Davon müsste es in Bayern mehr geben: Zur Zeit fehlen etwa 250 Richter und 150 Staatsanwälte. Foto: imago
Justiz

Zu wenig Richter

Es gibt zu wenige Richter und Staatsanwälte, klagt unter anderem der Bayerische Richterverein. Wie der BR berichtet, hat der Fall eines aus der U-Haft entlassenen Vergewaltigers für viel Unmut gesorgt. Justizminister Winfried Bausback kann aber erst Anfang 2016 genaue Bedarfszahlen nennen.

Ein mutmaßlicher Vergewaltiger wird aus der U-Haft entlassen, weil kein Richter Zeit hatte für ihn. Nach einem Jahr hat sein Anwalt es erreicht, dass die Justiz ihn auf freien Fuß setzte.

Der Direktor des Fürther Amtsgerichts und Vorsitzender des Bayerischen Richtervereins, Walter Groß, sagt: „Das ist eine Sache, die nicht passieren darf, ein Vorgang vor dem wir auch schon seit vielen Jahren gewarnt haben, angesichts der herrschenden Personalknappheit – und dann noch in einem Deliktsbereich, der das Gerechtigkeitsgefühlt der Menschen berührt. Man muss sich hier nur vorstellen, das Opfer wartet mit Bangen auf den Prozesstermin, während der mutmaßliche Täter aus der Haft entlassen wird, dem Opfer jederzeit begegnen kann und, wie jetzt in dem Fall berichtet worden ist, Urlaub macht.“

Neue Stellen – aber nicht genug

„Nach der aktuellsten amtlichen Personalbedarfsberechnung fehlen in Bayern 261 Richter und 155 Staatsanwälte“, schreibt der Richterverband auf seiner Website. „Es drohen Haftentlassungen auch gefährlicher Beschuldigter als Folge überlanger Verfahrensdauer selbst dann, wenn Staatsanwaltschaft und Gericht so zügig wie möglich gearbeitet haben. Bürger wie Unternehmen müssen vermeidbare Verzögerungen beim Rechtsschutz hinnehmen“, moniert der Verein weiter.

Seit Oktober 2013 hat der Landtag 115 Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen. Das reicht aber noch längst nicht, sagt Walter Groß vom Bayerischen Richterverein. Er fordert noch weitere 100 Richter und Staatsanwälte und dazu 100 Bürokräfte für die Gerichte.

„Das ist eine Pflichtaufgabe des Staates wie eine ausreichende Ausstattung mit Polizei. Hier kann sich der Staat nicht aus Kostengründen zurückziehen, will er nicht negative Folgen riskieren, will er nicht lange Verfahrensdauern akzeptieren, die kürzer sein könnten.“

Stellungnahme des Justizministeriums

Die Forderungen des Fürther Amtsrichters sind nicht überzogen. Das gibt auch die Pressestelle des Justizministeriums zu: „Zweifelsohne ist die Belastung unserer überaus engagiert und motiviert arbeitenden Richter und Staatsanwälte sehr hoch. Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften in Bayern fehlten zum 31. Dezember 2013 rund 335 Richter und Staatsanwälte. Es ist daher keine Frage: Der Personalbestand der bayerischen Justiz ist auf Kante genäht.“

Genaue Zahlen erwartet sich Justizminister Bausback von der derzeit laufenden Erfassung des zukünftigen Richterbedarfs. Vor Anfang 2016 würden diese Eckdaten nicht vorliegen, teilt die Pressestelle mit.