Schluss mit den Steuertricks
Apple, Google, Facebook und Co. sollen in Europa endlich angemessen besteuert werden. Dies will Deutschland mit Unterstützung zahlreicher weiterer EU-Länder durchsetzen. Widerstand gegen diesen Plan kommt allerdings von kleineren Staaten.
Abgaben

Schluss mit den Steuertricks

Apple, Google, Facebook und Co. sollen in Europa endlich angemessen besteuert werden. Dies will Deutschland mit Unterstützung zahlreicher weiterer EU-Länder durchsetzen. Widerstand gegen diesen Plan kommt allerdings von kleineren Staaten.

Sie erzielen Milliarden-Umsätze und zahlen so gut wie keine Steuern. Die Europäische Union war bislang für amerikanische Technologie-Konzerne wie Apple, Google und Facebook ein extrem lukrativer Markt – auch dank ausgeklügelter Steuersparmodelle. Damit soll jetzt Schluss ein: Eine ganze Reihe von EU-Staaten hat sich dem von Deutschland ausgehenden Vorstoß für ein neues europäisches Modell zur stärkeren Besteuerung globaler Computer- und Internet-Riesen angeschlossen.

Sechs Länder – Bulgarien, Griechenland, Österreich, Portugal, Rumänien und Slowenien – unterzeichneten beim informellen Treffen der EU-Finanzminister in Tallinn ein entsprechendes, an die EU-Kommission adressiertes Schreiben. Darin wird gefordert, dass künftig die in Europa gemachten Umsätze Grundlage der Besteuerung sein sollten. Angestoßen hat diese Änderung die Bundesregierung mit Unterstützung von Frankreich, Spanien und Italien.

Brüssel will handeln

Die Besteuerung der Internetwirtschaft sei eine Frage der Gerechtigkeit, sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Es könne nicht zugelassen werden, dass die „Riesen der Digitalwirtschaft“ mit europäischen Daten wirtschaftlichen Mehrwert erzeugten, ohne dafür Steuern zu zahlen. Internetunternehmen müssten wie Firmen der Realwirtschaft ihren fairen Anteil zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte leisten, forderte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis erklärte, die Brüsseler Behörde wolle bis kommenden Frühling einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Parallel dazu sollen Ideen zu dem Vorstoß in den kommenden Wochen konkretisiert werden, um bis zum Jahresende auch innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit ihren 35 Mitgliedstaaten das Vorhaben vorantreiben zu können.

Eines der Hauptprobleme aus Sicht der EU-Staaten ist, dass bislang Digitalunternehmen lediglich dort besteuert werden können, wo sie einen Firmenstandort haben. Über viele Jahre gelang es den Konzernen so, ihre Steuerlast künstlich klein zu rechnen. Sie profitierten dabei auch davon, dass ihnen EU-Länder wie Irland oder Luxemburg Steuerschlupflöcher und Mini-Steuersätze gewährten. Laut EU-Finanzministern entgehen Europa durch solche Praktiken jedes Jahr etwa 50 bis 70 Milliarden Euro Steuereinnahmen.

Steuersatz: 0,005 Prozent

Allein Apple soll laut Schätzungen in Europa bislang Abgaben in Höhe von mindestens 74 Milliarden Dollar vermieden haben. Nach Berechnungen der EU zahlte der US-Konzern beispielsweise im Jahr 2014 auf seine in Europa erzielten Gewinne lediglich 0,005 Prozent Steuern. Ein Vorwurf, den Apple allerdings bestreitet.

Google gelang es Berichten zufolge, im Jahr 2009 in Irland auf Gewinne von 5,8 Milliarden Euro lediglich 174 Millionen Euro Steuern zu zahlen. Möglich wurde dies durch einen extrem hohen Verwaltungsaufwand von 5,5 Milliarden Euro, den das Unternehmen geltend machte. Darin enthalten waren Lizenzgebühren für die Nutzung von Patenten, die Google in eine andere Tochter ausgelagert hatte. Diese Gesellschaft hatte ihren Sitz zwar ebenfalls in Irland, musste dort aber keine Steuern zahlen, da sie von den Bermudas aus gelenkt wurde. Letztendlich reduzierte der Konzern so seine Steuerlast auf gerade einmal drei Prozent.

Irland wehrt sich

Doch längst nicht alle EU-Staaten stehen hinter den Steuerplänen. „Wir sollten sehr vorsichtig sein“, sagte etwa der dänische Finanzminister Kristian Jensen. Es bestehe die Gefahr, dass Europa mit dem Vorstoß innovative Unternehmen vergraulen könnte. Auch Jensens Luxemburger Amtskollege Pierre Gramegna äußerte sich skeptisch und mahnte eine weltweite Vereinbarung an: Es sei nicht sinnvoll für Europa, mit dem Vorschlag allein vorzupreschen. Skeptisch äußerten sich auch Malta und Schweden.

Um das Steuersystem auf EU-Ebene umzustellen, wäre ein einstimmiger Beschluss der Finanzminister nötig. Alternativ könnte eine Gruppe von mindestens neun Mitgliedstaaten das Vorhaben über die sogenannte verstärkte Zusammenarbeit einführen.

Den größten Widerstand gegen die Änderung der Besteuerungsgrundlagen dürfte Irland leisten. Das Land war wegen der Minimalbesteuerung von Apple vor einem Jahr von der Kommission gemahnt worden, bis zu 13 Milliarden Euro von dem US-Konzern nachzufordern. Irland wehrt sich dagegen. “Wir sind nicht der globale Steuereintreiber für alle anderen”, sagte Irlands Finanzminister Paschal Donohoe.