Die SPD will Hartz IV abschaffen und ein solidarisches Grundeinkommen einführen. Foto: Imago
Standpunkt

Ich halte ein Grundeinkommen für falsch!

Kommentar Die SPD macht sich mal wieder daran, die Agenda 2010 zurückzudrehen, diesmal mit einem "solidarischen Grundeinkommen". Wir dürfen nicht akzeptieren, dass sich jemand dauerhaft auf staatliche Leistungen verlässt, wenn er selbst arbeiten kann.

Die SPD macht sich mal wieder daran, die Agenda 2010 zurückzudrehen. Diesmal nennen sie die Abkehr „solidarisches Grundeinkommen“. Hat die SPD denn vergessen, dass wir die Arbeitslosigkeit in Deutschland seit dem Jahr 2005 halbiert haben? Hat die SPD vergessen, dass seit dem über 5 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden sind?

Ich halte ein Grundeinkommen für falsch. Wir dürfen nicht akzeptieren, dass sich jemand dauerhaft alleine auf staatliche Leistungen verlässt, wenn er selbst arbeiten kann. Wir müssen die Menschen vielmehr motivieren, für ihr eigenes Einkommen zu sorgen. Der Schlüssel heißt Fordern und Fördern. Das gelingt bei Hartz IV mit den sogenannten Aufstockern schon ganz gut. Das wäre künftig doch total unattraktiv.

Wir müssen die Menschen vielmehr motivieren, für ihr eigenes Einkommen zu sorgen. Der Schlüssel heißt Fordern und Fördern.

Kerstin Schreyer, CSU

Aber auch ich sehe bei Hartz IV Handlungsbedarf: So müssen wir genau hinsehen, ob die unterschiedliche Lebenshaltungskosten ausreichend abgebildet werden. Denn eines ist klar: Auch Bezieher von Sozialleistungen müssen in der Lage sein, an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Das gehört für mich zur Würde des Menschen. Das ist aber gerade dort, wo Mieten und Leben besonders teuer sind, immer schwerer möglich.

Zudem brauchen wir einen Sockelbetrag bei der Rente, unter den Menschen, die 45 Jahre lang erwerbstätig gewesen sind oder auch eine gewisse Zeit davon für die Erziehung und Betreuung der Kinder bzw. der Pflege von älteren Familienangehörigen aufgebracht haben, nicht rutschen können. Wir müssen ihre erworbenen Rentenansprüche automatisch aufstocken und ihnen so die oft demütigende Beantragung von Sozialleistungen ersparen. Nur so würdigen wir ihre geleistete Arbeit und ermöglichen ihnen auch im Alter an unserem gesellschaftlichen Leben in Würde teilzunehmen.

Offensichtlich ist die SPD dazu bereit, sich damit abzufinden, dass wir in Deutschland 900.000 Langzeitarbeitslose haben. Ich bin dazu nicht bereit.

Kerstin Schreyer, bayerische Arbeits- und Sozialministerin

Offensichtlich ist die SPD dazu bereit, sich damit abzufinden, dass wir in Deutschland 900.000 Langzeitarbeitslose haben, und dass wir diese trotz boomender Wirtschaft nicht in Arbeit bringen. Ich bin dazu nicht bereit. Wir dürfen keinen Arbeitslosen aufgeben, jeder hat eine Chance verdient, auch wenn er als schwer vermittelbar gilt und auch wenn es in der Vergangenheit nicht geklappt hat.

Deshalb müssen wir uns in Zukunft noch stärker um die Qualifizierung, Vermittlung und Reintegration in den Arbeitsmarkt kümmern. Der Schlüssel dazu heißt mehr Personal. Mehr Personal für die Jobcenter. Aber zum Beispiel auch mehr Personal für die Jugendämter. Denn wir müssen nicht nur den Arbeitslosen, sondern seine ganze Familie in den Blick nehmen. Dass dies erfolgreich ist, wurde in den bayerischen Modellprojekten unter Beweis gestellt.

Die Autorin

Kerstin Schreyer ist bayerische Arbeits- und Sozialministerin sowie Mitglied der CSU-Landtagsfraktion.