Argumentiert scharf: Manuel Hagel, der Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg. (Foto: Hannes Griepentrog/CDU Baden-Württemberg)
Südwest-CDU

Wach auf, CDU!

In einem Positionspapier verlangt die CDU Baden-Württemberg einen klaren konservativ-bürgerlichen Kurswechsel der Bundes-CDU. Die Thesen decken sich stark mit den Forderungen, die auch die CSU an die Parteispitze der CDU richtet.

Eine knackige „Hallo-Wach-Pille“ schickt die Südwest-CDU ins nach wie vor schläfrige Konrad-Adenauer-Haus in Berlin: Die gesamte CDU muss ihre „Politik wieder weniger an den Befindlichkeiten des politischen Berlin und stärker an der Lebenswirklichkeit der Mehrheit unserer Bürger“ ausrichten, fordert der CDU-Landesverband in einem Papier, das aus der Feder des Generalsekretärs der baden-württembergischen CDU, Manuel Hagel, stammt.

Wir müssen uns wieder als eine Partei begreifen, die in der Mitte, aber eben nicht links von der Mitte steht.

Positionspapier „Wach auf, CDU!“

Der Appell aus Stuttgart ist in einer Deutlichkeit formuliert, die an die dringenden Mahnungen der CSU an die Adresse der CDU erinnert, endlich die richtigen Konsequenzen aus dem Desaster bei der Bundestagswahl zu ziehen und wieder einen klar bürgerlich-konservativen Kurs zu fahren. Insofern sehen viele Beobachter im Positionspapier der Südwest-CDU auch eine Rückendeckung für die CSU im unionsinternen Streit.

Eigener Inhalt der CDU nicht mehr zu erkennen

„Wir müssen den Wählern wieder ein klares Angebot machen, das darüber hinausgeht, Rumpf einer wie auch immer gearteten Regierungskoalition zu sein“, heißt es in dem Papier mit dem programmatischen Titel „Wach auf, CDU!“. Und weiter: „Wir müssen uns wieder als eine Partei begreifen, die in der Mitte, aber eben nicht links von der Mitte steht. Und wir müssen uns inhaltlich wie auch personell so breit aufstellen, dass niemand, der dem demokratischen Spektrum zuzurechnen ist, sich mit Radikalen und Extremisten abgeben muss, weil er die ihn bewegenden Themen in keiner anderen Partei repräsentiert sieht.“

Eine kritische Behandlung der damaligen Regierungspolitik fand im Parlament kaum statt, da die Opposition diese Politik eher noch überschwänglicher befürwortete als Teile der Koalition selbst.

Kritik der Südwest-CDU an der Flüchtlingspolitik

Ansonsten drohten die Volksparteien – Union wie auch SPD – dauerhaft in den Bereich von 20 bis 30 Prozent abzusinken und inhaltlich immer mehr zu verarmen, was ein weiteres Konjunkturprogramm für die extremen Parteien rechts und links wäre. Die Niederlage bei der Bundestagswahl stelle insofern für Union wie SPD eine „Zäsur“ dar, als sie angesichts der Schwäche der Volksparteien die gesamte bundesdeutsche Demokratie vor einen „Scheideweg“ stelle.

Massive Entfremdung der Bürger von Politik

Die Bürger hätten sich und ihre Sorgen insbesondere im letzten Bundestag nicht wahrgenommen gefühlt, sie hätten das Gefühl bekommen, „nicht einmal auf diesen Staat selbst und seine Entscheidungen mehr Einfluss nehmen zu können“. Als „augenfälligstes Beispiel“ nennt die Südwest-CDU die Flüchtlingskrise und analysiert schonungslos: „Im Herbst 2015 schien das klassische politische Gegenspiel von Regierung und Opposition aufgehoben zu sein. Eine kritische Behandlung der damaligen Regierungspolitik fand im Parlament kaum statt, da die Opposition diese Politik eher noch überschwänglicher befürwortete als Teile der Koalition selbst. Die den Parlamentarismus so sehr auszeichnende befriedende Kraft des demokratischen Diskurses geht jedoch verloren, wo ein Diskurs gar nicht mehr stattfindet. Wer anderer Meinung ist als die Regierung, mag noch akzeptieren, dass seine Meinung im Parlament keine Mehrheit findet. Er wird jedoch kaum akzeptieren, dass sie nicht einmal Widerhall findet. Was im Bestehenden keinen Raum erhält, sucht ihn sich woanders.“

Vor allem sollten wir uns wieder bewusst machen, dass liberal, christlich-sozial und konservativ keine Gegensätze sind.

Positionspapier „Wach auf, CDU!“ der Südwest-CDU

Gerade die Bürgerlichen, Konservativen und traditionell Denkenden müssten bei der CDU wieder ihre Heimat finden. Als „ersten Schritt“ empfiehlt das Papier der Südwest-CDU: „Den Wunsch vieler Menschen, bei aller Offenheit für Neues die kulturelle Identität des eigenen Landes nicht grundstürzend verändert zu sehen, wieder als legitimes und berechtigtes Interesse anzuerkennen, an dem nichts Radikales ist.“ Und weiter: „Vor allem aber sollten wir uns wieder bewusst machen, dass liberal, christlich-sozial und konservativ keine Gegensätze sind, sondern uns erst in ihrem Zusammenspiel zu der Volkspartei machen, die wir immer waren und weiterhin sein wollen.“

Konservative Parteitagsbeschlüsse sind zu akzeptieren

Ohne Parteichefin Angela Merkel beim Namen zu nennen, fordert die baden-württembergische CDU weiter, die Parteiführung müsse wesentlich stärker auf die Parteibasis hören: „Ein weiterer Schritt sollte sein, unseren großen Vorteil als Volkspartei, nämlich das Gespür unserer vielen Mitglieder für gesellschaftliche Veränderungen, noch stärker zu nutzen. Kommunikation darf nie zum einseitigen Prozess erstarren – und Parteitagsbeschlüsse sind zu akzeptieren.“ Letzteres dürfte sich auf den Beschluss des jüngsten CDU-Parteitags beziehen, den generellen „Doppelpass“ wieder abzuschaffen und die Optionspflicht wieder einzuführen – Merkel ignoriert diesen Beschluss beharrlich.