Lesung mit Michael Lerchenberg in München. (Bild: Imago/ Future Image)
Lerchenberg

„Macht mal Kunst!“

Interview Was schätzt Michael Lerchenberg an der Kulturpolitik der CSU und worin unterscheidet sich der Humor der Franken vom Witz der Oberbayern? Der BAYERNKURIER hat mit dem Schauspieler und scheidenden Intendanten der Festspiele in Wunsiedel gesprochen.

Die Kulturpolitik der CSU ist Ihrer Meinung nach weniger engstirnig als in roten oder rot-grünen Bundesländern – das haben Sie im Interview mit dem Fränkischen Tag gesagt. Warum?

Mit den Konservativen kann man einfach viel leichter über Kultur und Theater reden, als mit den anderen. Das liegt vielleicht an der gutbürgerlichen Gelassenheit einer Mehrheitspartei, da ist nicht so eine panische Aufgewecktheit erfahrbar. Interessanterweise siedelt das Kultusministerium – mit dem ich ja viele Jahre zu tun hatte – den Passus in der Bayerischen Verfassung sehr hoch an, dass Kunst und Kultur frei ist. Die geben das Geld und sagen „Nun macht mal Kunst und Kultur!“. Und darauf legen wir Wert, denn das beinhaltet nun mal das Wesen der Kunst. Die Zeiten von Franz Josef Strauß waren natürlich anders. Da wurde noch in ein bayerisches Staatsschauspiel hineinregiert, zum Beispiel welche Schauspieler man da gerne gesehen hätte oder nicht. Aber das hat sich radikal verändert. Zum Beispiel im Fall Wunsiedel: die bayerische Staatsregierung ist der Hauptgeldgeber, nicht der Träger des Theaters. Aber das Ministerium hat in keinem Fall dort hineinregiert.

In Ihren Reden gehen Sie mit CSU-Politikern nicht zimperlich um. Nachdem Sie die Bühne verlassen haben – welche Reaktionen schlagen Ihnen von CSU-Politikern entgegen?

Als ich die Fastenpredigten auf dem Nockherberg gehalten habe – das sind jetzt zehn Jahre her – da war ich gleichzeitig Intendant und hatte mit den CSU-Politikern noch auf einer anderen Ebene zu tun. Aber sie haben das nie vermengt. Auch wenn manch einer gesagt hat: „Ich sehe Sie lieber in Wunsiedel auf der Bühne stehen, als in München!“. Und ich fand das sehr spannend heuer in Bayreuth zu sehen, dass sowohl Erwin Huber als auch Günther Beckstein – die es damals in meinen Predigten auf dem Nockherberg ja wirklich nicht leicht hatten – beide unabhängig voneinander zu mir kamen und ihr Bedauern darüber aussprachen, dass ich in Wunsiedel ausscheide. Und auch ob mit Stoiber oder Seehofer, wir hatten nie ein Problem miteinander. Das zeugt von einer gewissen Souveränität. Was mich bei einigen überrascht hat, aber dadurch schätze ich es auch.

Als Intendant der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel sind Sie auch mit der Region zusammengewachsen. Wie unterscheidet sich das Publikum in Oberfranken von dem in Oberbayern?

Der Oberbayer ist vielleicht animalisch gefallsüchtiger, regiert mehr aus dem Bauch heraus und lauter. Der Oberfranke ist da ein bisserl distanzierter und vorsichtiger. Was er net kennt, das frisst er net. Da schickt man dann lieber erst einmal die Nachbarn ins Theater, bevor man sich selbst die Karten kauft. Da waren die öffentlichen Generalproben für die Leute aus der Region schon immer sehr wichtig. Da wurden dann immer die Spione hingeschickt. Man kann übrigens auch zwischen einem katholischen und einem evangelischen Lacher unterscheiden. Der katholische Mensch ist sinnenfreudiger: Denn er kennt das Sakrament der Beichte, wenn er unter Niveau gelacht hat. Der evangelische Mensch hat eher den Ansatz des intellektuellen Zugewinns oder der sittlich moralischen Reife, was ihn ein wenig distanzierter macht.

Wie sehen jetzt nach der Sommerpause Ihre Pläne für den Oktober aus?

Sehr entspannt. Ich habe einige Auftritte mit Lesungen und Programmen. Und im Winter spiele ich dann in der Komödie im Bayerischen Hof und übernehme die berühmte Rolle des Professors Crey in der Feuerzangenbowle. So geht’s in aller Ruhe weiter und im Moment genieße ich es, nicht mehr Intendant zu sein. Ich bin wieder ein viel freierer Mensch.