Bis 2020 soll die erste deutsche Frau im All sein. (Bild: Juliana Socher)
Wissenschaft

Auf dem Weg ins Weltall

Ingenieurinnen, Wissenschaftlerinnen und Kampfjetpilotinnen: Für den Posten als erste deutsche Astronautin ziehen jetzt sechs Frauen ins Finale, darunter auch einige aus Bayern. Dahinter steckt das Projekt "Die Astronautin", das Frauen bis 2020 zur ISS bringen will.

Elf deutsche Männer sind bisher im Weltall gewesen, aber noch keine deutsche Frau. Das soll sich ändern. Ziel des Projekts „Die Astronautin“ ist es , noch vor 2020 die erste deutsche Frau auf eine zehntägige Mission in das All zu schicken. Sechs Frauen ziehen jetzt in das Finale zur ersten deutschen Astronautin ein. Sie setzten sich im medizinisch-psychologischen Auswahlverfahren des Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) gegenüber 80 anderen Bewerberinnen durch.

Insgesamt gingen 408 Bewerbungen von Frauen aus ganz Deutschland bei Claudia Kessler ein, der Initiatorin des Projekts. Während des Auswahlverfahrens bewiesen die Frauen, dass sie körperlich und geistig in der Lage sind, den Belastungen des Alls standzuhalten.

Jetzt geht das Auswahlverfahren in die letzte Runde. Im nächsten Schritt wählt eine Jury aus den sechs Finalistinnen zwei Frauen aus, die die Ausbildung zur ersten deutschen Astronautin absolvieren dürfen. Eine von ihnen wird Deutschlands erste Astronautin, die noch vor 2020 zur ISS fliegen soll. Das Projekt verfolgt zwei Ziele: Zum einen soll die Astronautin Frauen und Mädchen als Role-Model für technische Berufe und ein naturwissenschaftliches Studium begeistern. Zum anderen soll bei ihrem ISS-Aufenthalt mit einem Experimentprogramm erforscht werden, wie der weibliche Körper in der Schwerelosigkeit reagiert. Unter den sechs Finalistinnen leben drei derzeit in Bayern. Eine weitere Kandidatin ist gebürtige Münchnerin. Wir stellen die vier angehenden Astronautinnen vor.

Münchner Kindl im All?

Eine der Finalistinnen ist die in München geborene Nicola Baumann. Als Eurofighter-Pilotin arbeitet sie bei der Bundeswehr in Nörvenich bei Köln mit dem Dienstgrad „Major“. Dort ist sie unter anderem für die Luftraumüberwachung in Deutschland und befreundeten NATO-Nationen zuständig. Die Münchnerin begann ihre Karriere nach dem Abitur mit einer Offiziersausbildung. Anschließend machte sie eine Ausbildung zur Kampfflugzeugpilotin in den Vereinigten Staaten. Geschwindigkeiten von mehr als 2.000 km/h und Überschläge gehören für sie seither zum Alltag. Um ihrem Traum von einer Karriere in der Raumfahrt näher zu kommen, absolvierte die 31-Jährige zusätzlich ein Fernstudium in Maschinenbau.

Für weniger Weltraummüll

Ebenfalls bei der Bundeswehr arbeitet Susanne Peters. Ursprünglich aus Potsdam zog sie zur Promotion nach Bayern. Nebenbei arbeitet die Ingenieurin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Raumfahrttechnik der Universität der Bundeswehr München. Sie beschäftigt sich mit dem Entfernen von Raketenelementen und Weltraummüll aus dem Orbit. Denn im Weltraum schwirren zahlreiche Objekte herum, die mit aktiven Satelliten kollidieren könnten. Um das zu vermeiden, entwickelt sie ein Konzept, mit dem dieser Müll aus seiner Bahn geworfen und wieder zurück auf die Erde geholt werden kann.

Raumanzüge für den Außenbordeinsatz

Die gebürtige Österreicherin Magdalena Pree wuchs in der Nähe von Passau auf. Als „Ground Operations Engineer“ arbeitet sie im Galileo Kontrollzentrum der DLR Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen in Oberpfaffenhofen bei München. Neben Live-Operations am Satellitensystem ist die 28-jährige in dem Satellitenkontrollzentrum unter anderem für die Identifizierung und Lösung von Problemen sowie für die Kontrolle von Systemkomponenten verantwortlich. Sie studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der TU München und setzte sich in ihrer Abschlussarbeit mit Eigenschaften von Raumanzügen für Außenbordeinsätze auf der ISS auseinander.

Sternenforscherin auf dem Weg zur ISS

Vom Rheinland nach Bayern zog Suzanna Randall, um als Forscherin an der Europäischen Südsternwarte (European Southern Observatory) in Garching bei München zu arbeiten. Die Astrophysikerin beschäftigt sich innerhalb ihrer Forschung mit der Evolution von Sternen und arbeitet außerdem für das ALMA Projekt in Chile. ALMA ist das derzeit größte Teleskop der Welt im Millimeter- und Radiowellenbereich und besteht aus 66 Antennen, von denen die Mehrzahl einen Durchmesser von 12 Metern haben. Suzanna Randall studierte Astronomie in England an der Universität London. Anschließend folgte ein PhD in Astrophysik an der Universität Montreal in Kanada. Im Laufe ihrer Karriere hat die 37-Jährige auf drei verschiedenen Kontinenten gelebt und gearbeitet.

Um die Mission zu finanzieren, starteten die Initiatoren eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext. Bis Ende April hoffen sie mindestens 50.000 Euro einzusammeln, um die Ausbildung von zwei Kandidatinnen zu finanzieren. Das Geld für den Flug ins All soll mithilfe einiger Sponsoren zusammenkommen. Initiatorin des Projekts ist Claudia Kessler, diplomierte Ingenieurin für Luft- und Raumfahrt und Geschäftsführerin von HE Space Operations, einem Personaldienstleister für Fachkräfte in der Raumfahrt. Zu einem der Kooperationspartner zählt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Es übernimmt das medizinische und psychologische Auswahlverfahren, um die Eignung der Kandidatinnen zu überprüfen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Das DLR ist das Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt. Seine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in Luftfahrt, Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit sind in nationale und internationale Kooperationen eingebunden. Darüber hinaus ist das DLR im Auftrag der Bundesregierung für die Planung und Umsetzung der deutschen Raumfahrtaktivitäten zuständig.

Das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin verfügt über ein flugmedizinisches Zentrum am Standort Köln mit Schwerpunkt Raumfahrtmedizin. Die Abteilung Luft- und Raumfahrtpsychologie in Hamburg bearbeitet psychologische Eignungsbeurteilungen von Astronautenbewerbern sowie HBP (Human Behavior and Performance) Monitoring von Astronauten. Das offizielle Auswahlverfahren im Rahmen des Projekts ist an die Standards der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA zur Astronautenauswahl angelehnt.