US-Präsident Trump bleibt sich treu
Präsident Trump will regieren und hat einen Plan. Das ist die Botschaft seiner ersten Rede zur Lage der Nation. Die Mauer soll kommen, ein großes Infrastrukturprogramm für Millionen Arbeitsplätze und ein neues, solides Krankenversicherungsgesetz.
Kongress

US-Präsident Trump bleibt sich treu

Präsident Trump will regieren und hat einen Plan. Das ist die Botschaft seiner ersten Rede zur Lage der Nation. Die Mauer soll kommen, ein großes Infrastrukturprogramm für Millionen Arbeitsplätze und ein neues, solides Krankenversicherungsgesetz.

„Meine Aufgabe ist es nicht, die Welt zu repräsentieren. Meine Aufgabe ist es, die Vereinigten Staaten von Amerika zu repräsentieren.“ Der Satz fängt US-Präsident Donald Trump vollständig ein, kennzeichnet sein Amtsverständnis. So offen und demonstrativ wie er in seiner ersten Rede zur Lage der Nation vor beiden Häusern des Kongresses hat das wohl schon lange kein US-Präsident mehr formuliert. Nichts anderes ist gemeint mit Trumps Mantra „America first“. Und fast nur um Amerika ging es denn auch in dieser ersten Regierungserklärung der Trump-Administration. Der Rest der Welt kam fast nicht vor.

Die Mauer kommt

Dafür eine Erinnerung an seine Wahlversprechen: „Vor allen Dingen werden wir unsere Versprechen an das amerikanische Volk halten.“ Was heißen sollte: Trump bleibt sich treu. Einige Versprechen habe er schon abgearbeitet. Die anderen sollen folgen. Etwa die Mauer entlang der mexikanischen Grenze. Ihr Bau soll sogar vor dem Zeitplan beginnen, kündigte Trump jetzt an – „und wenn sie fertig ist wird sie eine sehr effektive Waffe gegen Drogen und Verbrechen sein“. Zu lange hätten die USA die Grenzen anderer Länder verteidigt „und gleichzeitig die eigenen Grenzen sperrangelweit offen gelassen für jedermann – und für Drogen, die jetzt in noch nie dagewesenen Mengen hereinströmen“.

Es ist nicht barmherzig, sondern tollkühn und töricht, unkontrollierte Einreise aus Regionen zu erlauben, in denen es keine vernünftige Überprüfung geben kann.

US-Präsident Donald Trump

Bei der Mauer geht es für Trump nur darum, endlich „unsere Einwanderungsgesetze anzuwenden“. Trump: „Wir müssen an den Grenzen die Integrität und die Herrschaft des Rechts wieder herstellen.“ Auch seinem Ziel, „unsere Nation vor radikal-islamischem Terror zu schützen, hält er fest: „Es ist nicht barmherzig, sondern tollkühn und töricht, unkontrollierte Einreise aus Regionen zu erlauben, in denen es keine vernünftige Überprüfung geben kann.“ Trump kündigte denn auch weitere diesbezügliche Maßnahmen an. Schluss soll zudem sein mit der massenhaften Einwanderung Geringqualifizierter. Der Präsident will ein neues Einwanderungssystem, das auf Leistung und Qualifizierung setzt, nach kanadischem und australischem Vorbild.

Amerikanisch kaufen, Amerikaner einstellen

Arbeitsplätze, das war Trumps anderes großes Wahlversprechen. 94 Millionen Amerikaner seien aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen. Trump: „Ich werde Millionen von Arbeitsplätzen zurückbringen.“ Dazu will er vor allem den Motor der US-Wirtschaft wieder in Gang bringen und „es Unternehmen leichter machen, in den USA tätig zu sein, aber viel schwerer, das Land zu verlassen“. Dekrete über den Bau neuer Pipelines – nur aus amerikanischem Stahl – und über Entbürokratisierung gehen in diese Richtung. Dazu kommen soll ein großes Infrastrukturprogramm über eine Billion Dollar. Es soll Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen nach dem Motto: „Amerikanisch kaufen, Amerikaner einstellen.“ Im Mittleren Osten hätten die USA etwa sechs Billionen Dollar ausgegeben, erinnerte Trump. Jetzt sei Amerika dran.

Wir unterstützen die Nato. Aber unsere Bündnispartner müssen ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen.

