Gelichtete Bäume, Wolken über dem Gipfel: Frasdorf in der herbstlichen Morgenröte. (Alle Bilder: J.Reiter)
Bildkunst

Blickfang für’s ganze Leben

Der Schreiner und Spengler Josef Reiter aus Aschau fotografiert wunderschöne Bergpanoramen im Chiemgau. Ein Gespräch über die leuchtenden Farben seiner Heimat und über Blitze, die spektakulär im Gipfelkreuz auf der Kampenwand einschlagen.

Klassiker zuerst: „I gangat gern auf’d Kampenwand/wann i mit meina Wampen kannt.“ Sind dort oben besonders wenige Übergewichtige anzutreffen?

Reiter: (lacht) Glaube ich nicht. Mit der Seilbahn schaffen es auch die Gewichtigen ganz leicht hinauf.

Aber Sie sind ja ein Schlanker. Hilft Ihnen das, wenn Sie mit dem Fotoapparat zum Bergsteigen gehen?

Auf den Berg geh ich am liebsten allein, beim Fotografieren bin ich Einzelgänger aus Erfahrung. Wenn du mit anderen wandern gehst, dann musst mal warten, bis die hinterherkommen – das dauert mir aber auf Motivsuche meistens zu lang. Oder die anderen steigen zu schnell – aber auf manche Bilder muss ich an Ort und Stelle warten können. Bis die Sonne den richtigen Winkel hat oder bis der Nebel sich auflöst.

Auf welches Ihrer Motiv haben Sie am längsten gewartet?

Auf einen Blitz über der Kampenwand. Zehn oder fünfzehn Jahre hat’s gedauert, bis ich ein Unwetter abpasse und dann nachts so einen ins Bild kriege. Technisch nicht leicht. Aber mei, irgendwann gibt es einen wunderschönen Blitz, und mein Sohn, der mit mir das Gewitter beobachtet, schreit: Hast’n drauf? Reine Glücksache halt.

Besonders schön sind Ihre Bergpanoramen. Was finden Sie charakteristisch an der Gegend um ihren Heimatort Aschau?

Das Grün bei uns, das ist ein ganz Spezielles. Und ich mag es, wenn ich in den Ort reinfahre und dann steht die Kirche da so prächtig auf der Anhöhe. Ich komme aus einer Landwirtschaft und liebe einfach unsere Heimat. Auch wenn immer mehr Leute herziehen. Die machen erst Urlaub bei uns und dann gefällt’s ihnen so gut, dass sie da wohnen wollen. Das verändert das Priental schon gewaltig, die Bebauung nimmt zu. Irgendwie kann ich die Leute auch verstehen. Am Meer war ich noch nie – dieses Zusammenspiel zwischen den Bergen oben und dem Chiemsee unten, das hat mich immer mehr fasziniert.

Sie waren noch nie in Italien zum Baden?

Irgendwann schaff ich das schon noch. Ich bin 48 Jahre alt – aber mein Enkel, der ist erst eins, der war Erster an der Adria. Sogar noch vor seinem Vater, also meinem Sohn. Weil der diesen Sommer in den Urlaub nachfahren musste.

Der Chiemsee gilt ja als Bayerisches Meer. Zählt das auch?

Für mich auf jeden Fall. Bergpanoramen, ob im Sommerlicht oder in der herbstlichen roten Morgendämmerung, kann man überall in den Alpen fotografieren. Aber die Perspektive von der Kampenwand runter auf diese riesige blaue Wasserfläche, die ist einmalig. Die Fotokalender, die wir mit meinen Bildern produzieren – mag sein, dass auch ein paar Feriengäste die mit nach Hause nehmen. Aber hauptsächlich kaufen sie die Einheimischen. Weil der See, die Berge und die Täler ein Blickfang fürs ganze Leben sind.