eine Zunahme an Messerstechereien zu beobachten, das ist ein bundesweites Phänomen.

Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister

Auch ohne bundesweite Statistik ist klar: Die Messerattacken werden häufiger. „Wir haben insgesamt wohl eine Zunahme an Messerstechereien zu beobachten, das ist ein bundesweites Phänomen“, so Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kürzlich bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2017. „Wir beobachten in der Tat, dass Gewalttätigkeiten mit Messern zunehmen“, bestätigte Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer. Und fügte hinzu: „Wir dürfen auch nicht verschweigen, dass es Kulturkreise bei uns gibt, bei denen das Messer lockerer sitzt, als das vielleicht bei Deutschen der Fall ist.“

Die Zahlen sind eindeutig

Wo es Zahlen gibt, sprechen diese eine eindeutige Sprache: „In Berlin gab es 2017 genau 2737 Taten mit Messern als Tatmittel – sieben am Tag. In Hessen stieg die Zahl der Messerattacken seit 2011 von 970 auf 1194 Fälle im Jahr 2017 – eine Steigerung von über 25 Prozent. Interessant: Bei 52 Prozent der hessischen Fälle ging es um deutsche Tatverdächtige. Afghanen und Türken waren mit je sieben Prozent vertreten. In Leipzig stieg die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen mit Messer im gleichen Zeitraum von 33 auf 138 Fälle – ein Plus von über 300 Prozent.

Wir dürfen auch nicht verschweigen, dass es Kulturkreise bei uns gibt, bei denen das Messer lockerer sitzt, als das vielleicht bei Deutschen der Fall ist.

Wilhelm Schmidbauer, Bayerns Landespolizeipräsident

Für Nordrhein-Westfalen zählte die dortige SPD-Landtagsfraktion nur für den Zeitraum von September 2017 bis Anfang März 2018 mindestens 570 Messerangriffe – davon 44 in Duisburg, 39 in Köln, 34 in Essen und 33 in Bonn. Auch die bayerische Kriminalstatistik hat Messerangriffe bislang nicht eigens erfasst. Das soll sich ändern. Innenminister Herrmann will noch in diesem Jahr genaue Zahlen vorlegen.