Donald Trump

Was europäische Hauptstädte freuen wird: Trump hat sich in seiner Rede klar zur Nato bekannt. Nicht ohne dickes „Aber“: „Aber unsere Bündnispartner müssen ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen.“ Trump weiter: „Und jetzt, nach unseren sehr harten und offenen Diskussionen fangen sie an, genau das zu tun.“ Dabei wird es nicht bleiben: „Wir erwarten von unseren Partnern, sei es in der Nato, im Mittleren Osten oder im Pazifik, dass sie bei strategischen wie militärischen Operationen eine bedeutende Rolle übernehmen und ihren Teil der Kosten tragen.“

Schwerpunkt: Reform der Krankenversicherung

Am längsten sprach Trump über den Neu- und Umbau der Obamacare genannten staatlichen Krankenversicherung für 20 Millionen Amerikaner. Obamacare ist zu teuer geworden. Prämien haben sich zum Teil verdoppelt, was nun manche Bundesstaaten in Schwierigkeiten bringt. Die neue Krankenversicherung soll besser, billiger, und flexibler werden, hat Trump vielfach versprochen. Der Kongress – also die republikanische Mehrheit – soll nun ein neues Gesetz vorlegen. Trump präsentierte schon einmal fünf Leitlinien.

Die Gesundheitsversorgung ist das größte Angst-Thema.

Trumps Emphase auf der Reform der Obamacare-Versicherung ist kein Zufall. Für die meisten seiner Wähler ist nicht die illegale Einwanderung, sondern die Gesundheitsversorgung das größte Angst-Thema. Das hat der britische Umfrage-Experte Lord Ashcroft herausgefunden. Vor der Wahl hat er mit seiner Firma genau in jenen sieben entscheidenden Swing States, die am Wahlabend so entscheidend werden sollten, 32 Focus Groups regelmäßig und ausführlich befragt und außerdem eine Umfage unter 30.000 Wählern durchgeführt. Nach der Wahl hat er die Reaktionen auf die ersten Wochen der neuen US-Administration erfragt.

Umfrage nach Trumps fliegendem Start

Ergebnis: Die große Mehrheit der Trump-Wähler – und die Hälfte der Clinton-Wähler – wollen, dass Obamacare zurückgenommen wird. Aber nicht, bevor es ein anderes, besseres Gesetz gibt. Der Präsident weiß das genau.

Ashcroft hat seine neue Umfrage unmittelbar nach jenem Trump-Dekret durchgeführt, das die Einreise aus sieben muslimischen Ländern verbot. Zur großen Empörung unter Demokraten und in europäischen Hauptstädten. Trumps Wähler stehen jedoch vollständig hinter dem Dekret. Ashcroft: „Wenn überhaupt, dann dachten sie, dass die Liste um einige Länder verlängert werden sollte.“

Egal wen sie gewählt haben, die Wähler waren bereit, manchmal zähneknirschend, Trump als Politiker anzuerkennen, der die Absicht hat, seine Versprechen zu halten.

Lord Ashcroft

Aufschlussreich: Alle befragten Wähler, auch die, die Trump nicht gewählt haben, erkennen Trump als Politiker an, der entschlossen ist, seine Versprechen zu halten. Die Trump-Wähler nehmen das Anfangs-Chaos seiner Regierung hin und sehen es als Beleg dafür, dass er wirklich das System umstürzen will. Trumps „fliegender Start“, so Ashcroft, habe auch ihre Erwartungen für die nächsten vier Jahre beflügelt. Umso mehr, als der Präsident sich auf einen Kongress mit republikanischer Mehrheit stützen kann. Die Trump-Wähler wollen, dass alles anders wird und halten den CEO im Weißen Haus für den Mann, der das leisten wird.

Republikaner unter Druck

Die Republikaner im Kongress bringt das unter Druck. Wenn es zum Konflikt zwischen Präsident und Kongress kommt, werden sich die Republikaner wohl Trump fügen müssen. Denn in seinen Umfragen hat Ashcroft herausgefunden, dass die republikanischen Wähler nicht so sehr hinter der Republikanischen Partei stehen, sondern vor allem hinter Trump. Auch eingefleischte republikanische Wähler betrachten ihre Mandatsträger im Kongress vor allem als Teil des politischen Establishments, von dem sie wollen, dass Trump es kräftig durcheinander schüttelt. Für die Wähler ist er der Magnet, nicht die Partei. Die Abgeordneten und Senatoren wissen das, und Trump wird es nutzen.