Nah an der Grenze: Blick über die Stadt Passau ins Hinterland. Bild: Tourist-Information Passauer Land
Flüchtlinge

Passau platzt aus allen Nähten

Die Situation der unbegleiteten Minderjährigen im Landkreis Passau eskaliert. Landrat Franz Meyer sagte: „Wir nähern uns einem Aufnahmestopp.“ Das Jugendamt rechnet heuer mit bis zu 2000 Neuzugängen – 2014 waren es knapp 200 Kinder und Jugendliche. Die Region ist wegen der südlichen Grenzlage besonders von dem Problem betroffen.

Mit 314 Neuzugängen von unbegleiteten Minderjährigen hat der Landkreis Passau im Mai alle Prognosen gesprengt. Waren es 2014 noch im ganzen Jahr 190 junge Flüchtlinge, so liegt die Gesamtzahl von Januar bis jetzt bei rund 500. „Bis Jahresende werden wir die 2000-er Marke übersprungen haben“, sind sich Landrat Franz Meyer und Jugendamtsleiter Franz Prügl sicher. Bislang hatten sich seit Jahresbeginn Monat für Monat die Neuzugänge verdoppelt.

Damit eskaliert die Situation im Landkreis und der Landrat geht davon aus, dass demnächst alle Aufnahmekapazitäten erschöpft sind. „Wir nähern uns einer Situation, die faktisch einem Aufnahmestopp gleichkommt. Wir können nicht zulassen, dass das Jugendamt seine personellen Ressourcen soweit in der Aufnahme der unbegleiteten Minderjährigen aufbraucht, dass für die anderen Pflichtaufgaben kein Raum mehr ist.“ Konkret gehe es laut Meyer darum, den Kindesschutz im Landkreis aufrecht zu erhalten – „und dazu brauchen wir ein handlungsfähiges Jugendamt“.  Der Landrat erinnerte an den Aufnahmestopp in der Münchner „Bayernkaserne“, der aus guten Gründen nicht mehr abzuwenden war.

Besondere Lage des Landkreises

Zur Situation im Landkreis Passau: Die Jugendlichen werden von der Bundespolizei an der Grenze zu Österreich aufgegriffen und an das Jugendamt überstellt. Sie müssen also durch den Landkreis erstversorgt werden. Bei diesem sogenannten „Clearing“ geht es darum, Alter, Herkunft und Personalien festzustellen und eine erste Gesundheitsprüfung durchzuführen. Dann folgt die Weiterverteilung innerhalb Bayerns. Genau hier knüpft die zentrale Forderung von Landrat Franz Meyer an: „Diese Verteilung muss binnen weniger Tage funktionieren, sonst baut sich unter anderem in der Notaufnahmeeinrichtung in Kellberg ein Stau auf, der letztlich das Gesamtsystem zu lähmen droht.“ Allein am Wochenende waren es über 50 Kinder und Jugendliche, die hier von der Polizei überstellt wurden. Die meisten kommen aus Afghanistan, die jüngsten unter ihnen sind gerade einmal zehn Jahre alt. Diese Fakten verdeutlichen laut Meyer die „unbedingte Notwendigkeit einer zentralen bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung für diese Kinder und Jugendliche.“

Eine weitere Forderung von Landrat Meyer richtet sich an den Bund: Der Bundestag müsse sofort den Weg frei machen für eine Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen in ganz Deutschland. „Es kann doch nicht sein, dass innerhalb Bayerns die südöstlichen Landkreise extrem belastet werden und es kann nicht sein, dass im Bund Bayern die Hauptlast trägt“, so Meyer. „Und wenn ich von sofort rede, dann meine ich damit auch sofort.“