Petra Güra (links außen) und das Einsatzteam gemeinsam mit Ministerpräsident Horst Seehofer. (Bild: FRCN)
Ehrenamt

Ein „Dankeschön“ an die Helfer

Mehr als 130.000 in Bayern haben sie schon: die Bayerische Ehrenamtskarte. Sie soll ehrenamtliches Engagement mit Rabatten und Vergünstigungen belohnen. Eine neue App hilft Karteninhabern dabei, regionale Angebot zu finden.

Es gibt Nächte, da macht sich Petra Güra bis zu dreimal Mal auf den Weg, um vor dem Rettungsdienst erste Hilfe am Unfallort oder bei Patienten zuhause zu leisten. Sie versucht Patienten zu reanimieren, die Erstversorgung zu übernehmen, zu trösten oder unterstützt Angehörige dabei, die Fahrt ins Krankenhaus richtig vorzubereiten. Seit 2013 engagiert sich Güra neben ihrem Job als medizinische Fachangestellte für den Verein „First Responder Chiemsee Nord“. Vier- bis fünfmal pro Monat unterstützt sie gemeinsam mit Teampartner den örtlichen Rettungsdienst jeweils für zwölf Stunden unter der Woche beziehungsweise 24 Stunden am Wochenende bei seinen Einsätzen. Das bedeutet für Güra: Kann sie schneller als der Rettungsdienst beim Patienten sein, wird sie von der Rettungsleitstelle über Funk alarmiert und fährt los. „Häufig sind wir mit einem Zeitvorteil von fünf bis sieben Minuten beim Patienten und können ihn schon einmal erstversorgen. Mir macht es Freude, dass ich Menschen in Notsituationen sofort in irgendeiner Weise helfen kann“, sagt Güra.

Anruf aus dem Sozialministerium

Dass sie für ihren Einsatz mit etlichen Vergünstigungen belohnt werden kann, war ihr nicht klar, bis ihr eine Freundin von der bayerischen Ehrenamtskarte erzählte. „Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt“, sagt die gebürtige Schwäbin und stellte einen Antrag. Im Frühjahr 2017 bekam sie die Karte und ein paar Tage später auch einen Anruf aus dem Sozialministerium. Sie habe bei der Verlosung zum Sommerempfang für Ehrenamtliche von Landtagspräsidentin Barbara Stamm gewonnen, erfuhr Güra. „Das war eine zusätzliche Ehrung, die man sonst nicht so bekommt. An dem Abend bin ich mit vielen anderen Ehrenamtlichen in Kontakt gekommen und fand es sehr spannend zu erfahren, wie Andere sich engagieren“, sagt sie.

Vergünstigungen für Ehrenamtler

Petra Güra ist dabei eine von 130.000 in Bayern, die eine Ehrenamtskarte besitzt. Denn nicht jeder Ehrenamtler hat Anspruch auf die Karte. Antragssteller müssen sich überdurchschnittlich für das Gemeinwohl engagieren, ohne dafür bezahlt zu werden. Voraussetzung ist ein ehrenamtliches Engagement von mindestens fünf Stunden pro Woche beziehungsweise 250 Stunden pro Jahr Jahr über einen Mindestzeitraum von zwei Jahren. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, bekommt mit der Ehrenamtskarte Rabatte bei etablierten Unternehmen und vergünstigte Eintrittspreise in Museen, Freizeitparks oder Schwimmbädern. Verschiedene Einrichtungen und Dienstleister, darunter Apotheken, Friseure oder Werkstätten bieten Nachlässe an. Oder man hat das Glück wie Güra und kann exklusiven Veranstaltungen wie dem Sommerempfang teilnehmen. Insgesamt können Karteninhaber zwischen rund 5000 Angeboten in kommunalen Einrichtungen sowie bei öffentlichen und privaten Anbietern in Bayern wählen.

App für Ehrenamtskarte

Eine Übersicht über die Angebote bietet den Inhabern ab sofort eine App. Navigationskarte zeigt auch gleich den Weg dorthin. „Wir wollen den Menschen, die sich in besonderer Weise ehrenamtlich engagieren, etwas zurückgeben. Jetzt können sie noch stärker von den Vergünstigungen profitieren“, sagte Bayerns Sozialstaatssekretär Johannes Hintersberger anlässlich der Vorstellung der App Ende Oktober im Landtag.

Inhaber der Ehrenamtskarte können sich die App „Ehrenamtskarte Bayern“ kostenlos über den Google Play Store beziehungsweise Apple App Store herunterladen. Die App erläutert das jeweilige Angebot und stellt Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibungen zur Verfügung. Die App ist für Smartphone und Tablet geeignet.

„Bisher hatte ich noch keine Zeit, die Karte zu nutzen“, sagt Güra. „Auf meiner Liste steht aber ein Besuch der Fraueninsel im Chiemsee und ich habe eine örtliche Autowerkstatt gefunden, die Rabatte gibt“, freut sie sich. Was sich für den nächtlichen Bereitschaftsdienst außerdem anbietet: bei MacDonalds gibt’s Prozente auf Nervennahrung. Und wer Feierabend hat, bekommt im Hofbräuhaus günstigere Getränke. „Ich finde es toll, dass es Nachlässe bei so vielen unterschiedlichen Anbietern gibt“, lobt Güra. Über weitere Angebote in ihrer Region wird sie sich per App informieren.

Wer engagiert sich wo?

In Bayern engagieren sich immer mehr Menschen, ohne dafür bezahlt zu werden. Fast jeder Zweite über 14 Jahre, rund 5,2 Millionen Menschen, übt ein Ehrenamt aus. Das zeigt der aktuelle Freiwilligensurvey Bayern des Bayerischen Sozialministeriums. Das Engagement der Menschen in Bayern hat in den vergangenen Jahren in allen Altersgruppen um elf Prozent zugenommen, im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2009. Ein Viertel der Befragten gab an, sich täglich oder mehrmals in der Woche zu engagieren. Männer engagieren sich häufiger (51 Prozent) als Frauen (44 Prozent). Das liegt vor allem daran, dass im Bereich „Sport und Bewegung“, bei den Rettungsdiensten sowie der Feuerwehr wesentlich mehr Männer als Frauen tätig sind.

Viele Kommunen machen mit

Die Bayerische Staatsregierung unterstützt das Ehrenamt mit 135 Koordinierungszentren Bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligenagenturen. 2011 brachte sie zudem die Ehrenamtskarte auf den Weg und hat bisher 90 Prozent aller Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern als Teilnehmer gewonnen. Die Stadt München gehört beispielsweise nicht dazu, weil sie auf das Gutscheinheft „München dankt!“ setzt. Auch einige Landkreise in Schwaben will das Sozialministerium noch als Partner gewinnen. Im Regierungsbezirk Oberfranken sind bereits alle Landkreise und kreisfreie Städte mit an Bord.